Antreten, wenn andere sich aufs Kissen kuscheln, Feierabend machen, wenn die Sonne aufgeht: So leben rund 4 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland. Sie leisten regelmäßig Nachtarbeit. In mehr als jedem zehnten Unternehmen wird rund um die Uhr gearbeitet, circa 19 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in mehreren, wechselnden Schichten. In vielen Branchen geht es einfach nicht anders.

So viel extra Geld gibt‘s für Nachtarbeit

Finanziell können sich Nachtschichten lohnen: Sofern tariflich nichts anderes vereinbart ist, gibt es für Nachtarbeit ein sattes Viertel des Bruttostundenlohns obendrauf – also 25 Prozent vom Gehalt vor Abzug von Steuern und Abgaben. Bei Dauernachtschicht können es auch 30 Prozent sein. Diese Zuschläge sind steuerfrei, für die Zeit zwischen 0 und 4 Uhr gehen sogar Zuschläge von 40 Prozent unversteuert aufs Konto. Die Zuschläge können aber auch niedriger ausfallen, etwa dann, wenn nachts weniger gearbeitet wird als tagsüber – zum Beispiel im Bereitschaftsdienst. Auch wichtig zu wissen: Zuschläge werden nur für die Stunden gezahlt, die laut Arbeitszeitgesetz tatsächlich auch in der Nachtzeit liegen. Generell dauert diese Nachtzeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien von 22 bis 5 Uhr. Fallen mehr als zwei Stunden Arbeitszeit in diese gesetzlich definierte Nachtzeit, so gilt die Arbeit als Nachtarbeit.

Nachtschichten machen auch tagsüber manches einfacher

Es gibt noch weitere Vorteile, die Schichtarbeit interessant machen können: Man hat unter der Woche mal tagsüber frei und kann vieles in Ruhe erledigen, was sonst für Berufstätige oft schwierig ist: Behördengänge, Arztbesuche, Einkäufe. Und auch die Freizeit lässt sich so durchaus entspannter nutzen, zum Beispiel in leeren Schwimmbädern, die abends und am Wochenende dagegen gerammelt voll sind.Die andere Seite der Medaille ist aber: Schichtarbeit und speziell Nachtarbeit zehrt an den Kräften. Denn unser Organismus ist eigentlich nicht dafür geschaffen. In der Dunkelheit fährt er runter und schaltet auf Schlaf, bei Tageslicht dagegen auf Aktivität. Nachtarbeiter leben entgegen diesem natürlichen Rhythmus, entgegen der biologischen Leistungskurve. Junge Menschen stecken das besser weg, mit der Zeit kann es aber die Gesundheit beeinträchtigen – wenn man nicht gezielt auf sich achtet.

Die individuelle Belastung hängt auch vom Umfeld ab

Ein entscheidender Faktor ist die persönliche Situation, sagt die Techniker Krankenkasse in ihrer Broschüre „Wann ist Schicht?“. So wird Nachtarbeit als weniger belastend empfunden, wenn sich der Betroffene freiwillig dafür entschieden hat. Und wenn auch das Umfeld, sprich Partner und Familie, die Umstände akzeptieren und unterstützend wirken. Das Schichten fällt zudem leichter, wenn auch das Essen entsprechend getaktet ist. Zur Hauptmahlzeit sollte man erst nach dem Tagschlaf greifen. Vor und während der Nachtschicht gehören nur leichte warme oder kalte Mahlzeiten auf den Speiseplan. Denn üppiges Essen mit viel Fett macht schläfrig!

Übrigens haben Schichtarbeiter Anspruch auf eine regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchung: unter 50-Jährige alle drei Jahre, ab 50 Jahren jedes Jahr. Das A & O für den Erhalt der Gesundheit ist ausreichender Schlaf. Manchen gelingt es tatsächlich, das Schlafdefizit während der Schicht durch ausreichend langen und erholsamen Schlaf in der darauffolgenden Nacht auszugleichen.

    Wie Sie für einen guten Schlaf sorgen

    Um in Nachtschichtphasen auch tagsüber gut zu schlafen, hat die Techniker Krankenkasse einige hilfreiche Tipps:

    • Sorgen Sie im Schlafzimmer für Ruhe. Stellen Sie das Telefon und die Türklingel ab, verwenden Sie notfalls Ohrstöpsel oder bringen Sie eine Schalldämmung im Raum an. Und: Das Handy hat im Schlafzimmer nichts zu suchen!
    • Gewöhnen Sie Ihren Körper an feste Uhrzeiten und Rituale. Das heißt: Immer zur gleichen Zeit schlafen gehen und aufstehen, vor dem Hinlegen immer dasselbe in derselben Reihenfolge tun, etwa Milch trinken, Zähne putzen…
    • Kaffee, üppige Mahlzeiten und Alkohol, Fernsehen oder Computerspiele sind vor der Bettruhe tabu. Außerdem sollte der Raum immer gründlich gelüftet werden.
    • So organisieren Sie den Schlaf zwischen den Nachtschichten am besten: mit zwei Schlafphasen, eine am Morgen und eine am späten Nachmittag. Nach der letzten Nachtschicht einer Serie legen Sie idealerweise eine kürzere Schlafphase von etwa vier Stunden (aber nicht kürzer) ein, damit Sie schneller wieder in einen normalen Rhythmus kommen.

    Ergonomische Schichtpläne verringern die Belastung

    Der Anteil der Schichtarbeiter im höheren Alter nimmt zu. Deshalb ist es für Betriebe immer wichtiger, die Schichtarbeit so zu organisieren, dass sie auch für ältere Mitarbeiter gut zu bewältigen ist. Ein Modell für ergonomische, also gesundheitsfreundliche Schichtpläne empfiehlt unter anderem das Institut für angewandte Arbeitswissenschaften (ifaa) in Düsseldorf. Es basiert auf den im Arbeitszeitgesetz genannten Kriterien zur menschengerechten Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit und enthält folgende Regeln:

    • Nicht mehr als drei aufeinanderfolgende Nachtschichten, um diese besonders hohe Belastung möglichst gering zu halten.
    • Kurze Schichtblöcke von idealerweise zwei Schichtarten hintereinander. Den Vorteil erklärt Veit Hartmann vom ifaa so: „Die Umgewöhnung beim Schlafrhythmus fällt leichter, das Schichten insgesamt ist entspannender.“
    • Wechsel der Schichtblöcke in der Vorwärtsrotation, also Nachtschicht – Frühschicht – Spätschicht. „So haben die Beschäftigten zwischen den Schichtblöcken längere Ruhezeiten, die sie privat besser nutzen können“, meint Hartmann.

    Die Umsetzung liegt natürlich in der Hand des Unternehmens. Arbeitnehmer können aber die Initiative ergreifen und solche ergonomischen Schichtpläne anregen. Idealerweise werden die Beschäftigten an der Erstellung der Schichtpläne beteiligt. Darüber hinaus gibt es noch ein paar Maßnahmen, die der einzelne Arbeitnehmer selbst anpacken kann:

    • Schwierige oder knifflige Aufgaben, die erhöhte Konzentration erfordern, sollten – wenn möglich – in der Früh- oder Mittagsschicht erledigt werden. Denn während der Nachtschicht sind wir fehleranfälliger. Lesen Sie auf aktiv-online.de auch wie Sie konzentrierter arbeiten können.
    • Anstelle des Schichtzuschlags können Beschäftigte wahlweise Anspruch auf eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage haben. Aus gesundheitlicher Sicht empfiehlt die Techniker Krankenkasse: lieber mehr Freizeit als mehr Geld – vor allem für Arbeitnehmer ab 50.
    • Manchmal ist auch der Wechsel auf einen Tagarbeitsplatz möglich. Ob das geht, hängt natürlich von der Tätigkeit ab und muss individuell mit dem Arbeitgeber geklärt werden.
    Ursula Wirtz
    aktiv-Redakteurin

    Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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