Maintal. Bei der Norma Group im hessischen Maintal wird mehrschichtig gearbeitet, ein Teil der Belegschaft produziert auch nachts. Warum setzt ein Industrieunternehmen heute auf Schichtarbeit ? Und wie erleben die Beschäftigten ihre Nachtschichten? aktiv hat nachgefragt: bei zwei Produktionsmitarbeitern und in der Personalabteilung.

„Nachts stört uns keiner bei der Arbeit"

Bülent Kaplan (44), Einrichter:

Die Hälfte meines Lebens arbeite ich schon als gelernter Industriemechaniker im Schichtbetrieb – 22 Jahre! Erst in einem anderen Unternehmen und seit gut elf Jahren bei Norma in Maintal in der Fertigung von Kunststoff-Steckverbindern.

Die Maschinen laufen hier sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Wir arbeiten immer zwei Tage früh, dann zwei Tage spät und schließlich zwei Tage in der Nacht. Danach haben wir vier Tage frei, dann fängt es wieder von vorn an. Dieses Schichtmodell gefällt mir gut, und ich habe auch als Diabetiker keine Probleme damit. Zudem brauche ich relativ wenig Schlaf.

Früher habe ich vier Tage am Stück in der Nacht gearbeitet. Das fand ich wesentlich anstrengender als mein heutiges Schichtmodell. Grundsätzlich finde ich es nachts aber sogar angenehmer zu arbeiten: Es ist ruhiger, weil weniger Menschen im Werk sind, es gibt keine Störungen zum Beispiel durch Besucher, und die Zeit geht durch die Arbeit schnell rum.

Arzttermine oder Behördengänge und auch das Einkaufen kann man gut mit dem Schichtdienst vereinbaren. Als meine beiden Töchter noch klein waren, konnte ich wirklich viel Zeit mit ihnen verbringen und habe dadurch viel von ihnen mitbekommen. Blöd ist, dass man Urlaub nehmen muss, wenn zum Beispiel eine Familienfeier oder ein Fest ansteht und ich dann gerade Schicht habe. Ein wichtiger Vorteil ist natürlich, dass ich durch die Nachtschichten mehr Geld verdiene. Und ohne Urlaub dranzugeben, mal spontan mit meiner Frau, die nicht berufstätig ist, für vier Tage wegfahren kann.

„Ich liebe extralange Wochenenden"

Dimitrios Memetzis (20), Maschinen- und Anlagenführer:„Seit einem guten Jahr arbeite ich bei Norma in der Fertigung von Schneckengewindeschellen aus Metall – eine Woche Früh-, eine Woche Spät- und eine Woche Nachtschicht. Unser Werk ist der einzige Standort von Norma in Europa, an dem die hergestellt werden. Die braucht man in der Auto-Industrie zum Verbinden von Rohren und Schläuchen – so viele, dass wir die rund um die Uhr produzieren müssen.

Mir ist die Nachtschicht am liebsten. Es ist einfach ruhiger, und gerade in meiner Anfangszeit konnte ich mich dadurch viel leichter einarbeiten. Es sind ja nur die Teams vor Ort, keine Monteure oder Kollegen aus anderen Abteilungen. Die Nachtschicht startet sonntagabends um 21 Uhr. Von 2 Uhr bis 4 Uhr zieht es sich ein bisschen, aber dann kommt der Endspurt. Nach der Übergabe geht’s um 6 Uhr schnell nach Hause, duschen, frühstücken und ab ins Bett.

Wenn ich am frühen Nachmittag wach werde, habe ich noch was vom Tag. Ich gehe regelmäßig ins Fitnessstudio und habe gerade begonnen mit dem Fußballtrainerschein. Da wir nur vier Tage arbeiten, bin ich in der Nachtschichtwoche Donnerstagfrüh fertig: genial für ein extralanges Wochenende mit meiner Freundin."

„Nachtschicht ist nötig, wegen der guten Auftragslage“

Sebastian Sauer (38), Personalmanager bei Norma Germany, über den Schichtbetrieb bei dem Industrieausrüster

Warum ist der Nachtschichtbetrieb bei Norma notwendig?

Bei uns laufen viele Produktionslinien im Mehrschicht-Betrieb. Wir setzen auch auf die Nachtschicht, da wir so produktiver arbeiten und die Nachfrage unserer Kunden besser bedienen können. Einige unserer Teile sind sehr stark nachgefragt, sogar so stark, dass wir mit der Früh- und der Spätschicht allein den Bedarf gar nicht decken könnten.

Wie viele Menschen arbeiten in Maintal in der Nachtschicht?

Etwa 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in der Nachtschicht, aber niemand ausschließlich nachts! Wir haben ein rollierendes Schichtsystem, bei dem sich in der Regel Frühschicht, Nachtschicht und Spätschicht abwechseln. Damit haben wir die besten Erfahrungen gemacht.

Ist es schwer, Mitarbeiter für die Nachtschicht zu finden?

Die Bewerberinnen und Bewerber bewerten das nach meiner Erfahrung ganz unterschiedlich. Manche legen Wert auf Nachtschichten, da sie die Zuschläge zu ihrem monatlichen Entgelt schätzen oder weil die wechselnden Arbeitszeiten gut zu ihrem persönlichen Lebensmodell passen. Andere Personen bewerten Nachtschichten dagegen eher negativ, weil sie schon eine Herausforderung für die Gesundheit und das Familienleben sind. Also: Die Nachtschicht-Arbeit ist pauschal kein Nachteil bei der Personalsuche. Es kommt immer auf den einzelnen Menschen und die persönliche Situation an. Und dass es sich um Schichtarbeit handelt, ist in der Regel schon bei der Bewerbung klar.

Ist es für Norma generell schwieriger geworden, offene Stellen im Unternehmen zu besetzen?

Es ist in allen Bereichen schwieriger geworden, gute Leute zu finden, denn auch uns trifft der weit verbreitete Fachkräftemangel. Wir befinden uns bei der Mitarbeitersuche gerade hier am Rand von Frankfurt in einem harten Wettbewerb um die qualifizierten Arbeitskräfte.

Unser Angebot an offenen Stellen findet man übrigens jederzeit im Web, und zwar unter der Adresse jobs.normagroup.com.

Die Norma Group

  • Das Unternehmen. Die Norma Group ist ein internationaler Marktführer für hoch entwickelte und standardisierte Verbindungstechnologie sowie für Leitungssysteme aus Kunststoff. Von den weltweit rund 8.900 Beschäftigten arbeiten gut 750 am Standort Maintal.
  • Die Produkte. Die Produkte. Mit mehr als 40.000 Produktlösungen hilft das Unternehmen seinen Kunden dabei, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren oder Wasser effizienter zu nutzen. Die Verbindungslösungen kommen in Systemen zur Wasserversorgung sowie zur Be- und Entwässerung zum Einsatz, ebenso in Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen und in Gebäuden.
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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