Nürtingen. „Learning by Doing“ ist bei der Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH keine Notlösung, sondern hat Methode. Deshalb ist die Lehrwerkstatt nicht nur eine Werkstatt, sondern eine kleine Fabrik innerhalb der Fabrik! Hier werden die Fachkräfte von morgen für ihren Beruf fit gemacht. Und sie lernen, auch andere Berufe in einem Maschinenbauunternehmen zu verstehen und miteinander zu kooperieren. „Uns ist wichtig, dass die Azubis über den Tellerrand ihres eigenen Fachs schauen“, sagt Werner Kirsten, Leiter dieser Lehr- und Lernfa­brik am Stammsitz in Nürtingen, im Gespräch mit aktiv. „Sie lernen, ein Projekt von Anfang bis Ende durchzudenken und umzusetzen. Also von der Entwicklung über Budgetkalkulation, Konstruktion und Materialbeschaffung bis hin zu Vertrieb und Service. Der rote Faden dafür ist der Profitrainer, kurz PT – der verkleinerte Nachbau einer Heller-Maschine.“

Der Prototyp wurde von Azubis entworfen und gebaut – und wird seither ständig weiterentwickelt, an Kundenbedarfe angepasst. Kunden? „Ja, Kunden“, bekräftigt Kirsten. „Wir bauen die PTs ja nicht auf Halde, sondern sie sollen auch verkauft werden.“ Zum Beispiel an andere Lehrwerkstätten, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen. Jeder Azubi, ob gewerblich oder kaufmännisch, hat die Möglichkeit, an so einem Projekt mitzuwirken und das beizutragen, was er oder sie kann: konstruieren, planen, kalkulieren, Material beschaffen, es bereitstellen, zerspanen, verkabeln, Teile per 3-D-Druck herstellen, montieren – oder schließlich die Nutzer in der Anwendung der fertigen Maschine schulen.

Die Azubis müssen ganz reale Probleme lösen

Im Prinzip ist jeder PT ein Unikat. Das Ausgangsmodell ist eine Art Lego-Baukasten aus Serienkomponenten. Es kann für verschiedene Zwecke um- und aufgerüstet werden, zum Beispiel zu einem Prüfstand. Dabei müssen die Auszubildenden sich mit ganz realen Fragen und Problemen auseinandersetzen: Ist die Konstruktion seriengerecht? Klappt es mit der Materiallieferung? Funktioniert das Geschäftsmodell? „Unsere Azubis sind mit Begeisterung dabei, bringen tolle eigene Ideen ein, auf die ein alter Hase gar nicht kommt“, erzählt Kirsten strahlend. So hat ein Team zum Beispiel eine Virtual-Reality-Pappbrille mit Linse gebaut, durch die man einzelne Maschinenmodelle sehen kann.

Ganz klar: Das wertet die Ausbildung auf und stärkt das Selbstbewusstsein. Heller-Azubis werden sogar in Forschungsprojekte einbezogen, in denen es darum geht, wie künstliche Intelligenz die Arbeitswelt verändert. Oder ob und wie industrielle Produktion wieder nach Europa geholt werden kann. Darauf ist Kirsten stolz: „Hier begegnen unsere Azubis Studenten und Professoren – auf Augenhöhe!“

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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