Stuttgart. Sie klemmt noch ein Sensorkabel an einen Metallklotz und setzt sich dann an den fahrbaren Computertisch hinter der Versuchsvorrichtung: Maren Scheel, Wissenschaftlerin am Institut für Luftfahrtantriebe der Uni Stuttgart. Mit aktiv sprach sie über ihr Lieblingsthema und Forschungsobjekt: Schwingungen.
Warum in aller Welt sind die denn so wichtig? Scheel erklärt: „Schwingungen gibt es überall.“ Sie entstehen zum Beispiel in Flugzeugantrieben oder in einer Maschine, wenn sie ein Werkstück bearbeitet. Brücken schwingen, wenn Autos oder Züge drüberfahren. Die Schwingungen müssen also richtig berechnet werden – damit kein Bauteil bricht, die Brücke hält und die Maschine trotzdem hochpräzise arbeiten kann.
Der Trend geht zu Leichtbau und Energieeffizienz
Mit Maschinen und Antrieben kennt die 33-Jährige sich aus: Sie hat an der Uni Stuttgart Maschinenbau studiert und anschließend über die Messung von Schwingungen promoviert. Daher weiß sie: „Man kann Komponenten auch so massiv bauen, dass sie möglichst wenig schwingen.“ Der Nachteil: Das treibt den Materialverbrauch und damit auch die Kosten in die Höhe. Außerdem ist es nicht ressourcenschonend und schon gar nicht energieeffizient, weil das Endprodukt – also das Flugzeug, das Fahrzeug oder die Maschine – dadurch schwerer wird.
Vor allem in der E-Mobilität ist das kontraproduktiv: Schwere Verkehrsmittel brauchen mehr Strom. Deshalb geht der Trend zum Leichtbau, einem wichtigen Technologiefeld der Zukunft. In weniger massiven Teilen steigt aber der Einfluss von Reibung und Stößen. Scheel zeigt es am Miniaturmodell einer Antriebsturbine und erklärt: „Meine Methode nimmt speziell diese Reibungen und Stöße in den Fokus. Damit können Hersteller die Schwingungen so genau berechnen und das Teil dann so konstruieren, dass sie es nicht mehr so massiv bauen müssen.“
Die Einsatzmöglichkeiten in der Industrie sind vielfältig
Für ihre Forschungsergebnisse erhielt die junge Wissenschaftlerin vor Kurzem den Förderpreis des Arbeitgeberverbands Südwestmetall. Noch wichtiger als diese Anerkennung ist ihr aber, dass diese Ergebnisse auch in der Industrie ankommen. Sie sagt: „Schwingungen sind faszinierend, weil man sie sehen, hören, spüren und messen kann. Aber ich will nicht nur am Computer mit Zahlen und Gleichungen hantieren. Ich möchte Dinge anfassen können und etwas machen, was einen konkreten Nutzen hat, was praktisch angewendet werden kann.“
Einsatzmöglichkeiten gibt es viele, auch in der Metall- und Elektroindustrie. Im Flugzeugbau etwa geht es um die Sicherheit, die absolut gewährleistet sein muss, ganz klar. In anderen Fällen ist es auch eine Frage des Komforts, wie Scheel weiß: „Wenn zum Beispiel Bremsen zu stark schwingen, dann quietschen sie. Und wer will schon ein Auto mit quietschenden Bremsen!“
Die Förderpreisträgerin unterstützt auch gern andere: Während ihrer Promotion engagierte sie sich bei „StartScience“, einem Mentoring-Programm der Uni Stuttgart. Als Mentorin begleitete Scheel ein Jahr lang eine Studentin auf ihrem Weg und tauschte sich mit ihr aus – unter anderem über den Werdegang als Frau im Ingenieursbereich.
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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