Jasmin Beck steht entspannt im Korb der Feuerwehr-Drehleiter, auf dem Gelände des Unternehmens Rosenbauer in Karlsruhe. Diese Körbe baut sie selbst mit Kollegen zusammen, kennt jedes Detail. Vorbei sind für sie die Jahre der Suche: Was will ich werden? Welchen Weg schlage ich beruflich ein? Sie ist erst mal angekommen, in einer Ausbildung, die ihr Spaß macht.

Metall- und Elektro-Industrie (M+E): Es war Liebe auf den zweiten Blick

„Lange war ich ziemlich planlos“, erzählt die 19-Jährige. „Ich habe Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung gemacht, fand das aber alles total langweilig!“ Dann traute sie sich, einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Jetzt ist sie Mechatronik-Auszubildende im zweiten Ausbildungsjahr.

Wie ihr geht es vielen jungen Leuten. Oft ist die Berufswahl eine lange Findungsphase mit Umwegen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen finden sich in den Informationen zur Berufswahl nur schwer zurecht, ergab im vergangenen Jahr eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Und in diesem Jahr zeigte eine große Umfrage: Der Hauptgrund, warum so viele Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, ist die unzureichende Berufsorientierung an Schulen – so sieht es jedenfalls jeder zweite Jugendliche der Generation Z. Diese aktuelle Studie ist von U-Form, einem Anbieter von Recruiting-Tools.

„Ich habe ein Praktikum gemacht, und gemerkt, dass das richtig Spaß macht“

Jasmin Beck fand ihre Traum-Ausbildung auch nicht über die Schule, sondern in der Freizeit. „Ich bin seit zwölf Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr“, erzählt sie. „Andere dort haben mich auf die Idee gebracht, mir mal das Unternehmen Rosenbauer anzuschauen, weil sie selbst da arbeiten. Also habe ich ein Praktikum gemacht. Und gemerkt, dass das richtig Spaß macht.“

Auch für Justin Mois war der Beruf Mechatroniker Liebe auf den zweiten Blick. „Ich wollte eigentlich Polizist werden, wie mein Vater“, erzählt der 16-Jährige. „An der Realschule haben wir auch gar nicht so viel über die Industrie erfahren, ich wusste fast nichts darüber, was ein Mechatroniker so macht.“ Er bohrt gerade an einem Chassis Löcher für die Abstützungen, die später montiert werden. „Die Ausbildung ist total abwechslungsreich“, sagt er. Und: „Es ist ein super Gefühl, dass man mit dem, was man hier tut, auch Menschenleben rettet.“

Jasmin und Justin im Video-Portrait

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Pro Jahr entstehen hier rund 200 Hubrettungsgeräte

Das Werk gehört zum österreichischen Feuerwehrgeräte-Hersteller Rosenbauer, 450 Leute arbeiten hier. Pro Jahr entstehen in Karlsruhe rund 200 Hubrettungsgeräte, so heißen die Fahrzeuge mit Drehleitern im Fachjargon.

Justin Mois war gleich Feuer und Flamme, als er zu einem Praktikumstag ins Unternehmen kam. Auf die Idee gebracht hatte ihn seine Mutter, die hier arbeitet. Er freut sich, dass er jetzt mit Elektronik und Mechanik zu tun hat – auch das Betriebsklima findet er spitze: „Die Leute hier sind einfach der Hammer und sehr hilfsbereit. Da fühlt man sich gleich wohl.“

Den Ausbildern geht es nicht nur um Leistung und Noten

Ein Kollege an der „kurzen Linie“, wo das Chassis vorbereitet wird, zeigt ihm ein paar Kniffe für den Umgang mit der Bohrmaschine. Die beiden plaudern und lachen wie zwei Kollegen, die sich schon lange kennen. 20 Stationen sind es in der Produktion, die die Azubis durchlaufen – am Ende kennen sie jeden Arbeitsschritt vom Bohren der ersten Löcher bis zu den letzten Arbeiten an den fast fertigen Einsatzfahrzeugen. Immer mal wieder ertönen in der Halle deren Sirenen, wenn sie montiert und getestet werden.

Eine familiäre Atmosphäre zu bieten, ist den Ausbildern sehr wichtig. Sascha Vortisch, zuständig für die Mechatroniker, erklärt: „Die jungen Leute arbeiten bei uns direkt in der Produktion mit, an den echten Fahrzeugen. Sie sind von Anfang an ein wichtiger Teil des Teams.“ Wenn sie zu Rosenbauer kommen, sind die „Neuen“ schon im zweiten Ausbildungsjahr – das erste verbringen sie im Rahmen einer Verbundausbildung bei einem Partnerunternehmen.

„Man darf auch mal schwierige Arbeitsschritte ausprobieren“

Auch Frank Theilmann ist hier Ausbilder, er betreut die angehenden Industriemechaniker. „Es geht bei uns nicht nur um Noten, wir wollen auch Teamgeist und einen guten Umgang miteinander vermitteln.“ Schon im Bewerbungsgespräch geht es nicht nur ums Zeugnis. Sondern darum, ob die jungen Leute zur Rosenbauer-Familie passen.

Jasmin Beck fühlt sich nach wenigen Wochen schon wie ein vollwertiges Teammitglied. „Es gibt keine Vorurteile darüber, ob jemand eine bestimmte Arbeit schon machen kann“, beschreibt sie. „wenn man will, darf man auch mal schwierige Arbeitsschritte ausprobieren.“

Technik, die Menschenleben rettet: Solche Hubrettungsgeräte werden bei Rosenbauer produziert.

Ausbilder Frank Theilmann hat vor 40 Jahren selbst seine Ausbildung hier gemacht

Die meisten bleiben auch nach ihrer Ausbildung bei Rosenbauer – wie übrigens auch die beiden Ausbilder, die wir hier treffen. Theilmann kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als er vor 40 Jahren hier als Azubi anfing. Heute bildet er nicht nur aus, sondern sucht auch ständig den Kontakt zu Schulen, damit junge Leute mehr über Industrieberufe erfahren. „Wir bieten zum Beispiel Betriebsbesichtigungen an“ – immer wieder inspizieren ganze Schulklassen im Fach Berufsorientierung die Produktion.

Justin Mois ist da schon einen großen Schritt weiter. „Ich weiß noch nicht, in welche Richtung ich mich nach der Ausbildung weiterentwickeln will, aber da gibt es viele Möglichkeiten, und ich bin erst mal sehr froh, dass ich hier gelandet bin.“ 

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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