Schweinfurt. Digitalisieren und vernetzen – so wird der Schienenverkehr in Europa flink und modern. Intelligente Instandhaltung spielt eine wichtige Rolle und hilft beim reibungslosen Transport von Fahrgästen und Gütern. Hier kommt das neue Railway Service & Competence Center vom Wälzlagerhersteller SKF in Schweinfurt ins Spiel. Das Zentrum hat erst vor wenigen Wochen eröffnet. Es kombiniert Handarbeit mit jeder Menge digitaler Technik und sorgt dafür, dass Eisenbahnkomponenten länger halten. Nach der Überholung in Franken (Fachleute sagen: Aufarbeitung) sind sie rasch wieder für einen weiteren Einsatz auf der Schiene fit.

Konkret geht es um Radsatzlager, sie stecken beispielsweise in allen Baureihen der deutschen ICEs sowie in vielen Eisenbahnen, die kreuz und quer durch Europa fahren, vom Nordkap bis ans Mittelmeer. Die Lager sind wichtig, sie sind das Bindeglied zwischen den Rädern und dem Drehgestell im Triebfahrzeug der Züge.

Der Zwischenstopp für den kompletten Service dauert nur zehn Tage

„Unsere Kunden wollen heute deutlich längere Laufleistungen“, berichtet Stefan Gladeck, der Vertriebsvorstand Zentraleuropa von SKF. Die Messlatte liegt hoch: Mehr als eine Million Kilometer sind das Ziel. Ein längerer Lebenszyklus ist für Gladeck ein Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft bei der Eisenbahn – neben gezielter Überwachung zwischen den Wartungsintervallen. „Damit schaffen wir die Voraussetzungen für die Digitalisierung und effiziente Nutzung des gesamten Bahnsystems“, so Gladeck – Schlagwort Schiene 4.0.

Straffe Logistik und teilautomatisierte Abläufe verkürzen den Service-Zwischenstopp der Bahnkomponenten auf weniger als zehn Tage.

Und was geschieht denn nun, wenn man so ein Radsatzlager auseinandernimmt? „Nirgends erfährt man so viel über das Innenleben der Lager wie bei der Aufarbeitung“, sagt Gladeck. Zunächst werden alle eintreffenden Lager mit einem sogenannten Data-Matrix-Code gekennzeichnet, zur Datenerfassung und späteren Nachverfolgung.

Erst dann erfolgt die Demontage, das ist Handarbeit. Die Reinigung im nächsten Schritt ist dagegen wieder automatisiert. Auf dem Transportband wandert alles in eine riesige Industriewaschmaschine. Anschließend werden die blitzblanken Teile auf Sicht kontrolliert. Dabei stützen sich die Mitarbeiter nicht nur auf allgemeine Standards. Sie ziehen auch den hauseigenen Fehleratlas zurate, eine umfangreiche Datenbank, die alle anderweitig bekannten Schadensfälle dokumentiert.

Das Monitoring liefert hilfreiche Daten zu Material und Verschleiß

Im nächsten Schritt wird die Luft im Innern des Lagers geprüft und gegebenenfalls neu eingestellt. Nach der Vermessung der Ringe in einer 3-D-Mess-Einrichtung geht es erneut zum Waschen. Am Ende werden die Lager noch gefettet, montiert und verpackt. Damit alles wieder läuft wie geschmiert.

Dank der neuen Monitoring-Techniken und individueller Kennzeichnung kann SKF auf immer mehr Daten auch aus dem Betrieb der Lager zurückgreifen. „Wir sammeln Erkenntnisse über die Materialalterung und typische Verschleißszenarien“, so Gladeck. Das Wissen fließt in die Entwicklung neuer Produkte ein.

Radsatzlager haben erheblichen Einfluss auf Zuverlässigkeit und Rentabilität im Bahnbetrieb. Die Rundum-Überholung ist nachhaltig, sie spart gegenüber der Produktion eines neuen Lagers etwa je zwei Drittel Material sowie CO2.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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