Kassel. Wenn in einer Chemie-Anlage oder einer Raffinerie rund um den Globus extrem heiße Dämpfe und Gase verarbeitet werden müssen, kommen fast immer die Prozessgaskühlsysteme von Schmidtsche Schack ins Spiel. Denn das Kasseler Unternehmen ist mit 400 Mitarbeitern der führende Hersteller von Prozesswärmeübertragungslösungen. Mit dem Geschäftsführer Karsten Stückrath sprach aktiv über den Reiz der Extreme und nachhaltige Produkte, die es hier seit über 100 Jahren gibt.

Herr Stückrath, was ist das Besondere an Schmidtsche Schack?

Wir produzieren hoch spezialisierte, maßgeschneiderte Prozessgaskühl- und Wärmerückgewinnungssysteme. Die braucht die Großindustrie, wenn Basis-Chemikalien wie Wasserstoff, Methanol und Ammoniak hergestellt werden oder auch Ethylen und Propylen, die Basisprodukte der Kunststoff-Industrie. Großkonzerne wie Dow, BASF, Shell und ExxonMobil zählen zu unseren Kunden, und die schaffen die Ausgangsstoffe, ohne die es weder Auto, Handy, Laptop, Sonnenbrille und sogar Zahncreme gäbe.

Haben Sie keine Wettbewerber?

Die haben wir auch, aber wir sind sicher die innovativsten Anbieter am Markt, wenn es um industrielle Hochtemperatur- und Hochdruckprozesse sowie knifflige Aufgabenstellungen geht. Wir setzen da Maßstäbe. Unsere Systeme funktionieren selbst im Extremen. Der Umgang mit bis zu 1.500 Grad heißem Gas und extremem Druck ist sozusagen unsere Spezialität. Dabei unterstützen wir die Betreiber, ihre Anlagen effizienter zu fahren durch gezieltes Energie- und Prozessmanagement, das heißt, die Wärme wird zurückgeführt in den Prozess. Und es ist sogar möglich, aus den Abgasen Reststoffe herauszuziehen, die dann ebenfalls in den Prozess zurückgeführt werden können. So helfen wir, Emissionen zu reduzieren und natürliche Ressourcen zu schonen.

Mehr zum Thema

Geht gerne neue, auch schon mal ungewöhnliche Wege: Andreas Jamm, Gründer des Beratungsunternehmens Boldly Go Industries in Frankfurt.
„Wir fühlen uns ein bisschen wie die Crew vom Raumschiff Enterprise"

Boldly Go Industries: Chef-Interview mit Andreas Jamm

mehr

Demnach ist Nachhaltigkeit auch bei Ihnen ein Thema?

Ja. Schon unser Gründer Wilhelm Schmidt hatte vor über 100 Jahren die Vision, Energie so effizient wie möglich zu nutzen und durch Wärmerückgewinnung Ressourcen zu sparen. Also erfand er einen Dampfüberhitzer, der die Leistung von Dampflokomotiven um 30 Prozent erhöhte, obwohl sie weniger Kohle verbrauchten. Effizienz und Erfindungsreichtum sind Teil unserer Geschichte, und seine Vision treibt uns bis heute an.

Was heißt das konkret?

Bei allen Projekten wollen wir Energie zurückgewinnen, Emissionen reduzieren und Rohstoffe wiederverwenden. Wir nennen diesen Ansatz „R3 – Recover, Reduce, Reuse“. Diese Kompetenz eröffnet uns weltweit neue Geschäftsgebiete. Zum Beispiel beim Umgang mit Abfall haben wir schon viele Projekte begleitet. In einer Pilotanlage im Westen der USA helfen unsere Systeme dabei, aus Abfall Kerosin zu gewinnen. Und wir sind Teil des Projekts Verena, bei dem Universitäten und Industrieunternehmen unter der Leitung der TU Darmstadt gemeinsam an Verfahren arbeiten, damit aus nicht recycelbaren Reststoffen neue Grundstoffe für die Chemie-Industrie entstehen.

Zur Person

Karsten Stückrath

  • Jahrgang 1967, geboren in Kassel, verheiratet, zwei Kinder.
  • Studium des Maschinenbaus mit dem Schwerpunkt Verfahrenstechnik an der Universität Kassel.
  • 1992 Berufseinstieg bei der BASF.
  • 1995 Wechsel zur Schmidt‘schen Heißdampf Gesellschaft, heute Schmidtsche Schack.
  • Seit 2012 Geschäftsführer von Schmidtsche Schack – Arvos Group.

Was fordert Sie besonders heraus?

Wenn man von solchen kniffligen technischen Aufgaben einmal absieht, stehen wir hier regelmäßig vor der Herausforderung, fertige Produkte zum Kunden zu bringen. Diese Systeme sind oft zig Meter lang und ein paar Hundert Tonnen schwer. Der Weg für solche Schwerlasttransporte von Kassel bis zur Verschiffung in einem Seehafen wird akribisch geplant und kostet uns immer wieder Nerven, vom Genehmigungsverfahren bis zu maroden Brücken, die wir bei diesen Gewichten umfahren müssen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei Schmidtsche Schack?

Seit einigen Jahren bieten wir Anlagenbetreibern eine digitale Lösung für detaillierte Diagnose- und Prognose-Informationen über die bei ihnen verbauten Produkte an. Intelligente vorausschauende Wartungslösungen sind auch bei unseren langlebigen Produkten wichtig, um Anlagen effizienter zu fahren. Prozesse werden transparenter und berechenbarer. Aus den Betriebsparametern können wir mithilfe künstlicher Intelligenz Handlungsanleitungen für die Kunden entwickeln. Auch hier sind wir in der Branche der Vorreiter – aber das sind wir gern.

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

Alle Beiträge der Autorin