Traunreut. Ups, angebrannt! Das passiert schon mal, dass man was im Ofen vergisst. Dann gibt’s zum Abendbrot halt „Pizza Margherita – verkohlt“. Nicht so lecker …

Solche Missgeschicke in der Küche verhindern Backöfen von Bosch Siemens Hausgeräte mit künstlicher Intelligenz (KI). Beim Backen, Braten, Schmoren und Grillen optimieren sie die Zeit, die ein Gericht im Ofen bleibt. Dazu nutzen sie eine Spezialkamera sowie Algorithmen. „Ungewolltes Übergaren wird dadurch vermieden“, sagt Maximilian Wild (34). Der Maschinenbauingenieur ist Projektleiter bei BSH am Standort Traunreut und verantwortet die Kamera-Ausstattung der Öfen. Mit seinem Team steuerte er eine zentrale Komponente für die neuen intelligenten Backofenserien der BSH bei: Eben die Spezialkamera, sie sitzt oben links im Backrohr und hat von da aus alles im Blick. 

„Jetzt ist es zu dunkel“ – das lernt KI anhand von Bildern

Auf einer Skala von eins bis fünf wählt der Nutzer, wie gebräunt er Pizza, Auflauf oder Aufback-Semmeln gerne hätte. In bestimmten Abständen macht die Kamera ein Foto des Gerichts auf dem Blech und analysiert im Zusammenspiel mit der KI, ob es schon fertig ist. 

„Wir haben einen Software-Algorithmus entwickelt, der jedem Bild der Fotoserie einen exakten Bräunungsgrad zuordnet“, erklärt Wild. Ist das gewünschte Ergebnis erreicht, schaltet der Ofen automatisch ab.

Das hört sich einfach an, war für die Entwickler der Backanwendung aber eine ziemliche Geduldsarbeit. Um die KI zu trainieren, schossen und klassifizierten sie Tausende Bilder vom Backvorgang verschiedenster Lebensmittel. Da wanderten etliche Bleche in die Öfen im hauseigenen Versuchslabor. „Wir haben das aber nicht selbst aufgegessen“, lacht Wild. Denn Prüfspeisen dürfen generell nicht zum Essen freigegeben, sondern lediglich sensorisch beurteilt werden, etwa auf Textur und Saftigkeit.

Und vieles hätte vermutlich auch nicht geschmeckt. In den Versuchen wurde nämlich auch gezielt verkohltes Essen produziert. „Das war nötig, um der KI beizubringen: Jetzt ist es zu dunkel“, so der Projektleiter.

Eine weitere Herausforderung war die Hitze: Ein Ofen wird schließlich heiß! Das weiß jeder, der mal ohne Topflappen an den Rost gefasst hat. Bei der Pyrolyse herrschen noch extremere Bedingungen. Das Reinigungsprogramm zersetzt angeklebte Reste im Backrohr durch hohe Temperaturen, der Ofen heizt dazu auf bis zu 500 Grad Celsius auf. „Vor dieser starken Hitze mussten wir die Kamera schützen“, so Wild. „Sie verträgt maximal Temperaturen von 85 Grad Celsius.“

So gelingt ein fluffiges Soufflé

Die Kühlung bereitete den Entwicklern zunächst Kopfzerbrechen. Doch sie fanden eine Lösung. Der Luftstrom, den der Kühlluftmotor des Ofens abgibt, kühlt die Kamera. Das Design ist so ausgelegt, dass möglichst wenig Hitze an die Platine und Sensoren kommt. Ein ausgeklügeltes Dichtungssystem schützt vor dem aggressiven Luft-Fett-Gemisch, das beim Backen und Garen entsteht.

Wild ist stolz auf die Eigenentwicklung: „Die Kamera gibt es so nirgends zu kaufen, sie ist genau auf unsere Öfen optimiert.“ Besonderheit: Sie funktioniert auch in Kombination mit integrierter Mikrowelle und Dampfgaren, deckt also alle Heizarten ab.

Elektronisches Auge mit Gerichtserkennung

Das elektronische Auge im Ofen sieht noch mehr. Neben dem Bräunungs-Check dient die Technik der automatischen Gerichtserkennung (ja, richtig gelesen: G-e-r-i-c-h-t-s-erkennung). 60 unterschiedliche Speisen können die neuen Hightech-Hausgeräte identifizieren. Sie schlagen jeweils die beste Zubereitungsmethode vor, stellen Programm und Temperatur automatisch ein.

So „wissen“ sie beispielsweise, dass ein fluffiges Schokoladen-Soufflé keinen Luftzug im Ofen verträgt. Statt Heißluft benötigt es Ober- und Unterhitze. „Dann gelingt’s“, so Fachmann Wild.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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