Braunschweig. Im vierten Stock im Siemens-Verwaltungsgebäude fällt der Blick aus dem Fenster auf die Gleisanlagen des Braunschweiger Hauptbahnhofs. Besser kann man Besuchern das Geschäft der Siemens Mobility GmbH kaum vor Augen führen: Braunschweig ist der größte Standort für Bahnautomatisierung weltweit – die Denkfabrik für den digitalisierten Schienenverkehr. 3.500 Beschäftigte arbeiten hier an Ideen für wegweisende Bahnlösungen.

Mehr Züge im selben Netz? Das geht nur mit smarter Planung

„Züge müssen geleitet werden – sicher und effizient“, fasst Thorsten Sponholz die Aufgaben der Automatisierungsspezialisten beim aktiv-Besuch zusammen. Der Sprecher der Betriebsleitung kennt die aktuellen Herausforderungen: Digitalisierung, Energiewende, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel.

Aktuell arbeitet Siemens an fahrerlosen Systemen für Metros.

Um zu zeigen, wie sich das Unternehmen auf die Fragen der neuen Zeit einstellt, geht er hinunter ins Erdgeschoss: Hier, im riesigen „Freiraum“, ist die Zukunft schon angekommen.

Die Inneneinrichtung macht Lust, dabei zu sein: Es ist hell und gemütlich. Loungeartige Areale wechseln sich ab mit Vortragsinseln mit modernen Kommunikationsmitteln. Im hinteren Bereich sitzt gerade eine Gruppe und diskutiert. Zu besprechen und zu tun gibt es schließlich viel: Mit der Mobilitätswende kommen neue – und mehr – Aufgaben auf die Siemens-Spezialisten zu.

Immer mehr Züge müssen auf dem vorhandenen Streckennetz fahren. Das gehe nur durch mehr Digitalisierung, so Sponholz: Eine smarte Infrastruktur verbessert den Fahrgastkomfort und die Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Aktuell arbeite man etwa im Auftrag von Städten wie Hamburg oder Frankfurt an fahrerlosen Systemen für Metros.

Um solche Lösungen zu finden, ist Siemens immer auf der Suche nach Talenten. Dabei geht es nicht um irgendwelche Fachkräfte: Der Konzern braucht die Besten der Besten – und zwar in großer Zahl. 100 offene Stellen gibt es zurzeit am Standort in Braunschweig. Gesucht wird vor allem im technischen Bereich, besonders Elektrotechniker und IT-Spezialisten. Auch Nachwuchs wird ständig gebraucht: 150 Auszubildende und duale Studierende sind aktuell im Unternehmen. Rund 50 stellt Siemens Mobility jedes Jahr ein. „Dafür müssen wir auf uns aufmerksam machen“, sagt Sponholz. Siemens pflegt enge Kontakte zu Schulen und Hochschulen und ist auf der IdeenExpo in Hannover präsent. „Die Plätze zu besetzen wird trotzdem immer schwerer.“

Sponholz’ Blick wandert durch die großzügige Co-Working-Area, die Antwort des Siemens-Standorts auf den Wandel der Arbeitswelt. Homeoffice gehört inzwischen dazu – natürlich nur für Mitarbeitende, die nicht in der Fertigung beschäftigt sind. Sponholz findet „Mobile Working“ grundsätzlich positiv: Entscheidend ist, was und nicht wo etwas geleistet wird.

Homeoffice und Insektenhotel: Früher belächelt, heute normal

Ein wichtiges Anliegen ist ihm die Nachhaltigkeit: „Wachstum und Klimaschutz sind keine Gegensätze, sondern eine Chance für jedes Unternehmen“, sagt er. Wer es verstehe, Energiemanagement und Digitalisierung klug zu vereinen, werde vorn dabei sein.

Siemens legt hier schon einiges an Tempo vor: Der Standort nutzt 100 Prozent Ökostrom, Wasseraufbereitung ist selbstverständlich, E-Ladesäulen sind längst installiert. Selbst ein Insektenhotel gibt es auf dem Betriebsgelände. Sponholz sieht die Entwicklung positiv: „Was vor Jahren noch belächelt wurde, wird nun Alltag.“

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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