Krefeld. Sitzplätze, Haltegriffe, Platz für Fahrräder und Kinderwagen: ein ganz normaler Regional-Express. Aber: Dieser Zug hat weder Stromabnehmer für die Oberleitung noch Dieselmotor – sondern eine Brennstoffzelle: Sie verwandelt Wasserstoff (H 2) in Strom und speist diesen in Lithium-Ionen-Batterien, die im Boden der Waggons untergebracht sind. Diese Akkus speichern zudem die Bremsenergie. So kann der neue Siemens-Zug namens „Mireo Plus H“ nach einmaligem Wasserstoff-Tanken 800 bis 1.000 Kilometer fahren!

Der neue Wasserstoffzug beschleunigt doppelt so schnell wie eine Diesellok

„20 Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer sind ein fantastischer Verbrauchswert! Das ist ein Wasserstoffzug der nächsten Generation“, schwärmt Jochen Steinbauer, der bei Siemens Mobility die Entwicklung des neuen Verkehrsmittels verantwortet hat. Der neue, bis zu 160 Stundenkilometer schnelle Regional-Express soll, so die Idee, allmählich die Dieselzüge von nicht elektrifizierbaren Nebenstrecken verdrängen. Solche Strecken machen immerhin 40 Prozent des deutschen Bahnnetzes aus, es wäre unwirtschaftlich, dort Oberleitungen zu verlegen.

Rund 3.000 Dieselloks hat die Deutsche Bahn (DB) daher noch im Dienst – ein Problem für die Klimabilanz, aber auch für die Pünktlichkeit. „Die lahmen Diesel halten den ganzen Verkehr auf“, urteilt Steinbauer. „Unser Wasserstoff-Zug beschleunigt doppelt so schnell und kann mit den modernen ICE und Elektrozügen mithalten.“

Entwickelt wurde der Mireo Plus H in Erlangen und Krefeld, produziert wird der Zug am Siemens-Standort Krefeld, wo auch schon der Mireo Plus B entsteht, ein Regionalzug mit Elektrobatterie.

Nach einer Testphase wird der neue Zug in Baden-Württemberg verkehren. Weitere Züge für die Metropolregion Berlin-Brandenburg und für Bayern sind bereits bestellt. Wettbewerber Alstom hat bereits ähnliche Wasserstoff-Züge regulär im Einsatz, in Norddeutschland.

Damit die neue Technologie im Alltag konkurrenzfähig ist, muss das Betanken mit Wasserstoff genauso schnell gehen wie mit Diesel. „Das ist entscheidend, denn die Zugfolgen werden immer dichter – auch beim Tanken kommt es auf jede Minute an.“ So erklärt es DB-Vorstand Richard Lutz während der Präsentation im Siemens-Prüfcenter.

Daher hat man eine mobile Tankstelle für den mit Ökostrom gewonnenen Wasserstoff entwickelt. Das Projekt „H 2 goes Rail“ wurde vom Bundesverkehrsministerium mit fast 14 Millionen Euro gefördert. Einmal volltanken dauert nur eine Viertelstunde. Laut Siemens ist das Marktpotenzial „gigantisch“.

Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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