Spelle. Nirgendwo sonst in Deutschland wird so viel Mais geerntet wie im Nordwesten Niedersachsens. Ende September beginnt die Saison, dann kommen auf den Äckern riesige Maschinen zum Einsatz. Der weltweit stärkste Maishäcksler heißt „BiG X 1180“, hat 1.156 PS und wird vom Landmaschinenhersteller Krone in Spelle gebaut. Der Kraftprotz ist unter der Leitung von Josef Horstmann, langjähriger Konstruktionschef und Geschäftsführer der Firma, entwickelt worden. Das ist jetzt gut 20 Jahre her.

Der 64-Jährige wurde kürzlich mit der Max-Eyth-Denkmünze in Silber für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der Ingenieur Eyth (1836 bis 1906) war Inhaber zahlreicher Patente und Gründer der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft.

Der Ingenieur Horstmann hat sich schon immer gern als Teamplayer gesehen

aktiv hat Josef Horstmann zum Gespräch getroffen. Es ist typisch für ihn, dass er sich nicht als der Vater dieses Fahrzeugs der Superlative sieht. Viel lieber als Teamplayer. Horstmann will deshalb nicht davon sprechen, dass der Häcksler „sein Baby ist“: „Wir waren am Anfang fünf Personen, später sieben Vertreter aller Fakultäten, von Jahr zu Jahr wurden es immer mehr.“ Es sei der Erfolg von allen Beteiligten gewesen – vom Inhaber, von Konstruktion, Vertrieb, Montage und Service.

Krone hat schon Mitte der 90er Jahre bei der Entwicklung des Fahrzeugs eine enge Partnerschaft mit den Kunden gesucht. Das sei typisch für ein Familienunternehmen, so der Ingenieur Horstmann. „Sie haben das Engagement der gesamten Firma schon immer gespürt und mitgetragen.“ Längst wird der BiG X in Serie gefertigt.

Dass man für solche Maschinen Fachkräfte benötigt, die mit Herzblut bei der Sache sind, ist für das Unternehmen selbstverständlich. „Wir halten schon seit vielen Jahren engen Kontakt zu den Schulen in der Region“, so Horstmann. Auch auf der kürzlich zu Ende gegangenen IdeenExpo war Krone mit einem großen Stand vertreten.

Die Ingenieure der Firma sind auch draußen auf dem Feld, um ein Gefühl für die Maschinen zu bekommen. „Sie müssen wissen, wovon sie sprechen“, sagt Horstmann. „Das geht nur, wenn sie auch selber damit arbeiten.“ Das habe auch immer auf ihn zugetroffen. Dabei gingen die Maschinen auch schon mal mit voller Absicht zu Bruch. Bewusst hat er den Motor abgewürgt, um dessen Grenzen zu testen. Längst ist aus diesen Erkenntnissen eine patentierte Lösung geworden. „Seitdem ist es vorbei, dass man den Motor abwürgen kann.“

Unzählige Sensoren sammeln an den Maschinen Daten

Horstmann hat früh erkannt, dass die Digitalisierung in der Landtechnik immer wichtiger wird. Krone allein konnte diese immer komplexeren Aufgaben nicht erfüllen. Schon vor 15 Jahren entstand deshalb ein Firmen-Netzwerk, dessen Initiator und Motor Josef Horstmann war: „Unsere Maschinen müssen Daten auf dem Feld bei der Arbeit abgreifen. Und um den Kunden die Möglichkeit zu geben, unsere Informationen mit den Daten anderer Partner zu verarbeiten, haben wir uns alle zusammengeschlossen.“

Das Ergebnis: eine herstellerneutrale Datenplattform. Farming 4.0 nennen das Fachleute. Feuchtigkeit, Erträge, Inhaltsstoffe – unzählige Sensoren sammeln an den Maschinen Informationen und verarbeiten sie. Zudem entlasten Assistenzsysteme den Fahrer.

Horstmann ist knapp 40 Jahre bei Krone, heute nicht mehr in der Verantwortung, doch immer noch ein wichtiger Ratgeber. Die Landwirtschaft hält er für eine Zukunftsbranche – nicht erst seit der Ukraine-Krise und weil deshalb die Preise so steigen. Alle Welt spricht von Nachhaltigkeit, sagt Horstmann. „Landwirtschaft ist Nachhaltigkeit und wird weiterhin extrem wichtig sein.“

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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