Der Frühling ist die Zeit, um Balkone, Terrassen und Gärten in blühende Paradiese zu verwandeln. Auf was müssen Mieter und Eigentümer dabei achten, wenn sie sogar Gemüse oder Obst anbauen wollen? Eine Expertin gibt Antworten.
Eins vorweg: Grundsätzlich dürfen in Deutschland alle legalen Pflanzen angebaut werden. Aber natürlich gibt es dafür Regeln, die an unterschiedlichen Stellen festgehalten sind: Mietrecht, Nachbarschaftsrecht oder etwa der Bebauungsplan der betreffenden Kommune. Das kann schon etwas verwirrend sein. Michaela Rassat, Juristin der Ergo Rechtsschutz Leistungs-GmbH, gibt einen Überblick über die wichtigsten Vorgaben.
Eigener Garten: Bei der Gestaltung auf den Bebauungsplan achten
Bei der Gestaltung ihres Gartens haben Eigenheimbesitzer die größten Freiheiten. Es gilt zunächst: Ob sie sich mit Rasen begnügen oder lieber Rüben, Tomaten und Salat pflanzen und dazwischen Obstbäume und Blumen pflegen, bleibt großteils ihnen überlassen.
Allerdings müssen auch sie sich dabei an bestimmte Vorschriften halten, die je nach Bundesland und Gemeinde unterschiedlich sind. „Viele Bebauungspläne der Gemeinden enthalten Festlegungen für die Gartengestaltung, teils in Form einer sogenannten Grünordnung”, erklärt Michaela Rassat. Diese könne etwa bestimmte Bepflanzungen verbieten oder vorschreiben.
Bebauungsplan: Er kann dem Garten-Eigentümer sogar den Pflanzort vorgeben
Mancherorts sind auch nur heimische Baumarten erlaubt. Die Grünordnung kann ebenfalls die Erhaltung einer bestehenden Bepflanzung anweisen. Im Extremfall ist sogar festgelegt, welche Pflanzen beispielsweise bestimmte Baumarten oder Sträucher wo auf dem Grundstück zu stehen haben. „Erhältlich ist der Bebauungsplan beim jeweiligen Bauamt – oft ist er online verfügbar”, weiß die Juristin.
Gemüsebeet statt Rasen: Vermieter muss Änderungen zustimmen
Mieter eines Einfamilienhauses, die den Garten nutzen dürfen, müssen bei geplanten Änderungen – etwa, wenn eine Grasfläche in Beete umgewandelt werden soll – den Vermieter um Erlaubnis fragen. Beim Pflanzen im Garten müssen bestimmte Abstände zum Grundstück des Nachbarn eingehalten werden.
Sollen etwa Bäume gesetzt werden, ist auf die richtige Platzwahl zu achten. So gibt es in einigen Bundesländern Nachbarrechtsgesetze, die vorgeben, wie nah Bäume und Sträucher einer Grundstücksgrenze kommen dürfen.
„In Bayern regelt dies das Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (AGBGB)”, berichtet Rassat. Bäume, Sträucher oder Hecken über zwei Meter Höhe benötigten einen Mindestabstand von zwei Metern zum Nachbargrundstück. Bei unter zwei Metern Höhe müssen sie einen halben Meter entfernt sein. Ähnliche Regeln gibt es auch in anderen Bundesländern.
Gewächshaus: Dafür ist die Bauordnung zuständig
Das Errichten von Gewächshäusern fällt unter die Bauordnungen der Länder. Nicht immer sei zwingend eine Baugenehmigung notwendig, weiß Rassat: „In Bayern können Gartenbesitzer etwa Gewächshäuser bis 75 Kubikmeter Rauminhalt ohne Genehmigung aufstellen – jedoch nicht im sogenannten Außenbereich der Gemeinde. In Niedersachsen sind es 40 Kubikmeter.” Trotzdem seien dabei die Vorgaben des Bebauungsplans einzuhalten.
Gemeinschaftsgärten: Mieter sollten immer miteinander Lösungen finden
Die oben genannten Vorschriften gelten auch für Gemeinschaftsgärten. Steht dieser Bereich laut Mietvertrag allen Hausbewohnern im Mehrfamilienhaus gleichermaßen zur Verfügung, heißt es immer: Rücksicht auf die anderen Mieter nehmen. Vielleicht möchte eine Partei in Ruhe im Liegestuhl ein Buch lesen, während jemand anders Grillen und dabei Musik hören will? Über solche Fragen muss gesprochen und eine Einigung erzielt werden. Und: Den Garten nutzen zu dürfen, heißt noch lange nicht, dass auch das Umgestalten zum Beispiel durch Ändern der Bepflanzung erlaubt ist. Dies ist nur in Absprache mit dem Vermieter möglich.
Nutzung im Alltag: Obsternte gehört der Gemeinschaft, abgegrenzte Bereiche etwa für Gemüsebeete sind nicht erlaubt
„Es ist keinem der berechtigten Nutzer erlaubt, einen Teil des Gemeinschaftsgartens für sich abzugrenzen, um dort beispielsweise ein Beet oder eine Sitzecke anzulegen. Denn dadurch wäre dieser Bereich für die anderen Mieter nicht mehr zugänglich”, warnt Rassat. Von eventuell vorhandenen Obstbäumen oder -sträuchern dürfen alle im gleichen Maße pflücken.
Wer den Garten als Mieter nutzt, muss meistens auch Laub kehren
Auch die Pflichten werden häufig geteilt. „Ist die Gartennutzung den Mietern gestattet, wird diesen oft auch das Laubkehren auferlegt”, so die Juristin. Der Vermieter habe eine Kontrollpflicht.
Wer wann kehren muss, wird untereinander oder per Hausordnung geregelt. Der Vermieter oder die Eigentümerversammlung kann aber auch eine Firma beauftragen und die Kosten anteilig umlegen.
Blick in die Hausordnung: Dort kann der Vermieter Regeln für die Gartennutzung festhalten
Der Vermieter kann und darf im Übrigen Regelungen zur Gartennutzung in der Hausordnung treffen. Die kann auch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft Regelungen zur Gartennutzung enthalten.
„Im Grunde läuft es immer wieder darauf hinaus, dass die Nutzer miteinander reden, sich einigen”, sagt Rassat. Sollte eine Person allein den Garten nach ihrem Gusto so nutzen, dass andere Mieter sich an ihrer gewünschten Nutzung gehindert oder gestört fühlen, kann das rechtlich verhindert werden.
Faustregel für den Mieter: Ohne Zustimmung des Vermieters geht nichts
„Ohne Zustimmung des Vermieters dürfen vorhandene Pflanzen im Garten nicht einfach entfernt und durch andere ausgetauscht werden”, erklärt Expertin Rassat. Und: Unerlaubtes Bäumefällen sorge meist nicht nur für Ärger mit dem Vermieter, sondern auch für ein hohes Bußgeld, da es in der Regel örtliche Baumschutzsatzungen gibt.
Welche Regelungen gibt es beim beliebten Stadt-Gärtnern?
Gesetzliche Vorgaben gibt es für diese meist städtischen Bürgerinitiativen zur gärtnerischen Nutzung von Brachflächen nicht. Rechtlich gesehen handelt es sich beim Bepflanzen von Flächen ohne Erlaubnis des Eigentümers um eine strafbare Sachbeschädigung. Zivilrechtlich könnte ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.
Ein Recht zur Nutzung des so gepflanzten Obstes oder Gemüses besteht nicht. Aber: Viele Städte sehen urbanes Gärtnern eher positiv. Außer beim Hanfanbau sind keine Fälle bekannt, in denen „Guerilla-Gärtner" belangt worden wären. Wichtig ist es, mit Vernunft zu arbeiten. Das heißt zum Beispiel, keine hochwachsenden, sichtbehindernden Pflanzen auf Verkehrsinseln zu pflanzen oder sogenannte Samenbomben in sorgsam angelegte Beete zu werfen. Steht ein Verein hinter dem Projekt, benötigt dieser – wie ein „normaler“ Gartenverein – eine diese Fragen regelnde Satzung.
Obst und Gemüse auf dem Balkon: Rücksicht auf die Nachbarn nehmen
Tomaten, Kräuter, Blumen oder Kartoffeln im Pflanztopf: Gärtnern auf dem Balkon mit legalen Pflanzen ist erlaubt, soweit es der Mietvertrag oder die Hausordnung nicht einschränken. Rassat gibt einen praktischen Tipp: „Wer Blumenkästen anbringen darf, kann davon ausgehen, dass darin auch das Anpflanzen von Tomaten, Erdbeeren, Kräutern oder Pflücksalaten erlaubt ist.“
Ob Balkon, Terrasse oder Dachgarten: Sicherheit geht vor
Balkon- und Pflanzkästen müssen vor dem Umfallen und Herabfallen gesichert werden, sodass die Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist. Beim Gießen der Pflanzen ist darauf zu achten, dass das Wasser nicht dem Mieter eine Etage tiefer in den Kaffee tröpfelt. Der muss auch herabfallendes Laub in größeren Mengen nicht dulden.
Optischer Gesamteindruck des Hauses muss erhalten bleiben
„Einschreiten dürfen Vermieter oder andere Wohnungseigentümer in der Eigentümergemeinschaft, wenn der optische Gesamteindruck des Hauses zu stark beeinflusst wird”, betont die Münchner Juristin.
Bepflanzung an Haus- und Balkonwänden: Bausubstanz darf nicht geschädigt werden
Tabu sei auch alles, was in die Bausubstanz eingreift. „In den Außenwänden auf dem Balkon können zum Beispiel nicht nach Belieben Dübellöcher gesetzt werden, um Drei-Meter-Bäume mit Stahlkabeln zu verankern oder schwere Blumenkübel aufzuhängen”, erklärt Rassat. Bohrlöcher in Außenwänden könnten eine Wärmedämmung beschädigen oder zum Eintritt von Feuchtigkeit führen. Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters sollte man davon Abstand nehmen. Vorsicht geboten ist auch in einer Eigentümergemeinschaft: Dort gehört die Außenwand zum Gemeinschaftseigentum.
Auch Efeu, der den Außenputz mit seinen Ranken beeinträchtigt, ist problematisch.
Nutzung des Balkons: Kein Baum auf dem Balkon
Übrigens, Bäume haben auf Balkonen nichts zu suchen. In dieser Hinsicht gibt es ein Gerichtsurteil. Ein Münchner Mieter pflegte einen Bergahorn von der Topfpflanze bis zum stattlichen Jungbaum, der bereits eine Krone bildete. Das Gericht bewertete das Gewächs als „ungeeignete Balkonpflanze” wegen der zu erwartenden Größe und der Umsturzgefahr bei Wind.
Schaden durch Ungeziefer: Im konkreten Fall muss der Mieter zahlen
Schleppt ein einzelner Mieter im Einzelfall durch seine Balkonbepflanzung Ungeziefer ein, muss er in der Regel laut Rassat auch die Kosten für die Beseitigung tragen.
Kosten für regelmäßige, vorbeugende Aktionen in gemeinschaftlich genutzten Räumen im Haus oder auf dem Grundstück hingegen können den Mietern als Betriebskosten auferlegt werden.