Die Energiewende nimmt Fahrt auf, der Bedarf an Anlagen zur Erzeugung von Ökostrom ist riesig. Schon 2030 sollen rund vier Fünftel des deutschen Strombedarfs aus Erneuerbaren gedeckt werden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Offshore-Windenergie. Erst vor Kurzem hat die Bundesregierung mit einer Gesetzesnovelle die Ausbauziele auf 30 Gigawatt bis 2030 fast vervierfacht.

Die Bundesregierung forciert den Ausbau

Schon fünf Jahre später sollen 40 Gigawatt installierte Leistung aus Windkraftanlagen auf See realisiert sein. Und für 2045 wurde sogar ein Wert von 70 Gigawatt vorgegeben. Ambitionierte Ziele, die nur erreicht werden können, wenn die Industrie aufs Tempo drückt. Und genau das macht der Windturbinen-Spezialist Siemens Gamesa in Cuxhaven. Das Werk plant, seine Produktion erheblich auszubauen.

„Kurzfristig wollen wir unsere Kapazitäten verdoppeln, langfristig sogar verdreifachen“, sagt Produktionsleiter Björn Christiansen. „Dafür benötigen wir geeignete Fachkräfte, die wir in der Produktion und in produktionsnahen Bereichen einsetzen wollen.“

Jeweils 100 neue Mitarbeiter noch in diesem und im kommenden Jahr

In Zahlen: Allein in diesem Jahr will das Unternehmen noch rund 100 Mitarbeiter einstellen, weitere 100 sollen 2023 folgen. Auf sie wartet ein hochmoderner Arbeitsplatz, denn Siemens Gamesa hat seine Fabrik in Cuxhaven erst 2017 auf „die grüne Wiese“ gestellt.

Anfang 2018 verließ die erste Gondel das Werk, das derzeit inklusive Zeitarbeitskräften rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. Sie produzierten bis heute über 800 sogenannte Nacelles, bestehend aus Nabe, Generator und Maschinenhaus. Im Jahr 2021 erreichte der Umsatz rund 640 Millionen Euro.

Ein großer Vorteil des Standorts ist seine unmittelbare Lage am Meer. Auf Spezialfahrzeugen, sogenannten Movern, werden die fertig montierten Gondeln über eine schwerlastfähige Rampe zum firmeneigenen Schiffsanleger gefahren, der sogar über eine spezielle Landstromanlage verfügt.

Mit Spezialschiffen hinaus aufs Meer

Hier werden die mehrere Hundert Tonnen schweren Konstruktionen, die oft größer als ein Wochenendhaus sind, auf Spezialschiffe gesetzt. Diese transportieren die Turbinen dann zu den jeweiligen Windparks auf hoher See.

Bisher hat das Unternehmen vor allem Acht-Megawatt-Turbinen gebaut. Schon deren Ausmaße sind beachtlich. Sie haben einen Rotordurchmesser von 167 Metern. Im Vergleich dazu wirkt der Hamburger Michel mit „nur“ 132 Meter Höhe klein. Inzwischen sind die Anlagen noch einmal rund 25 Meter in die Höhe gewachsen, da ihre Leistung auf elf Megawatt gesteigert wurde.

In den vergangenen Jahren haben die Cuxhavener hauptsächlich für Windparkprojekte außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets gearbeitet. Zahlreiche Anlagen stehen heute in Parks vor den Küsten der Niederlande, Großbritanniens, Irlands oder auch in Überseegebieten.

Spätestens ab 2024 aber sind auch wieder neue deutsche Windparks geplant, für die Siemens Gamesa Maschinenhäuser, Technik und Know-how liefern wird. „Nicht zuletzt deshalb rechnen wir spätestens ab Herbst 2023 mit einem stark erhöhten Auftragsvolumen“, sagt die Cuxhavener Personalverantwortliche Anne Pohl. „Daher stocken wir bereits jetzt auf.“

Der Frauenanteil soll weiter erhöht werden

Gesucht werden vor allem Fertigungsmitarbeiter mit Berufsausbildung oder Erfahrung im handwerklichen und technischen Bereich. Elektrofachkräfte, Mechaniker und Ingenieure seien besonders willkommen. „Aber auch ungelernte Kräfte haben ein Chance“, so die Personalerin. „Sie sollten ins Team passen, handwerkliches Geschick mitbringen und motiviert sein.“

Und auch weibliche Fachkräfte sollen sich angesprochen fühlen. Pohl: „Wir möchten unseren Frauenanteil, der gegenwärtig bei 12 Prozent liegt, gern weiter steigern.“

Eingesetzt werden sollen die neuen Kolleginnen und Kollegen in verschiedensten Bereichen, vornehmlich als Fertigungsmitarbeiter in den drei Produktionslinien Nabe, Generator und Maschinenhaus, aber auch in den Testeinrichtungen, der Arbeitsvorbereitung, in der Logistik und in der Arbeitssicherheit.

Dort arbeiten, wo andere Leute Urlaub machen

Alle Arbeitsstellen seien als Festanstellungen geplant, zudem wolle man auch Zeitarbeitskräfte übernehmen, berichtet Pohl. Sie wirbt mit attraktiver Vergütung nach Tarif, einem sicheren Arbeitsplatz bei einem globalen Arbeitgeber sowie einer umfangreichen Gesundheitsvorsorge.

Zusätzlich biete der Standort den Vorteil der direkten Anbindung an die Autobahn. „Außerdem“, so Pohl, „arbeiten unsere Leute dort, wo andere Urlaub machen.“

Facharbeiter Ron Ferle bringt ein anderes Argument ins Spiel. „Wir produzieren hier an Anlagen zur Erzeugung grüner Energie. Das ist doch klasse.“ Ferle ist seit 2019 bei Siemens Gamesa beschäftigt und rundum zufrieden mit seinem Job. „Vor allem die Arbeit im Team macht Spaß“, sagt er.

Das bestätigt auch sein Kollege Florian Holl, der als Vorarbeiter in der Nabenfertigung beschäftigt ist. Er legt den Fokus auf die Sicherheit. „Wir achten ganz besonders auf Qualität und Sicherheit, schließlich sollen unsere Anlagen zuverlässig und dauerhaft Strom liefern.“

Diversität und Inklusion sind wichtige Aspekte

Sicherheit ist laut Produktionsleiter Christiansen ohnehin ein zentrales Thema. „Darauf legen wir großen Wert,“ betont er.

Ein weiterer Gesichtspunkt bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ist die Bereitschaft, Menschen mit Handicap eine Chance zu geben. „Diversität und Inklusion sind für uns Themen mit Priorität“, so Pohl.

Nico Winkelmann gehört zu dieser Gruppe von Mitarbeitenden. Der 34-Jährige ist von Geburt an gehörlos. Er arbeitet seit fünf Jahren als Elektrofachkraft bei Siemens Gamesa und fühlt sich in seinem Team nach eigenen Angaben sehr wohl.

Bundesweite Suche nach Fachkräften

Sowohl Produktionsleiter Christiansen als auch Anne Pohl wissen, dass groß angelegte Personaloffensiven, wie sie ihr Unternehmen jetzt startet, von der örtlichen Wirtschaft genauestens beobachtet werden.

„Wenn ein attraktiver Arbeitgeber wie Siemens Gamesa die Belegschaft aufstockt, befürchten die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe in der Region häufig einen Aderlass ihres Personals“, sagt Christiansen. „Doch wir können sie beruhigen, denn wir suchen in diesem Fall bundesweit nach neuen Kolleginnen und Kollegen und fokussieren uns keineswegs ausschließlich auf die Region.“

Weitere Infos zum Unternehmen und zu aktuellen Stellenangeboten gibt es unter siemensgamesa.com/cuxhaven.

Siemens Gamesa

Das börsennotierte Unternehmen Siemens Gamesa Renewable Energy entstand 2017 aus der Fusion von Siemens Wind Power mit dem spanischen Spezialisten Gamesa.

Siemens Gamesa beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter weltweit und erreichte im Jahr 2021 einen Umsatz von 10,2 Milliarden Euro. Über 50 Vertriebsbüros in 39 Ländern sorgen dafür, dass das Unternehmen weltweit vertreten ist.

Bislang hat Siemens Gamesa auf See und an Land Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 125 Gigawatt installiert.

In Cuxhaven werden seit 2018 Wind- turbinen für den Offshore-Bereich produziert. Im Januar 2021 begann die Fertigung des neuen Modells SG 11.0-200 DD, das eine Leistung von elf Megawatt hat.

Lothar Steckel
Autor

Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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