München. Die Volksrepublik China ist einer der wichtigsten Exportmärkte für Bayerns Wirtschaft. Im Jahr 2022 lieferten bayerische Unternehmen Waren im Wert von 18,4 Milliarden Euro ins Reich der Mitte. Damit ist China der drittgrößte Abnehmer für bayerische Produkte nach den USA und Österreich.
Doch die Handelsbeziehungen zu China werden in den USA und der EU immer kritischer betrachtet. Das autokratisch regierte Land fährt eine zunehmend aggressive Wirtschaftspolitik, Anzeichen mehren sich, dass es darüber hinaus eine neue Weltordnung unter chinesischer Führung anstrebt.
Abkopplung vom chinesischen Markt ist der falsche Weg
Wie sollen Bayern, Deutschland, die EU darauf reagieren? China-Experte Volker Stanzel hält nichts davon, Handelskontakte zu China abzubrechen: „Unser Ziel muss die Risikominimierung sein.“ Der ehemalige deutsche Botschafter in China und Japan sowie Politische Direktor des Auswärtigen Amts ist ein ausgewiesener China-Kenner und forscht bei der Stiftung Wissenschaft und Politik zu China, Japan und den USA.
Er hält die neue China-Strategie Deutschlands für angemessen. Die Bundesregierung hatte sie vor der Sommerpause vorgestellt. Auch hier setzt man auf Risikominimierung, also „De-Risking“, im Gegensatz zu „De-Coupling“, das unter anderem die USA verfolgen. Demnach wollen die USA sich schleichend immer weiter vom chinesischen Markt und Einfluss abkoppeln, etwa wichtige Produkte selbst herstellen und den Handel beschränken.
Für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) kommt der Weg des De-Coupling ebenfalls nicht in Betracht, sagt Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt: „Uns verbinden mit China über Jahrzehnte gewachsene Beziehungen.“ Eine Abkopplung von China würde zu dauerhaften Verlusten an Wertschöpfung und Wohlstand führen, prognostiziert eine Studie des Ifo-Instituts, die die vbw in Auftrag gegeben hat.
Die vbw fordert daher: nicht weniger Geschäft mit China, sondern mehr Geschäft mit anderen Ländern, um das Risiko breiter zu streuen. „Die richtige Außenhandelsstrategie ist also aus unserer Sicht, auf mehr Globalisierung zu setzen und nicht auf weniger“, so Brossardt.
EU muss Schwellenländern als Gegeninstanz zu China demokratische Werte anbieten
Das erfordert „eine multipolare Welt mit möglichst freiem Handel und offenen Märkten mit stabilen Wirtschaftsbeziehungen, neue Freihandelsabkommen sowie Rohstoff- und Investitionspartnerschaften überall auf der Welt“, so Brossardt. Denn so könne auch für liberale Werte geworben werden.
Denn diese liberalen Werte werden keineswegs von allen geteilt. China-Experte Stanzel beobachtet: „Die globalen Vielfachkrisen wie Pandemie oder Russland-Krieg haben Schwellenländer des Globalen Südens abgehängt. Sie brauchen eine Perspektive, die ihnen derzeit scheinbar nur die Großmacht China bieten kann.“ Hier müsse die EU als entscheidendes Gegengewicht auftreten und ihnen Wege und gleichberechtigte Partnerschaft in demokratischen Systemen ermöglichen.
Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.
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