Egal ob Hund, Katze oder Hasi – Tiere am Arbeitsplatz sind meist gut für die Stimmung und heben die Laune im ganzen Team. Was man jedoch beachten sollte, wenn man seinen kleinen Liebling mit ins Büro nehmen möchte, erklärt Rechtsanwältin Tabea Benz, Senior Adviser in der Abteilung Arbeitsrecht und Tarifpolitik bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Frau Benz, darf man Tiere einfach so mit ins Unternehmen nehmen?

Nein, man muss vorher fragen. Grundsätzlich fällt diese Entscheidung unter das Direktionsrecht (Weisungsrecht) des Arbeitgebers. Vorgesetzte können also entscheiden, ob und welche Tiere am Arbeitsplatz erlaubt sind. Diese Entscheidung muss der Arbeitgeber auch nicht begründen. Ein Unternehmen könnte also beispielsweise Hunde und Fische erlauben, aber Katzen, Vögel und Meerschweinchen verbieten.

Gibt es dabei auch Ausnahmen?

Ja. Wenn das Mitbringen von Tieren im Arbeitsvertrag oder anderweitig vertraglich ausdrücklich vereinbart ist, dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Tiere aufgrund dieses Vertrags mit an den Arbeitsplatz bringen. Das kommt in der Praxis aber nur sehr selten vor.

Außerdem dürfen Assistenzhunde von blinden oder sehbehinderten Menschen grundsätzlich immer mit an den Arbeitsplatz gebracht werden, und zwar unabhängig davon, ob Hunde im Übrigen verboten sind. Das regelt das Behindertengleichstellungsgesetz. Ein Verbot könnte auch als Diskriminierung von behinderten Menschen gewertet werden. Deshalb raten wir dazu, die Mitnahme von Assistenzhunden grundsätzlich zu erlauben.

Müssen Vorgesetzte alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichbehandeln oder können sie individuell entscheiden?

Wenn es sich um den gleichen Sachverhalt handelt, müssen die Beschäftigten auch gleichbehandelt werden. Wenn Frau Müller ihren Hund mit ins Büro bringen darf, dann kann der Arbeitgeber Herrn Meier also nicht ohne jeden Grund verbieten, ebenfalls seinen Hund mitzubringen.

Bei unterschiedlichen Sachverhalten darf der Arbeitgeber aber Unterschiede machen. Der Arbeitgeber kann also beispielsweise kleine Hunde erlauben, große dagegen nicht. Er kann auch das Mitbringen von einzelnen Rassen generell verbieten. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber außerdem in bestimmten Fällen einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern untersagen, ein ganz bestimmtes Tier mitzubringen, auch wenn alle anderen Beschäftigten ihre Tiere weiterhin mitbringen dürfen.

Braver Bürohund oder aggressiver Dauerkläffer: Wann darf der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin individuelle Verbote aussprechen?

Ein solches individuelles Verbot ist immer dann möglich, wenn es nachvollziehbare, objektive Gründe dafür gibt. Der Arbeitgeber muss das Verbot also sachlich begründen. Ist der Hund der Assistentin beispielsweise ein nerviger Dauerkläffer, der andere beim Arbeiten stört, können Vorgesetzte ihr deshalb verbieten, das Tier weiter mit ins Büro zu bringen.

Kann der Chef oder die Chefin den Hund hingegen einfach nur nicht leiden, rechtfertigt das kein Verbot. Der Arbeitgeber darf eine frühere Erlaubnis sogar nach mehreren Jahren wieder zurückziehen, etwa wenn sich das Verhalten des Tieres im Lauf der Zeit ändert. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein früher ruhiger, friedlicher Hund zunehmend aggressiv wird und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anknurrt oder sogar angreift. Trotz eines solchen individuellen Verbots dürfen alle anderen Beschäftigten ihre Tiere weiterhin mit zur Arbeit bringen.

Hausverbot für den Hund: Was gilt, wenn einzelne Kollegen Angst vor einem Tier haben?

Der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin hat eine Fürsorgepflicht. Dazu gehört auch, dass er für ein angstfreies Arbeitsumfeld sorgen muss. Haben Beschäftigte Angst vor dem Tier, kann das ein Grund für ein Verbot sein. Das gilt selbst dann, wenn von dem Tier objektiv keine Gefahr ausgeht. Es genügt das subjektive Gefühl von Angst. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn jemand panische Angst vor der riesigen, exotischen, aber völlig harmlosen Spinne hat, die ein Kollege in einem geschlossenen Terrarium hält. Allerdings müssen Vorgesetzte bei ihrer Entscheidung auch die Interessen des Tierhalters und der anderen Arbeitnehmer berücksichtigen. Hier hängt vieles vom Einzelfall ab.

Als Faustregel kann man sagen: Je mehr Kolleginnen und Kollegen sich tatsächlich vor einem bestimmten Tier fürchten, desto leichter kann der Arbeitgeber dieses Tier verbieten. Ein Verbot ist in der Regel problemlos möglich, wenn sich nachweislich praktisch niemand mehr in ein bestimmtes Zimmer traut, sobald sich das Tier dort aufhält.

Was, wenn einzelne Beschäftigte im Büro unter einer Allergie leiden?

Selbstverständlich geht die Gesundheit der Beschäftigten vor. Schließlich hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Auch hier hängt vieles vom Einzelfall ab, beispielsweise ob sich der Kontakt mit dem allergieauslösenden Tier aufgrund der räumlichen Gegebenheiten verhindern lässt oder nicht. Sind einzelne Kolleginnen und Kollegen nachweislich allergisch, muss der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin also gegebenenfalls handeln. Wenn es nötig ist, muss er das allergieauslösende Tier verbieten, um die Gesundheit des Allergikers zu schützen.

Wo dürfen die Tiere sich aufhalten?

Das Weisungsrecht greift auch hier. Vorgesetzte können anordnen, dass sich die Tiere nur in bestimmten Räumen aufhalten dürfen. Das ist auch nachvollziehbar, denn in vielen Unternehmensbereichen gelten Hygienevorschriften oder andere Vorgaben, die das Unternehmen einhalten muss. Der Arbeitgeber darf und muss dem Kantinenkoch zum Beispiel verbieten, seinen Hund mit in die Küche zu nehmen.

Wo darf man die Tiere füttern?

Auch hier gilt ein Direktionsrecht. Der Chef oder die Chefin kann festlegen, wo gefüttert wird oder umgekehrt das Füttern in bestimmten Räumen verbieten. Schließlich kann Tierfutter ja unangenehm riechen, unappetitlich aussehen oder die Böden verschmutzen.

Darf ich in Notfällen mein Haustier mit ins Unternehmen mitbringen?

Auch in solchen Ausnahmefällen müsste man Vorgesetzte vorher fragen. Selbst wenn das Haustier dann für einen Tag am Arbeitsplatz geduldet wird, bedeutet das aber nicht, dass damit ab sofort grundsätzlich Haustiere am Arbeitsplatz erlaubt sind.

Müssen Vorgesetzte bei einem Verbot Vorlaufzeiten einhalten?

Egal, ob nur ein einzelnes Tier verboten werden soll oder Tiere am Arbeitsplatz generell untersagt werden sollen: Für ein solches Verbot gibt es keine klaren Fristen. Der Arbeitgeber muss bei solchen Entscheidungen aber ein sogenanntes billiges Ermessen walten lassen. In der Praxis bedeutet das, dass Betroffenen die Gelegenheit gegeben werden sollte, eine neue Betreuung für ihre Tiere zu finden. Im Allgemeinen dürfte dazu eine Vorlaufzeit von etwa ein bis zwei Wochen angemessen sein. In Extremsituationen, beispielsweise wenn ein Hund einen Kollegen angefallen oder sogar verletzt hat, kann dieses Tier aber auch mit sofortiger Wirkung am Arbeitsplatz verboten werden.

Wer haftet für Schäden, die etwa ein Hund anrichtet?

Grundsätzlich haftet nicht der Arbeitgeber, sondern immer der Tierhalter beziehungsweise die Tierhalterin für sämtliche Schäden, die das Tier verursacht. Der Halter trägt die volle Verantwortung, wenn das Tier andere Personen verletzt. Halter müssen auch Sachschäden ersetzen, etwa wenn ein Hund aufspringt und dabei einen teuren Monitor von Schreibtisch reißt. Herrchen oder Frauchen haften aber nicht nur, wenn ein Tier den Schaden aktiv verursacht, sondern auch, wenn das Tier selbst keine direkte Schuld trifft. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Kollegin so unglücklich über den schlafenden Hund stolpert, dass sie sich ein Bein bricht.

Schon im eigenen Interesse sollte jeder Tierhalter und jede Tierhalterin also den Versicherungsschutz klären, bevor er beziehungsweise sie ein Tier mit an den Arbeitsplatz nimmt. Gut zu wissen: Der Arbeitgeber kann eine Erlaubnis auch davon abhängig machen, ob die Haftpflichtversicherung des Tierhalters für Schäden durch das Tier aufkommt.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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