München. Häuser verbrauchen viel Energie, vor allem fürs Heizen. Neues Bauen, besseres Dämmen und cleveres Sanieren sparen Energie und somit CO2. Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft zeigte auf seinem Kongress „Constructing Our Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“, woran geforscht wird und welche neuen Lösungen es da gibt.

Der Bausektor ist mit 66.000 Betrieben, 317.000 Beschäftigten und 40 Milliarden Euro Jahresumsatz wichtig für Bayerns Wirtschaft. Doch Gebäude verbrauchen viele Ressourcen und verursachen hohe Emissionen. Für mehr Klimafreundlichkeit dürfe man nicht nur Neubauten in den Fokus nehmen, so der Rat. Es geht auch um Modernisierung im Bestand. Mehr als drei Viertel der Wohngebäude im Freistaat sind älter als 30 Jahre. Da geht beim Energiesparen noch was, vom Keller bis zum Dach.  

Zur energetischen Sanierung stehen viele praktikable Lösungen bereit, die im Zug der Energiewende gefördert werden, etwa Heizen mit erneuerbaren Energien, Dämmung sowie der Einbau von Photovoltaik oder neuen Fenstern. Was es an neuen Ideen für die Zukunft gibt, zeigte der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft:

  • Wärmepumpen wie die vom Heizungsund Lüftungshersteller Wolf aus Mainburg sind für Neubau und Sanierung geeignet. Über die Fußbodenheizung liefert das nachhaltige System Wärme im Winter und kühlt im Sommer. Für den Austausch einer alten Ölheizung gegen eine neue Anlage gibt es staatliche Zuschüsse für bis zu 50 Prozent der Kosten.
  • Kühlen wird in heißen Sommern immer wichtiger. Das Fraunhofer-Institut IBP im bayerischen Valley hat eine Alternative zu Klimaanlagen: Durch die Heizungsrohre rinnt im Umkehrbetrieb statt warmem Wasser einfach kaltes und senkt so die Raumtemperatur. Das System hat einen guten Kühleffekt, stellten die Forscher beim Test in der Klimakammer fest. In vielen Anlagen ließe es sich leicht nachrüsten.
  • Bauelemente mit Photovoltaik, die fester Bestandteil von Fassaden und Dächern sind, entwickelt das Schwesterinstitut Solare Energiesysteme in Freiburg. Die Module erzeugen nicht nur Strom aus Sonnenlicht, sie dienen zugleich der Wärmedämmung und dem Wind- und Wetterschutz.
  • Neue Materialien helfen beim Dämmen, etwa Rohrkolben (Fachbegriff: Typha). Das Schwamm- und Stützgewebe aus den Blättern der Pflanze ist als Baustoff gut geeignet. Die Firma typha technik aus Schönau hat daraus mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik eine Dämmplatte entwickelt. Sie ist sehr tragfähig und besitzt gute Brandschutzeigenschaften. Das Material bindet zudem CO2, beim Anbau der Rohrkolben werden trockengelegte Moore wieder vernässt. Es dient dem Naturschutz, reinigt nährstoffbelastetes Oberflächenwasser und hält Regenwasser zurück. Vögel können ungestört brüten, die Ernte ist im Winter. Das „Typhaboard“ wurde etwa zum Sanieren von Fachwerk in der Nürnberger Altstadt eingesetzt.
  • Baustoffe sind ebenfalls ein Hebel für Klimaschutz. Denn Stahl und Zement verursachen in der Herstellung viel Treibhausgase. Ersetzt man Stahlarmierungen durch Glasfaserstäbe, spart das Material. Man bettet sie in Kunstharz, das mittels Induktion (wie beim Küchenherd) ausgehärtet wird. Der „Beton ohne Stahl“ lässt sich sogar biegen, er stammt vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung Würzburg. Auch Holz lässt sich schlau mit Beton kombinieren. Dank beheizter Fugen bindet ein neuer Kleber rasch, egal, wie kalt es bei der Verarbeitung auf der Baustelle ist.
  • Bis zum Abriss: Mit digitalen Werkzeugen lässt sich der Lebenszyklus von Gebäuden betrachten: Entwurf, Betrieb und Rückbau. Die Firma v3sta in Unterschleißheim arbeitet nach dem Ansatz.Sie plant energieeffiziente Anlagen, analysiert das Raumklima und erstellt Ökobilanzen. Auch Software von Caala aus München ermöglicht energetische, wirtschaftliche und ökologische Optimierung von Gebäuden über die gesamte Lebenszeit. Am 3-D-Modell lassen sich Varianten durchspielen und der jeweilige Energieverbrauch ermitteln.
  • Kreisläufe stützen Nachhaltigkeit, durch mehrfaches Verwenden von Baumaterial und Rückgewinnung der Rohstoffe („Urban Mining“). Die TU München forscht dazu mit digitalen Modellen. Ziel ist die Rohstoffkartierung von Bayerns Wohngebäuden. Man will ermitteln, welches Material da verbaut ist. Schließlich könnte man es in Zukunft noch mal gebrauchen.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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