Berlin. Die tägliche Mittagspause ist selbstverständlich. Der Anspruch auf Pausen ist sogar gesetzlich verankert, und zwar im Arbeitszeitgesetz aus dem Jahr 1994. Ariane Liske, Juristin und Expertin für Arbeitsrecht bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, beantwortet die wichtigsten Fragen im Interview:
aktiv: Wie lange Pausen stehen mir zu?
Liske: Wer weniger als sechs Stunden pro Tag arbeitet, hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Pausen. Bei Arbeitszeiten zwischen sechs und neun Stunden gibt es mindestens 30 Minuten, bei längerer Arbeitszeit 45 Minuten. Die Pausenzeiten dürfen auch länger sein, aber nicht kürzer.
Darf ich mittags durcharbeiten und dafür früher gehen?
Liske: Nein, es ist laut Gesetz verboten, die Pause an den Anfang oder das Ende der Arbeitszeit zu legen.
Kann ich freiwillig auf meine Pausen verzichten?
Liske: Nein, Pausen dienen dem Schutz des Mitarbeiters. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten ihre Pausen auch tatsächlich einhalten. Tut er es nicht, ist das eine Ordnungswidrigkeit, die das Unternehmen bis zu 30.000 Euro kosten kann. In vielen Unternehmen werden die Pausenzeiten deshalb direkt in die Zeiterfassung einprogrammiert. Dem Mitarbeiter wird die Pause also automatisch abgezogen, wenn er nach mehr als sechs Stunden noch arbeitet.
Wie lang muss meine Pause mindestens sein?
Liske: Eine Pause muss mindestens 15 Minuten dauern. Eine Gesamtzeit von 30 Minuten könnte theoretisch also auch durch zwei Pausen à 15 Minuten erreicht werden. In der Praxis hat sich allerdings eine zusammenhängende Mittagspause von mindestens 30 Minuten durchgesetzt, damit der Mitarbeiter beispielsweise in die Kantine gehen kann.
Kann der Chef bestimmen, wann ich Mittag mache?
Liske: Ja, dies fällt unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Allerdings muss er dabei gegebenenfalls die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Der Chef darf also festlegen, dass die Mittagspause beispielsweise von 12:00 Uhr bis 12:30 geht. Das ist in bestimmten Bereichen auch nicht anders machbar, beispielsweise am Fließband. In vielen Firmen ist es aber inzwischen üblich, dass die Mitarbeiter selbst entscheiden dürfen, wann sie zu Tisch gehen.
Muss ich für die Mittagspause ein- und ausstempeln?
Liske: Ja, dies gehört zum Weisungsrecht des Arbeitgebers. Schließlich muss er gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen können, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten auch tatsächlich eingehalten werden. Wenn der Chef also angeordnet hat, dass sich Mitarbeiter in den Pausen ein- und ausstempeln müssen, muss man sich auch daran halten. Tut man es nicht, ist dies ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten.
Muss die Mittagspause bezahlt werden?
Liske: Nein, Pausenzeiten gehören nicht zur bezahlten Arbeitszeit.
Was gilt, wenn ich die Mittagspause überziehe?
Liske: Grundsätzlich muss der Mitarbeiter die vorgesehenen Pausenzeiten einhalten. Der Arbeitgeber kann also verlangen, dass überzogene Pausenzeiten nachgearbeitet werden. Kommt ein Mitarbeiter ständig zu spät aus der Pause, kann das zu Abmahnungen und sogar zur Kündigung führen. Unter Umständen kann dies auch als Arbeitszeitbetrug gewertet werden.
Darf ich in der Mittagspause das Unternehmen verlassen?
Liske: Ja, es handelt sich ja nicht um Arbeitszeit. Grundsätzlich gilt: Das „Wo“ und das „Wie“ der Pause bestimmt der Arbeitnehmer.
Darf ich am Arbeitsplatz essen?
Liske: Grundsätzlich ist das möglich. Hat der Arbeitgeber aber angewiesen, dass ausschließlich im Aufenthaltsraum gegessen werden darf, muss sich der Mitarbeiter daran halten. Das ist in manchen Firmen ja auch aus hygienischen Gründen notwendig, beispielsweise in Laboren. Natürlich kann man aber das Unternehmen verlassen, um beispielsweise im Park oder in einem Café zu essen.
Darf ich während der Mittagspause Besuch am Arbeitsplatz bekommen, zum Beispiel von meinem Kind?
Liske: Der Arbeitgeber hat das Hausrecht. Wenn er Außenstehenden das Betreten der Betriebsräume gestattet, ist ein solcher Besuch möglich.
Darf ich in der Mittagspause privat am Firmencomputer surfen?
Liske: Wenn die private Nutzung von Betriebseigentum, wie IT oder Telefonen, grundsätzlich erlaubt ist, dann darf der Mitarbeiter die Geräte auch in der Pause benutzen. Ist es verboten, gilt das natürlich auch in der Mittagspause. Aber natürlich kann man in der Pause private Geräte benutzen, beispielsweise das eigene Smartphone.
Muss ich die Mittagspause unbedingt zusammen mit den Kollegen verbringen?
Liske: Nein, jeder Mitarbeiter entscheidet völlig frei, wo und wie er seine Pause verbringen will. Es ist freiwillig, wenn ganze Abteilungen geschlossen zu Tisch gehen. Wer keine Lust dazu hat, kann seine Pause auch anderswo verbringen.
Werden Wartezeiten oder Leerlauf auf die Pausenzeiten angerechnet?
Liske: Nein. Kann der Arbeitnehmer nicht arbeiten, weil beispielsweise ein Computer oder eine Maschine defekt sind oder weil gerade Leerlauf herrscht, darf dies nicht als Pausenzeit gewertet werden. Laut Gesetz muss die Pause nämlich im Voraus festgelegt werden. Es muss klar sein: Jetzt beginnt die Pause und dann und dann endet sie. Wenn Mitarbeiter beispielsweise darauf warten, dass ein Maschinenschaden behoben wird, darf dies also nicht nachträglich zur Mittagspause erklärt werden.
Bin ich in der Mittagspause versichert?
Liske: Nein, da es sich nicht um Arbeitszeit handelt, ist der Mitarbeiter in dieser Zeit auch nicht versichert. Wegezeiten sind aber versichert, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich mit der „Motivation der Nahrungsaufnahme“ unterwegs ist, wie Juristen das nennen. Geht man also beispielsweise zum Essen in die Kantine, sind der Hin- und Rückweg versichert, der Aufenthalt in der Kantine selbst aber nicht. Geht der Arbeitnehmer dagegen in der Mittagspause draußen spazieren oder erledigt er auch private Besorgungen, hat er in dieser Zeit keinen Versicherungsschutz.
Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.
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