Immerhin die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland fühlt häufig Zeit- und Leistungsdruck im Berufsleben, rund ein Drittel lässt deshalb schon mal die Mittagspause ausfallen. Doch das ist keine gute Idee: Wer häufig auf diese Unterbrechungen verzichtet, schadet damit nicht nur auf Dauer seiner Gesundheit, sondern leistet womöglich auch schlechtere Arbeit, weiß Johannes Wendsche. Der promovierte Psychologe ist Experte fürs Thema bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dresden.
Im Arbeitsrecht sind deshalb Pausen schon seit mehr als 100 Jahren Vorschrift (siehe folgenden Infokasten). Aus gutem Grund, denn man hat festgestellt: Regelmäßige Pausen steigern nicht nur die Leistung durch eine bessere Konzentrationsfähigkeit, sondern auch die Motivation, weil kürzere Arbeitsabschnitte dazu anreizen, sich mehr anzustrengen.
Was das Arbeitsrecht zu Pausen sagt
- Laut Arbeitszeitgesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Angestellten Ruhepausen zu gestatten.
- Abhängig von der Arbeitszeit ist die Dauer der Pausen festgelegt: Wer mehr als sechs Stunden arbeitet, hat Anspruch auf insgesamt 30 Minuten Auszeit, beträgt die Arbeitszeit wenigstens neun Stunden, steigt die Pausenzeit auf 45 Minuten.
- Die Pausenzeit darf auf mehrere Blöcke aufgeteilt werden, diese müssen jedoch mindestens 15 Minuten dauern.
- Den ganzen Tag durchzuarbeiten, um entsprechend früher gehen zu können, ist nicht gestattet.
- Hiervon abweichende Regeln sind möglich, beispielsweise in bestimmten Branchen oder per Tarifvertrag.
- Da die Ruhepause nicht zur Arbeitszeit zählt, wird sie in der Regel nicht vergütet.
- Diese Vorschriften gelten auch für die Arbeit im Homeoffice.
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Pausen verringern Fehleranfälligkeit
Außerdem gilt: Wenn Kollegen die Pause miteinander verbringen, stärkt das das Zugehörigkeitsgefühl. Durch gemeinsame Gespräche entwickelt man Bewältigungsstrategien, beispielsweise auch für belastende Situationen. So verbessert sich oft auch das Betriebsklima. Kreativität oder Lernprozesse werden durch Pausen ebenfalls gefördert. Ein weiterer Aspekt: „Pausen reduzieren die Fehleranfälligkeit und dadurch das Risiko für Arbeits- und Wegeunfälle“, erklärt Wendsche.
Auch die Gesundheit der Mitarbeiter leidet, wenn sie immer wieder Pausen wegfallen lassen. Denn Menschen sind durch ihre Arbeit sowohl physisch als auch psychisch beansprucht und müssen ihre Kräfte regelmäßig wieder auffüllen. Mit ständiger Überforderung steigen zum Beispiel das Stresslevel und sogar die Anfälligkeit für einen Burn-out.
Regelmäßige Pausen erhöhen Leistungsfähigkeit
Das Innehalten lohnt sich doppelt: Nicht nur das persönliche Wohlbefinden und die Arbeitszufriedenheit sind höher, sondern unterm Strich leisten Mitarbeiter, die regelmäßig ihre Pausenzeiten einhalten, sogar mehr, als wenn sie ununterbrochen durchgearbeitet hätten – so profitiert letztendlich auch das Unternehmen von einem guten „Pausenverhalten“.
Warum verzichten viele Mitarbeiter dann auf die Pause?
Dies hat nach Beobachtungen des Experten mehrere Gründe. Zum einen hat es mit der Arbeit selbst zu tun. Wenn die Arbeitszeit sehr vollgepackt ist und auch anspruchsvolle Tätigkeiten unter großem Termindruck erledigt werden müssen, denken viele, sich keine Pause leisten zu können. „Der Mensch möchte in der Regel erst eine Aufgabe beenden, bevor er eine Pause macht. Ist das nicht zu schaffen, weil die Aufgabe zu umfangreich ist, neigen viele Menschen dazu, auch die Pausenzeit für die Arbeit zu verwenden“, sagt der Psychologe.
Genauso trägt die Persönlichkeit manchmal dazu bei, Pausenzeiten zu vernachlässigen, ergänzt Wendsche: „Wer dazu tendiert, sich bei der Arbeit zu verausgaben, kann nicht gut abschalten.“ Eine starke Identifikation mit der Arbeit habe denselben Effekt.
Letztendlich tragen auch manche Vorgesetzte dazu bei, dass Mitarbeiter die Pause ausfallen lassen. Verzichtet der Chef selbst häufig darauf, glauben auch Mitarbeiter, sich keine Auszeit nehmen zu dürfen. So ist es auch eine Aufgabe des Unternehmens, für ein gutes Pausenklima zu sorgen.
Wie merkt man, dass man reif für eine Pause ist?
Auf den Körper kann man sich da nicht verlassen. „Der gibt kaum Signale“, sagt der Experte: „Verspürt man ein Müdigkeitsgefühl, hat man sich sogar schon zu sehr verausgabt.“ Erste Anzeichen sind beispielsweise nachlassende Konzentrationsfähigkeit oder die Häufung von Fehlern. „Bei Erschöpfung kommt es auch zu sogenannten maskierten Pausen. Man bleibt zwar am Arbeitsplatz, arbeitet aber nur scheinbar weiter und klickt vielleicht im Internet ganz andere Seiten an.“
Dieses „Faulenzen im virtuellen Raum“ nehme immerhin rund 5 bis 10 Prozent der Arbeitszeit in Anspruch, so der Experte. Leider sind diese kleinen Fluchten weniger erholsam als eine reguläre Pause, die man in vollem Bewusstsein auskostet. Wer also merkt, dass er von seiner eigentlichen Tätigkeit abschweift, kann stattdessen besser eine komplett andere Tätigkeit dazwischenschieben. Kommt man beispielsweise mit dem Verfassen eines Berichts nicht weiter, kann es helfen, für eine gewisse Zeit eine langweilige Routineaufgabe zu erledigen und sich anschließend mit frischem Kopf wieder dem Schreiben zu widmen.
Aufgaben und Arbeitstag planen
Wer immer wieder Probleme hat, seine Pausenzeiten einzuhalten, sollte den Arbeitstag im Voraus planen, rät Wendsche – einschließlich der Auszeiten. Sinnvoll ist, sich die am Tag zu erledigenden Aufgaben vor Augen zu führen und zu überschlagen, welche Zeit sie jeweils beanspruchen. Und dann aufgepasst: Weil der Mensch grundsätzlich dazu tendiert, diesen Zeitbedarf zu knapp zu kalkulieren, empfiehlt der Psychologe, diese Zeit mal 1,5 zu nehmen – so erhält man einen realistischen Wert. Die Pausen sollten jeweils so gelegt werden, dass ein Arbeitsschritt beendet ist, bevor die Auszeit beginnt.
Den eigenen Rhythmus zwischen Arbeits- und Pausenphasen finden
Welche Einteilung der Pausen sinnvoll ist, hängt wiederum von den individuellen Voraussetzungen ab. Bei komplexen Aufgaben braucht man in der ersten Hälfte der Arbeitszeit oftmals keine Pause, dafür in der zweiten Hälfte vielleicht mehrere oder längere, weil dann auch die körperliche Ermüdung dazukommt. Zu viele kleine Unterbrechungen wiederum können schaden, weil sie den Arbeitsfluss stören und man sich dann immer wieder aufs Neue in die Materie eindenken muss. Hier muss man eventuell erst ein bisschen probieren, bis man den richtigen Rhythmus für sich gefunden hat.
In der Pause am besten den Arbeitsplatz verlassen
Auch die Gestaltung der Pause hat erheblichen Einfluss auf ihre Wirkung. Damit man sich richtig erholt, muss man gut abschalten und sich mental wie auch körperlich entspannen können – sich also ein Stück weit von der Arbeit distanzieren. Ratsam ist es also, den Arbeitsplatz zu verlassen und zum Beispiel in einen Pausenraum zu gehen. Oder noch besser an die frische Luft! Wer das Glück hat, einen Park in der Nähe des Arbeitsplatzes zu haben, findet dort beste Voraussetzungen. Wendsche: „Der Aufenthalt in der Natur hat nachgewiesenermaßen einen großen Erholungseffekt.“
Klappt es trotz Planung nicht mit der Einhaltung von regelmäßigen Pausen, hilft ein Arbeitszeitenprotokoll, in dem man Tätigkeiten und Pausenzeiten notiert, und sich so bewusst macht, wie der Arbeitstag verläuft und welche Gewohnheiten man hat. Stehen diese dem Einhalten der Pausen entgegen, kann die Methode des „mentalen Kontrastierens“ helfen, hier eine Verhaltensänderung zu erreichen: „Dabei geht man das Problem in drei Schritten an, indem man sich fragt: Was wünsche ich mir? Was hält mich davon ab? Was kann ich tun?“, erläutert Wendsche. Das zahlt sich aus: Wer nach einem gut verlaufenen Arbeitstag, indem viel geschafft wurde und trotzdem die Pausen eingehalten wurden, nach Hause fährt, kann dann auch den Feierabend richtig genießen.
Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.
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