Mit flexiblen Arbeitszeiten lassen sich berufliche und private Wünsche leichter in Einklang bringen. Dabei geht es nicht nur um das Ansparen von Zeiten für den einen freien Tag zwischendurch oder um ab und zu früher Feierabend machen zu können. Sondern auch darum, einmal einige Monate am Stück freizuhaben, um eine lang geplante größere Reise umzusetzen oder eventuell früher in den Ruhestand zu starten – und ohne während dieser Zeit auf Lohn oder Gehalt verzichten zu müssen.

Das lässt sich mit einem sogenannten Lebensarbeitszeitkonto, auch Wertguthaben oder Zeitkonto, erreichen: „Dort werden Arbeitszeiten angespart, die für längere Freistellungen genutzt werden können“, erklärt Kerstin Plack, Arbeitsrechtlerin bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Doch aufgepasst: Lebensarbeitszeitkonten dürfen nicht mit herkömmlichen Arbeitszeitkonten verwechselt werden, die für den kurzfristigen Ausgleich beispielsweise von Überstunden oder bei Schwankungen im Arbeitsanfall dienen.

Ein Lebensarbeitszeitkonto muss explizit vereinbart werden

Wenn ein Arbeitnehmer ein Lebensarbeitszeitkonto führen möchte, muss er dies mit seinem Arbeitgeber ausdrücklich vereinbaren. Häufig gibt es als Rahmen einer solchen individuellen Vereinbarung einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung. Manche Tarifverträge beinhalten hierzu Regeln, etwa in der Metall- und Elektro- oder der Chemie-Industrie. Da die Regeln zur Führung eines Lebensarbeitszeitkontos für die Unternehmen recht kompliziert sind, bieten bisher vor allem größere Unternehmen diese Möglichkeit an, so Plack.

In die getroffene Vereinbarung wird bereits die beabsichtigte Verwendung des Zeitguthabens mit aufgenommen. „Dies kann zum Beispiel ein Sabbatical, der frühere Eintritt in den Ruhestand oder eine Weiterbildung sein, aber auch die Wahrnehmung gesetzlicher Freistellungsrechte wie Pflege- oder Elternzeiten“, sagt Kerstin Plack. Gefüllt wird das Konto dann beispielsweise mit Überstunden oder mit eventuell übertariflich vereinbarten Urlaubstagen. „Auch ein regelmäßiger Verzicht auf einen Teil des Gehalts, der für die spätere Auszeit verwendet wird, ist möglich“, ergänzt Plack. Was man sonst noch über ein Sabbatjahr wissen sollten, lesen Sie auf aktiv-online.de.

Während der Freistellung bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen

Wichtig zu wissen: Das Zeitguthaben wird immer als Geldwert geführt. Und in der Freistellungsphase wird dann dieses Guthaben aufgezehrt. „Das Beschäftigungsverhältnis besteht in dieser Zeit fort, und der Angestellte bekommt währenddessen weiter ein Gehalt gezahlt“, erläutert Plack. Das muss in der Freistellungszeit ungefähr derselben Höhe entsprechen wie sein reguläres Entgelt. So ist es zum Beispiel nicht möglich, durch eine äußerst spartanische Lebensweise eine sehr lange Freistellungszeit zu erreichen. Auch die Sozialabgaben werden regulär weitergezahlt.

Das Wertguthaben ist bei Insolvenz des Unternehmens geschützt

Da die Ansparung der Zeitguthaben über einen etliche Jahre dauernden Zeitraum erfolgt, sind die Unternehmen gesetzlich verpflichtet, sie gegen Insolvenz abzusichern. Das geschieht zum Beispiel mit Wertpapierfonds oder Versicherungen. Ob der Insolvenzschutz ausreichend ist, überprüft regelmäßig die Rentenkasse. Ist der Schutz nicht gewährleistet, kann die Rentenkasse eine Nachsicherung verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, ist die Wertguthabenvereinbarung unwirksam und muss aufgelöst werden. Damit die Mitarbeiter einen Überblick über ihre angesparten Zeitguthaben behalten, bekommen sie zudem regelmäßig einen Kontoauszug: „Der Arbeitgeber muss dem Mitarbeiter einmal pro Jahr einen Überblick über sein angespartes Guthaben geben“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Plack.

Das Lebensarbeitszeitkonto im neuen Job weiterführen

Möchte der Angestellte während der Ansparphase für das Wertguthaben die Stelle wechseln, gibt es hierfür zwei Möglichkeiten: „Bietet der neue Arbeitgeber ebenfalls Lebensarbeitszeitkonten an, kann der Mitarbeiter sein Konto zum neuen Unternehmen mitnehmen und dort weiterführen“, so Plack. Für den Fall, dass diese Möglichkeit nicht besteht, kann das bisher angesparte Guthaben unter bestimmten Voraussetzungen in die Obhut der Rentenkasse übertragen werden. „Auch dann kann der Angestellte es nutzen, allerdings nur für gesetzlich festgelegte Zwecke wie zum Beispiel für Pflegezeiten.“

Bei „Störfällen“ wird das Guthaben ausgezahlt

Allerdings kann es über einen langen Zeitraum auch zu Situationen kommen, in denen das Zeitguthaben nicht wie ursprünglich beabsichtigt eingesetzt werden kann. Zu diesen sogenannten Störfällen zählen etwa die Berufsunfähigkeit des Mitarbeiters oder auch dessen Tod. Auch eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein Störfall sein. Die Juristin erklärt: „Dann wird das angesparte Zeitguthaben rückabgewickelt und ausgezahlt.“ Auch dass sich die persönlichen Pläne doch wieder ändern, ist nicht ausgeschlossen: Möchte ein Mitarbeiter das Zeitguthaben nicht mehr wie einstmals vorgesehen zum Beispiel für ein Sabbatical einsetzen, ist eine einvernehmliche Einigung mit dem Arbeitgeber nötig. Einigen sich beide Parteien über die Auflösung des Guthabens, wird es ebenfalls ausgezahlt.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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