Berlin. Draußen ist es bitterkalt – logisch, dass es dann drinnen mollig sein soll. „Der Mieter hat einen Anspruch darauf, dass in der Wohnung eine gewisse Mindesttemperatur herrscht“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. Wie hoch die sein muss, dazu gibt es aber keine festen Regeln. Als groben Anhaltspunkt nennt Hartmann eine Mindesttemperatur von 20–22 Grad in den Wohnräumen. Nebenräume wie das Schlafzimmer oder die Diele dürfen auch kühler sein.

Es ist übrigens egal, ob im Mietvertrag eine bestimmte Heizperiode vereinbart ist, beispielsweise von Oktober bis April: „Wenn die Wohnung wegen eines Kälteeinbruchs nicht warm genug ist, muss der Vermieter sogar im Hochsommer die Heizung anstellen“, erklärt die Juristin. Die meisten Vermieter haben damit auch gar kein Problem, weil die Heizkosten vom Mieter bezahlt werden. Außerdem laufen heutzutage viele Heizungsanlagen sowieso das gesamte Jahr, weil sie auch das warme Wasser bereiten.

Hauptproblem: Heizungsausfall

Ärger gibt es in der Praxis vor allem, wenn die Heizung kaputtgeht, das zeigen die Beratungen des Mieterbundes: „Sobald die Heizung ausfällt, muss man den Vermieter umgehend informieren“, sagt Hartmann. Dazu reicht ein Anruf oder sogar eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter des Vermieters. Mieter, die mit Ärger rechnen, sollten ihn aus Beweisgründen besser (zusätzlich) schriftlich informieren, also entweder per E-Mail oder per Fax.

Der Vermieter muss sich dann darum kümmern, dass der Schaden schnellstmöglich beseitigt wird. Welcher Zeitrahmen dabei angemessen ist, hängt von der konkreten Situation ab: Bei einem Heizungssausfall am Sonntagabend um 23 Uhr wird sich der Mieter normalerweise bis zum Montagmorgen gedulden müssen. Streikt die Heizung dagegen am Donnerstagnachmittag vor Ostern, muss man nicht über die gesamten Feiertage frieren. Und natürlich hängt es auch von den Außentemperaturen ab: Bei extremen Minusgraden muss der Vermieter schneller eine Lösung finden als an einem milden Herbsttag, an dem die Wohnung nicht so rasch auskühlt.

Mehr zum Thema

Das Evonik-Werk Rheinfelden umfasst 378.000 Quadratmeter, das sind 53 Fußballfelder. Hier arbeiten rund 1.200 Beschäftigte.
Wärme und Strom – hier liefert die Industrie beides klimaneutral

Nachhaltig: Rheinfelden heizt mit Abwärme von Evonik

mehr

Notdienst nicht selbst rufen

Reagiert der Vermieter nicht, empfiehlt Hartmann, ihm eine schriftliche Mahnung zu schicken und damit zu drohen, selbst die Handwerker zu beauftragen. Dann heißt es wieder einige Tage warten, ob der Vermieter nun endlich aktiv wird. Welche Fristen dabei angemessen sind, hängt von der Situation ab, je eisiger und damit dringender es ist, desto kürzer.

Passiert nach der Mahnung nichts, darf der Mieter selbst einen Handwerker beauftragen. Auch wenn man nachweislich (!) trotz aller Bemühungen keine Möglichkeit hat, einen zuständigen Ansprechpartner zu erreichen, darf man selbst eine Reparatur beauftragen. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn am Wochenende kein Mieter die Notfall-Nummer des zuständigen Verwalters kennt. „Das gilt aber nur in echten Notsituationen, wenn die Temperatur in der Wohnung absolut unzumutbar ist“, warnt Hartmann. Ansonsten muss man sich eben übergangsweise behelfen, beispielsweise mit Radiatoren.

Bevor man Handwerker herbeitelefoniert, sollte man sich unbedingt beraten lassen etwa beim Mieterverein oder beim Anwalt. „Der Mieter trägt das Risiko, teilweise auf der Rechnung sitzen zu bleiben, da der Vermieter nur notwendige Kosten erstatten muss“, sagt Hartmann. Und was wirklich notwendig war, darüber gibt es gerade bei großen, teuren Reparaturen nicht selten Streit.

Druckmittel Mietminderung

In der Praxis muss der Mieter also meist abwarten, bis der Vermieter die Heizung reparieren lässt. Trotzdem hat er ein Druckmittel: die Mietminderung. „Theoretisch könnte der Mieter sofort die Miete mindern, sobald die Wohnung zu kalt ist“, sagt Hartmann. In der Praxis macht eine Mietminderung aber nur Sinn, wenn die Heizung länger ausfällt, denn: Die Minderung gilt nicht für den gesamten Monat, sondern muss tagesgenau abgerechnet werden. Friert man beispielsweise drei Tage und wäre eine Mietminderung von 30 Prozent pro Monat angemessen, dürfte man folglich nur die Miete für diese drei Tage mindern, im Beispiel also um 3 Prozent.

Der größte Streitpunkt bei diesem Thema: Es gibt keine klaren Regelungen, welche Minderung angemessen ist. Als Faustregel nennt Juristin Hartmann: „Je kälter die Wohnung und je mehr Zimmer betroffen sind, desto höher ist die mögliche Mietminderung.“ Ist eine acht Grad kalte Wohnung praktisch komplett unbewohnbar, würde wohl jeder Richter eine Minderung von 100 Prozent bestätigen. Sorgt dagegen ein kaputtes Thermostat im Kinderzimmer für unangenehme, aber noch erträgliche 18,5 Grad Raumtemperatur, können schon 10 Prozent Minderung zu viel sein.

Nicht selten streiten sich die Parteien sogar vor Gericht, welche Kürzung denn nun angemessen ist. „Der Mieter muss im Zweifel beweisen können, wann welche Temperaturen in der Wohnung geherrscht haben“, sagt Hartmann. Deshalb rät er Betroffenen, die Temperaturen regelmäßig zu messen und zu dokumentieren, am besten vor Zeugen. Um kostspielige Auseinandersetzungen möglichst zu vermeiden, empfiehlt Hartmann, sich vor jeder Mietminderung beraten zu lassen. Bei einer überzogenen Kürzung kann der Vermieter nämlich wegen Mietrückstands kündigen.

Ist jedoch klar, welcher Betrag angemessen ist, ist der Rest ganz unkompliziert: Man überweist im nächsten Monat ganz einfach weniger Miete. Denn Mietminderungen muss man vorher nicht ankündigen.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

Alle Beiträge der Autorin