Wer eine gute, günstige Wohnung gefunden hat, will meist so lange wie möglich darin wohnen. Manchmal wird deshalb ein Kündigungsverzicht im Mietvertrag empfohlen, der vor Kündigungen schützen soll. Worum geht es dabei? „Es handelt sich um einen klassischen Mietvertrag mit der Klausel, dass die Wohnung für eine bestimmte Zeit nicht gekündigt werden kann“, erklärt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.
Dieser Kündigungsschutz gilt für beide Seiten; sowohl der Mieter als auch der Vermieter sind daran gebunden. „Der Schutz betrifft jedoch nur ordentliche Kündigungen, fristlose Kündigungen sind weiterhin möglich“, erläutert die Juristin. Wer die Miete nicht ordnungsgemäß zahlt, Mitmieter bedroht oder sich anderweitig daneben benimmt, muss also trotz Kündigungsverzicht mit einem Rausschmiss rechnen. Das gilt auch umgekehrt: Ist die Wohnung beispielsweise in einem unzumutbaren Zustand, kann der Mieter trotz Kündigungsverzicht ausziehen – allerdings erst, wenn der Vermieter das Problem trotz entsprechender Beschwerden nicht gelöst hat.
Wie lange läuft der Kündigungsverzicht?
Praktisch alle Mietverträge sind sogenannte Formularverträge. Das sind Standardverträge, die man beispielsweise im Schreibwarenladen kaufen kann oder von Eigentümerverbänden und anderen Organisationen zur Verfügung gestellt bekommt. Den Vertrag gibt es zum Beispiel auch beim Deutschen Mieterbund zum Download (mieterbund.de/mietvertrag). „Bei Formularverträgen darf der Kündigungsverzicht für maximal vier Jahre vereinbart werden“, sagt Jutta Hartmann. Kürzere Zeiträume gehen natürlich auch. Nur wenn der Mietvertrag ein sogenannter Individualvertrag ist, darf der Kündigungsverzicht auch länger als vier Jahre laufen. Das kommt aber fast nie vor, denn dabei handelt es sich um Mietverträge, die in allen Details ganz individuell nur mit diesem einzigen Mieter ausgehandelt wurden.
Was, wenn man vorher ausziehen will?
Der Sinn eines Kündigungsverzichts ist es gerade, dass die Kündigung des Mietvertrags für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist. „Im Normalfall kommen beide Parteien nicht aus dem Vertrag heraus“, sagt Jutta Hartmann. Ausnahme: Beide einigen sich, den Mietvertrag vorzeitig aufzuheben. Auch Familienzuwachs, berufliche Veränderungen oder selbst eine schwere Erkrankung sind per se kein Grund für eine vorzeitige Kündigung – man muss die Miete also grundsätzlich trotzdem bis zum Stichtag weiterzahlen. „Der Mieter hat allerdings die Möglichkeit, die Wohnung unterzuvermieten“, erklärt die Expertin.
Dabei gelten die üblichen Regelungen: Grundsätzlich muss der Vermieter der Untervermietung zustimmen. Will der Mieter die gesamte Wohnung vollständig untervermieten, kann der Vermieter dies verbieten. Will er nur einzelne Zimmer, also nur einen Teil der Wohnung, untervermieten, hat der Mieter in vielen Fällen einen Anspruch auf die Zustimmung des Vermieters. Mehr zum Thema Untervermietung lesen Sie auf aktiv-online.de.
Welche Besonderheiten gelten während des Kündigungsverzichts?
„Ein Mietvertrag mit Kündigungsverzicht ist ein ganz normaler Mietvertrag“, sagt Hartmann. Abgesehen vom Kündigungsverzicht gibt es also keinerlei Besonderheiten, Nebenkostenabrechnungen laufen wie gewohnt; Mieterhöhungen und Modernisierungen sind weiterhin möglich.
Wie geht es nach der Mietfrist weiter?
„Ist der Kündigungsverzicht ausgelaufen, wird der Mietvertrag zu einem unbefristeten Mietvertrag, bei dem die üblichen Kündigungsfristen gelten“, erklärt die Juristin. Mieter können dann jederzeit ohne Grund mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Vermieter brauchen einen Kündigungsgrund (in der Regel Eigenbedarf) und müssen – je nach Mietdauer – eine Kündigungsfrist von drei bis neun Monaten einhalten.
Will eine der beiden Parteien das Mietverhältnis zum Ende des Kündigungsverzichts auch tatsächlich beenden, muss dazu die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten werden. Sie startet aber nicht erst im Anschluss an den Kündigungsverzicht. Vielmehr dürfen sowohl der Mieter als auch der Vermieter die Kündigung entsprechend vorher aussprechen, sodass man exakt zum Stichtag auch tatsächlich ausziehen muss.
Ist ein Kündigungsverzicht im Mietvertrag sinnvoll?
„Grundsätzlich haben Mieter im deutschen Mietrecht eine relativ starke Stellung“, sagt Jutta Hartmann. Wer seine Miete ordnungsgemäß zahlt und sich auch sonst nichts zuschulden kommen lässt, ist in Deutschland auch ohne Kündigungsverzicht schon recht gut vor Kündigungen durch den Vermieter geschützt. „Aber: Wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend macht, können Mieter eine solche Eigenbedarfskündigung in den meisten Fällen nicht verhindern, da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sehr vermieterfreundlich ist“, sagt Hartmann.
Der Kündigungsverzicht im Mietvertrag bietet deshalb zusätzliche Sicherheit: Der Mieter kann sich darauf verlassen, dass in dieser Zeit keine Eigenbedarfskündigungen kommen. Umgekehrt kann der Vermieter sicher mit den Mieteinnahmen kalkulieren. Das funktioniert aber nur, wenn schon weitgehend absehbar ist, wie das Leben in den nächsten Jahren weiterlaufen wird. Ist jetzt schon klar, dass man demnächst vielleicht aus beruflichen oder privaten Gründen umziehen muss, ist ein Kündigungsverzicht ein Nachteil, weil er die Flexibilität einschränkt.
Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.
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