Frankfurt. Mit weltweit 4.500 Mitarbeitern, davon gut 2.000 am Firmensitz in Frankfurt, zählt die Samson AG zu den führenden Prozessautomatisierern für die Steuerung und Regelung von Flüssigkeiten und Gasen. Kernkompetenz sind Stellventile, die etwa den Durchfluss solcher Stoffe regeln. aktiv sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Widl über smarte Ventile und den digitalen Wandel in einem mehr als 100 Jahre alten Traditionsunternehmen.

Was kann Samson besonders gut?

Wir stellen Ventile sowie ganze Regelsysteme für die Prozessindustrie her. Die braucht man, wenn man den Durchfluss beziehungsweise den Druck von Gasen oder Flüssigkeiten sicher regeln will. Das gilt für viele Anwendungen in der Industrie, egal ob es um die Produktion von Benzin, Hustensaft, Bier oder auch um Impfstoffe geht. Wir produzieren traditionell fast alles selbst, vom handgroßen Regler bis zu mannhohen Ventilen. 

Welche Rolle spielt Digitalisierung?

Wir befinden uns mitten in einer Transformation, bei der die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielt. Durch sie entwickeln wir uns von der Ventilmanufaktur zur smarten Fabrik mit intelligenten Produkten und transparenten Prozessen. Wir nutzen neue Technologien, um alte und neue Probleme zu lösen, um die eigene Produktivität zu steigern, auch um Energie und Geld zu sparen. Wir investieren in additive Fertigungsverfahren wie den 3-D-Druck, um neue strömungsmechanische Lösungen im Ventil zu finden. Wir entwickeln Algorithmen zur Selbstdiagnose unserer Ventile, um unseren Kunden von der Norm abweichende Prozesszustände frühzeitig mitzuteilen. Nur mit kontinuierlicher Innovation halten wir Marktbegleiter auf Abstand.

Werden auch Produkte digitaler?

Ja. Wir haben als Erste einen kommunikationsfähigen, digitalen Stellungsregler vor Jahrzehnten in den Markt gebracht. Der Stellungsregler bestimmt, wie das Ventil den Durchfluss oder Druck des Mediums steuert. Dieser Regler erfasst weit über 1.000 Datenpunkte, die aber in dieser Form dem Kunden keinen Mehrwert bringen. Also stellen wir ihm heute digitale Dienste zur Verfügung, damit prozessrelevante Informationen aus diesen Daten in die Gesamtdiagnose einer verfahrenstechnischen Anlage einfließen. Weiterhin integrieren wir Sensorik in die Ventile, wodurch sich neue Erkenntnisse ergeben, zum Beispiel Veränderung der Viskosität – also Zähigkeit – einer Flüssigkeit. Man stelle sich vor, was passiert, wenn sie Tausende unserer Regelventile in einer Chemieanlage verbaut haben und diese sich untereinander und mit Pumpen anderer Hersteller unterhalten. Dabei könnte eine sogenannte Schwarmintelligenz im Produktionsprozess entstehen, die den Betreiber frühzeitig mit systemkritischen Informationen versorgt. Aus meiner Sicht wird das kommen. Deshalb müssen unsere Produkte digitaler werden.

Und Sie gehen noch weiter?

Ja, über ein Joint Venture mit dem Duisburger Messtechnik-Spezialisten Krohne haben wir den ersten intelligenten Prozessknoten Focus-1 entwickelt. Er vereint die Ventil- und Messtechnik mit einzigartigen Diagnose- und Regelfunktionen und ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur autonomen Fabrik, die – überwacht vom Menschen – selbstständig produziert und sich dabei im Betrieb optimiert.

Wie kommen Sie an neue Ideen?

Das Streben nach Innovation ist schon immer Teil der Samson-DNA. Wir haben vor einigen Jahren in München einen Thinktank gegründet, die Samson Pilotentwicklung. Außerdem beteiligen wir uns an Start-ups, die uns befruchten und beschleunigen, wo uns heute die Fähigkeiten fehlen. Wir kooperieren partnerschaftlich mit Firmen wie Krohne und inspirieren uns gegenseitig. Die Herausforderungen der Zukunft werden wir nur gemeinsam meistern und mithilfe neuester Technologien. 

Zur Person

Dr. Andreas Widl    

  •     Geboren 1966 in Stuttgart, verheiratet, zwei erwachsene Kinder
  •     Studium der Physik und Promotion an der Technischen Universität München
  •     Management-Positionen bei Mannesmann, General Electric und Oerlikon
  •     2013 Wechsel zur Samson AG
  •     Seit 2015 Vorstandsvorsitzender 
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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