Recklinghausen/Hagen. Aus dicken Stahlplatten biegt und schweißt Eisenbau Krämer (EBK) in Recklinghausen riesige Rohre. Sie bilden die Fundamente von Offshore-Plattformen, tragen Brücken, Stadien oder Wind‑ räder. Das Werk lässt den Stahl per Zug kommen: Es hat einen eigenen Gleisanschluss. „Wir nutzen ihn auch, um besonders lange und großvolumige Rohre zu verladen, die wir als Schwerlast nicht mehr so einfach über die Straße transportieren können“, sagt Matthias Preis, Leiter Transport und Logistik.

Mit dem Lastwagen geht es mindestens doppelt so schnell

Allerdings lief beim Familienunternehmen früher mehr über die Schiene. So dient am Firmensitz in Kreuztal (Siegerland) der Gleisanschluss aktuell nur noch dem Wareneingang. Die fertigen Rohre zum Kunden zu bringen, ist mit der Bahn zu teuer – und zu umständlich. Die Stahlteile seien, so Preis, mindestens doppelt so lang unterwegs wie mit dem Lkw. Das Werk Kreuztal fertigt im Gegensatz zu Recklinghausen Leitungsrohre nur bis 13 Meter: Die eignen sich perfekt für den Transport per Lkw. Am dritten EBK-Standort, ebenfalls in Kreuztal, wurden die Schienen vor gut 20 Jahren herausgerissen. Damals kündigte die Deutsche Bahn alle für sie nicht rentablen Firmen-Gleisanschlüsse. Mehr als 9.000 solcher Verbindungen sind seitdem verschwunden.

200 Millionen Euro an Fördermitteln für Bahnanschlüsse

Nun will das Bundesverkehrsministerium die Weichen neu stellen. Ziel ist, den Anteil des klimafreundlichen Eisenbahn-Güterverkehrs bis 2030 von derzeit 18 Prozent auf mindestens 25 Prozent hochzufahren. Seit Anfang März 2021 stehen 200 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre bereit, damit Einzelunternehmen und Industrieparks ihre Anschlüsse an das Eisenbahnnetz bauen, erweitern oder reaktivieren.

Das Land NRW beispielsweise fördert zudem die Sanierung von Bahnstrecken, die nicht dem Bund gehören. Mit einer Finanzspritze von 1 Million Euro werden beispielsweise zwölf Kilometer der Teutoburger-Wald-Eisenbahn modernisiert.

Wie kleine Mittelständler wieder zum Zug kommen

Früher siedelten sich Unternehmen gezielt in Nähe der Bahngleise an. Für Auto- und Chemiekonzerne wie Ford in Köln oder Henkel in Düsseldorf gehört die eigene Eisenbahn-Anlage nach wie vor zum Logistikkonzept.

Vor allem für die vielen kleinen Mittelständler wären kleinere Güterbahnhöfe eine Option: Sie könnten ihre Produkte per Lkw zu einem solchen Umschlagplatz bringen, wo die angelieferte Fracht gebündelt verladen würde. Auch diese Anlagen sollen künftig stärker gefördert werden.

Ein solches Logistik-Terminal betreibt etwa die Spedition Robert Schmitz in Hagen, die Walzdraht, Coils und Spaltband für die Metall- und Elektro-Betriebe in der Region auf Straße und Schiene fährt. Sie hat mithilfe eines früheren Förderprogramms 6 Millionen Euro in eine neue Halle und eine Rangierlok investiert. Das Konzept kommt an. Und es hilft, Straßen und Umwelt zu entlasten.

Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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