Hamburg/Hannover. Tim Eltze ist ein Vollblut-Vertriebler: Der Kontakt mit Menschen macht ihm Spaß, er kann gut zuhören und sich sehr schnell in die Anforderungen des Kunden hineinversetzen. Das sind beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vertriebsarbeit.
Seit neun Jahren leitet Eltze die Niederlassung Hamburg des Unternehmens Jäger Gummi und Kunststoff, heute ist er zudem Regionalleiter Nord. In Corona-Zeiten hat sich der Alltag des 43-Jährigen total verändert. Vorher verbrachte Eltze viel Zeit im Auto, um Kunden zu besuchen, vor Ort zu beraten und gemeinsam mit ihnen nach den besten Lösungen zu suchen. „Heute läuft alles nur noch über Microsoft Teams oder Skype. Die Zukunft liegt im Verkaufs-Livestream“, sagt Eltze. „Und das will gelernt sein.“ Deshalb trainiert das hannoversche Familienunternehmen Jäger seine Mitarbeiter nun genau für diese Anforderungen.
Seit März 2020 so gut wie kein Vor-Ort-Termin mehr
Jäger Gummi und Kunststoff entwirft und produziert maßgeschneiderte Einzelteile und Baugruppen für Kunden in Maschinenbau, Energie- und Umwelttechnik oder Agrarwirtschaft. Profile, Formteile, Matten oder Schlauchsysteme sind typische Produkte. Die Spezialisten von Jäger sind bei langjährigen Kunden und besonders anspruchsvollen Anforderungen oft schon bei der Entwicklung integriert: Welches Material ist wofür besonders geeignet? Sind die Befestigungen ausreichend? Wie steht es um die Nachhaltigkeit der Produkte?
Das erfordert eine enge Zusammenarbeit. „Früher war ich oft wöchentlich beim Kunden. Wir haben über alle Details gesprochen. Daraus sind enge Vertrauensverhältnisse entstanden“, erzählt Eltze. Doch seit vergangenen März hat er so gut wie keinen Vor-Ort-Termin mehr wahrgenommen; Vertrauen aufzubauen werde dadurch schwieriger. „Aus Face-to-Face-Kommunikation ist Call-to-Call geworden“, sagt Eltze.
„Online muss man den Nutzen schneller auf den Punkt bringen“
Was hat sich durch den Online-Call verändert? „Der Smalltalk mit dem Kunden, also das Gespräch über Hobby, Urlaub und Familie, das fällt in Online-Sitzungen fast komplett weg“, berichtet Eltze. „Online muss man den speziellen Nutzen für den Kunden schneller auf den Punkt bringen, weil Videokonferenzen oft viel kürzer sind.“ Online-Besprechungen seien für jeden eine Umstellung, sagt der Regionalleiter.
Hier setzt das digitale Training von Yane Kyas und zwei Kollegen an. Die 28-jährige Personalentwicklerin von Jäger Gummi und Kunststoff erarbeitet zurzeit Schulungsreihen mit externen Trainern für die 23 Außendienstler und die Standortleiter an den acht deutschen Standorten des Familienunternehmens.
Präsentation mit Spannungsbogen und einer kleinen Geschichte
„Vertriebler leben von ihrer Persönlichkeit. Die wollen wir auch digital zur Geltung bringen“, sagt die Bildungswissenschaftlerin. Aus Smalltalk wird Storytelling, Fakten werden durch eine Geschichte ergänzt. Aber wie baut man in Präsentationen einen Spannungsbogen auf und erzählt dazu eine kleine Geschichte? Wie wichtig sind dabei Gestik, Mimik und Augenkontakt? Und wie setzt man am Ende einer Videokonferenz einen guten Abschlusssatz?
E-Learning ist bei Jäger nicht neu. Yane Kyas hat schon vor Corona Schulungen organisiert. Die Pandemie hat allerdings den digitalen Wandel bei dem Traditionsunternehmen stark beschleunigt, über Internet-Auftritt und Social-Media-Kanäle hinaus. „Es hat deutlich mehr an Tempo gewonnen“, sagt die Personalentwicklerin. „Virtuelle Zusammenarbeit wird in Corona-Zeiten immer wichtiger.“
Die Jäger Group agiert weltweit
- Die Jäger Group mit Sitz in Hannover liefert seit mehr als 75 Jahren Komponenten, Subsysteme und Dienstleistungen rund um die Materialien Gummi, Kunststoff, Metall und neuerdings auch Basalt.
- Die Unternehmensgruppe produziert für Maschinen- und Anlagenbau, Umwelt-, Agrar- und Energietechnik.
- Für das Unternehmen arbeiten insgesamt über 1.200 Mitarbeiter an mehr als 20 Standorten in Deutschland, Polen, den Niederlanden, Nordamerika und China. Die Jäger Gruppe wird in der dritten Generation von der Familie geführt.
Digitaler durch Corona
Die Pandemie treibt den Wandel voran, wie eine Bitkom-Umfrage bei 605 Firmen im Herbst 2020 zeigte:
- 81 Prozent der Unternehmen nutzen Videokonferenzen.
- 70 Prozent haben Hardware gekauft.
- 97 Prozent sehen die Digitalisierung vor allem als Chance.
Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.
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