Hannover. Alles war bis ins letzte Detail geplant – das Essen, die Musik, die Überraschungsgäste. „Wir wollten unsere Weihnachtsfeier zum ersten Mal in der neuen Firmenzentrale stattfinden lassen“, berichtet Britt Orlamünde, Assistentin der Geschäftsführung der Jäger Holding in Hannover. Doch dann ging alles ganz schnell. Anfang Dezember explodierten die Corona-Zahlen, und die Feier musste abgesagt werden.
Schon im letzten Jahr fiel die Weihnachtsfeier wegen Corona aus. Und auch die Einweihungsfeier für die neue Jäger-Zentrale platzte wegen der Pandemie. Deshalb hatte man sich so gefreut. „Alle Mitarbeiter haben einen guten Job gemacht. Wir haben ein relativ gutes Jahr hinter uns“, erzählt Orlamünde. „Deshalb wollten wir diesmal Weihnachten mit allen feiern, diesmal aber wirklich.“
Der Küchenmeister wollte ein Festessen servieren, Gänsebraten und Hirschragout mit Knödeln
500 Kolleginnen und Kollegen waren eingeladen. Die Firmenzentrale sollte festlich illuminiert werden. Partyzone, Tanzfläche waren geplant. Und Küchenmeister Heiko Recker wollte ein Festessen servieren: Gänsebraten und Hirschragout mit Knödeln und Rotkohl. 54 Gänse waren bereits angeliefert – dann kamen Corona und die Absage.
Kein Einzelfall, aktiv hat bei Kautschukfirmen in Deutschland nachgefragt: Weihnachtsfeiern und Firmenpartys wurden innerhalb weniger Tage abgesagt. Andreas Schön, Chef des Kautschukunternehmens KUKT in Gelnhausen (Hessen), bringt es auf den Punkt: „Wir leben in einer verrückten Zeit“, sagt er. „Unsere Mitarbeiter hätten es verdient, mal wieder richtig zu feiern. Doch auch bei uns fiel alles aus.“
Betriebsfeiern sind wichtig für das Teambuilding
Für die Firmenchefs gibt es dennoch keinen Zweifel: Absagen und Verbote sind richtig. „Es ist sehr schade“, sagt Gunter Böttcher, Geschäftsführer der KET Kunststoff und Elasttechnik im sächsischen Radeberg. „Nach so einer langen und harten Zeit wäre es so wichtig gewesen, wieder zusammen zu feiern.“ Die 34 Mitarbeiter „vermissen den zwanglosen Austausch zwischen Produktion und Verwaltung“, wie Böttcher berichtet. Betriebsfeiern seien wichtig für das Teambuilding. Jeder bekomme da eine kleine Aufmerksamkeit.
Ähnlich sieht das Ralf Holschumacher, Geschäftsführer der Firma Mapa in Zeven im Norden der Republik. Die Weihnachtsfeier habe eine wichtige Funktion: „Sie ist eine wunderbare Gelegenheit, seine Wertschätzung für die Beschäftigten auszudrücken.“ Und das sei wichtig, damit sich die Mitarbeiter gebunden fühlen.
2020 schon hatte Corona bei den Westland Gummiwerken in Melle (Niedersachsen) die Feier zum 100. Firmengeburtstag verhindert. „Wir haben alles verschoben“, erzählt Inhaber Georg zur Nedden. „Man hat keine Planungssicherheit.“ Für die Belegschaft gibt es in diesem Jahr Tankgutscheine. Außerdem will das Unternehmen für die Betroffenen der Flutkatastrophe spenden.
„Unser Sommerfest soll auf jeden Fall stattfinden“
Bei Pirelli in Breuberg (Odenwald) feiern Belegschaft, Betriebsrat und Geschäftsführung normalerweise mit ehemaligen Mitarbeitern, Vertretern der Politik und Gewerkschaften. Es gibt einen Weihnachtsbaum, festliche Dekoration, Schüler sorgen für stimmungsvolle Musik. „Wir überreichen Spenden an gemeinnützige Organisationen in der Region und ehren langjährige Mitarbeiter“, sagt Thomas Hofmann, Leiter Personal von Pirelli Deutschland. „Leider macht uns Corona das zunichte.“
In einem Punkt sind sich die befragten Unternehmen quer durch die Republik einig: Auf Betriebsfeiern wollen sie nicht verzichten. „Unser Sommerfest soll auf jeden Fall stattfinden“, sagt Tobias Nonnast, Geschäftsführer von Wagu Gummitechnik in Warstein (Nordrhein-Westfalen). „Das kommt immer sehr gut an.“ So soll es auch 2022 sein.
Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.
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