Die Methanpyrolyse

Um Wasserstoff (H2) in Zukunft umweltfreundlich herzustellen, setzt BASF zum einen auf die Methanpyrolyse. Mit ihrer Hilfe lässt sich aus Methan (Erd- oder Biogas) Wasserstoff und Kohlenstoff erzeugen, ohne dass dabei klimaschädliches CO2 frei wird. Das geht so: Methan strömt in einen Reaktor ein, der mit Strom aus erneuerbaren Energien auf mehr als 1.000 Grad Celsius erwärmt wird. Im heißen Zentrum des Reaktors kommt es zur Spaltung des Methans: Es bilden sich gasförmiger Sauerstoff und fester Kohlenstoff. Der Wasserstoff steigt nach oben und wird aufgefangen.

Gasförmiges CO2 entsteht dabei nicht, der Kohlenstoff liegt am Ende als festes Granulat vor. Und da die Methanpyrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird, ist der Prozess komplett frei von dem Treibhausgas. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, versichert Dieter Flick, Leiter des Methanpyrolyse-Projekts. „Es braucht realisierbare Lösungen für sauberen Wasserstoff. Es ist für uns eine besondere Herausforderung, dass wir diesen Weg zu einer CO2-armen Chemie mitgestalten können.“ Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der Bau einer Versuchsanlage ist abgeschlossen, 2030 soll die Großanlage laufen.

Die Wasserelektrolyse

Ein anderer Weg ist die Wasserelektrolyse. Bei dem BASF-Projekt „Hy4Chem“ wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Da die Energie durch Strom und nicht durch einen Oxidationsprozess, also eine Verbrennung, eingebracht wird, ist der Stromverbrauch hoch. Nutzt man für die Wasserelektrolyse erneuerbaren Strom, ist das klimaneutral, und es entsteht grüner Wasserstoff. Eine EU-Förderung in Höhe von 134 Millionen Euro soll nun am Standort Ludwigshafen den Bau und die Installation eines großen Elektrolyseurs unterstützen. Damit könnten ab 2025 rund 5.000 Tonnen erneuerbarer Wasserstoff und 40.000 Tonnen Sauerstoff pro Jahr produziert werden.

Hauptziel des Projekts: mit fossiler Energie hergestellten Wasserstoff ersetzen, um so die Treibhausgasemissionen der BASF zu verringern. Der Ökowasserstoff ließe sich dann als Rohstoff zur Herstellung von Produkten mit einem kleinen CO2-Fußabdruck einsetzen. Zudem soll die Metropolregion Rhein-Neckar einen kleinen Anteil des Wasserstoffs für Lkws und Busse nutzen können.

Warum die Mainzer die Nase vorn haben

Energie lässt sich gut speichern. Nicht in Akkus oder Batterien, sondern in Form von Wasserstoff. Wie das geht? Immer wieder gibt es Zeiten, in denen Windräder aufgrund eines Überangebots an Strom im Netz abgeschaltet werden müssen. Im Energiepark Mainz nutzt man seit 2015 diesen überschüssigen Windstrom zur Produktion von Wasserstoff. Auch in Kaisersesch soll auf diese Weise künftig grüner Wasserstoff entstehen (siehe "Wasserstoff-Splitter" unten).

Mit viel Energie wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt (Elektrolyse) und der Wasserstoff gespeichert. Der Rohstoff ist vielfältig als Energieträger einsetzbar, etwa als Kraftstoff für Busse und Lkws, beim Betrieb von Gasheizungen oder auch zur Stromerzeugung in modernen Kraftwerken. Entwickelt haben das Mainzer Projekt Siemens, Linde und die Mainzer Stadtwerke.

Damals galt der Energiepark in Stadtteil Hechtsheim als „weltweit größte Elektrolyse-Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff aus Windstrom“: Sie kann bis zu sechs Megawatt (MW) Strom aufnehmen und daraus bis zu 1.000 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Heute entstehen nach diesem Vorbild in Europa bereits Anlagen mit 10 MW, in Planung sind sogar 100-MW-Projekte. Die Nachfrage ist riesig: Der Mainzer Spezialglashersteller Schott zum Beispiel plant zusammen mit den Stadtwerken ein Pilotprojekt, um erstmalig den großtechnischen Einsatz von Wasserstoff in der Glasproduktion zu testen.

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Anfang 2022 erwarb die Mainzer Mobilität bereits einen wasserstoffbetriebenen Bus für 900.000 Euro. Dieser soll mehr Aufschluss über die Alltagstauglichkeit im ÖPNV liefern. Betankt wird das Fahrzeug bei der Wiesbadener Verkehrsgesellschaft ESWE. Der Wasserstoff hierfür stammt aus dem Energiepark in Mainz-Hechtsheim. In Kürze soll auch das Mainzer Klärwerk mitziehen: Geplant ist eine Elektrolyseanlage im Mombacher Klärwerk. Der dort erzeugte Wasserstoff soll in das Erdgasnetz der Stadtwerke fließen und könnte darüber vor allem in den Tanks von Wasserstoffbussen und Müllfahrzeugen landen. Der Sauerstoff wiederum soll verwendet werden, um das Abwasser besser zu reinigen. 2024 soll es losgehen.

Die Farben des Wasserstoffs

Wasserstoff ist Wasserstoff – und immer farblos. Doch die Herstellungsverfahren unterscheiden sich. Hier kommen die Farben ins Spiel: Sie sind der Name, an dem man die Art der Herstellung ablesen kann. Eingefärbt wird dabei aber nichts.

  • Grauer Wasserstoff: Bei seiner Herstellung entweicht das Treibhausgas Kohlendioxid.
  • Blauer Wasserstoff:Bei dieser Herstellung wird das Kohlendioxid gespeichert.
  • Türkiser Wasserstoff: Bei der Herstellung wird fester Kohlenstoff gewonnen.
  • Grüner Wasserstoff: Die Herstellung erfolgt klimaneutral mithilfe von Ökostrom.

Wasserstoff-Splitter

  • Grüner Wasserstoff aus Kaisersesch: Die Verbandsgemeinde Kaisersesch im Kreis Cochem-Zell ist mit dem Projekt Smartquart das einzige Reallabor in Rheinland-Pfalz: Hier soll ein wasserstoffbasiertes Mikronetz aufgebaut und unter realen Bedingungen im industriellen Maßstab erprobt werden. In den kommenden Jahren will man hier mithilfe von Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen grünen Wasserstoff produzieren, anschließend verteilen und für verschiedene Zwecke verwenden.
  • Freudenberg setzt auf Brennstoffzellen: Freudenberg will Busse, Lkws und Schiffe umweltfreundlich mobilisieren. Dazu setzt der Technologiekonzern mit Standort in Kaiserslautern zunehmend auf die Brennstoffzelle. Gemeinsam mit dem Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen sollen etwa Dieselantriebe der Busse durch emissionsfreie Brennstoffzellen ersetzt werden – betrieben mit grünem Wasserstoff. Auch Kreuzfahrtschiffe sind bereits mit Brennstoffzelle und Freudenberg-Technologie unterwegs.
  • Michelin hat einen H₂-Rennwagen: Michelin zeigt, dass ein bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen auch im leistungsorientierten Motorsport möglich ist: Der „H24“ ist ein wasserstoffbetriebener Langstreckenrennwagen. Im Wasserstoff sieht der Konzern mit Werk in Bad Kreuznach eine Schlüsselrolle für die emissionsfreie Mobilität: Seit über 15 Jahren investiert er in Wasserstoffenergie und Brennstoffzellen.
  • Air Liquide, Meister für Elektrolyseure: Air Liquide (Standort in Ludwigshafen) baut den größten an eine bestehende Wasserstoffinfrastruktur angeschlossenen Elektrolyseur Deutschlands. Schon 2012 weihte der französische Gasehersteller in Düsseldorf seine erste öffentliche Wasserstofftankstelle in Deutschland ein. Seither hat das Unternehmen rund 30 weitere bundesweit gebaut.

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Sabine Latorre
Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre ist spezialisiert auf Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Nebenbei schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

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