Gronau. Ziehen, zerren, reißen mit aller Kraft – nützt nichts: Das Vlies hält stand. Der spezielle Stoff aus der Produktion von RKW ist viel widerstandsfähiger, als er aussieht. Weich, hautfreundlich und doch extrem robust. Der Trick dahinter heißt „HyJet“: ein mechanisches Verfahren, mit dem das Textil per Wasserstrahl verfestigt wird. Und so entsteht ein Vlies, das auch härtesten Anforderungen standhält.
„Unser HyJet-Vlies wird zum Beispiel in der Landwirtschaft eingesetzt zur Abdeckung von Feldern. Da macht es dann auch nichts, wenn mal Wildschweine darüberrennen“, sagt Ludger Kuhn beim aktiv-Besuch. Er leitet das Werk der RKW-Gruppe im westfälischen Gronau. Sinn der Sache ist das Mikroklima, das mithilfe eines solchen Vlieses erzeugt werden kann: Es macht eine Ernte bis zu drei Wochen früher als ohne die Abdeckung möglich.
Von der Matratze bis zum Auto – RKW-Vliese dienen vielen Zwecken
RKW-Vliese – ob in der HyJet-Variante oder als klassisches Spinnvlies – machen viele Dinge robuster. Sie umhüllen Sprungfedern in Matratzen, liegen als saugfähige Unterlage in Obstverpackungen oder dienen der Schalldämmung in Lüftungsanlagen von Autos. Sogar in Babywindeln stecken Vliese aus dem Hause RKW: Dort sorgen sie unter anderem dafür, dass Mütter und Väter beim Wickeln ein Textil-Empfinden haben und kein „Plastik-Gefühl“.
Die Produkte des Familienunternehmens sind weltweit gefragt. Dabei hat Gronau eine besondere Rolle unter den 17 Produktionsstandorten: Während alle anderen Werke Folien herstellen, die für Babywindeln, robuste Zementsäcke oder Müllsäcke genutzt werden, geht es hier ums Textil. Und da hat der Ort nahe der niederländischen Grenze ja eine lange Tradition. Unter anderem deshalb wurde die Firma, die seit 2002 Teil von RKW ist, 1969 hier gegründet. „Man konnte in Gronau einfach gute Facharbeiter finden“, sagt Werkleiter Kuhn.
RKW-Mitarbeiter profitieren vom globalen Netz des Unternehmens
Qualifizierte Leute zu bekommen, das ist heute nicht mehr so leicht. Deshalb legt sich der Betrieb hier mächtig ins Zeug. Etwa für Cheick Mohamed Conde, der als Geflüchteter aus Guinea nach Deutschland kam. Mit viel Mühe bekam er eine Aufenthaltserlaubnis, konnte einen Lehrvertrag abschließen. Jetzt ist Conde im zweiten Jahr der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik. „Ich bin sehr glücklich, dass das geklappt hat“, sagt er.
Neben Lagerlogistikern bildet RKW in Gronau auch Verfahrensmechaniker Kunststoff und Kautschuk, Elektromechaniker für Betriebstechnik und Betriebsschlosser. Acht Azubis gibt es zurzeit, bei 135 Mitarbeitern insgesamt. Was sie an der Ausbildung reizt? Nicht nur die gute Perspektive für eine Übernahme, sondern auch darauf, nach dem Ende der Ausbildung mal an anderen Standorten der Gruppe reinschnuppern zu können- etwa in Schweden oder den USA.
Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.
Alle Beiträge des Autors