Emsdetten. Als Schmitz Textiles auf der Kippe stand, kam Axel Pelzer als Berater in den Betrieb. Mit seinem Team hat er den traditionsreichen Gewebehersteller, der zur Unternehmensgruppe der Schmitz-Werke gehört, wieder auf stabilen Grund gestellt. aktiv sprach mit ihm über diesen Neuanfang – und warum es Pelzer Spaß macht, jetzt als Geschäftsführer der Firma zu arbeiten.

Schmitz Textiles stand 2021 kurz vor der Liquidation. Wie haben Sie den Umschwung geschafft?

Das stimmt: 2021 war ein Schicksalsjahr. Wir mussten uns von der Sparte der Objekttextilien im Dekobereich verabschieden. Gleichzeitig haben wir versucht, die Produktivität zu erhöhen. Viele Aufträge waren zu kleinteilig, die Maschinenrüstzeiten zu lang. Außerdem haben wir das Angebot an Outdoorstoffen von 3.500 Varianten auf gut 500 gestrafft.

Und es gab Entlassungen. Über 100 Beschäftigte mussten gehen.

Ja. Das war für uns ein schmerzhafter Prozess. Aber nur so konnten wir die Liquidation noch abwenden, das steht für mich außer Frage.

Wie haben Sie sich dann neu aufgestellt?

Die Liquidation war im Frühjahr 2021 vom Tisch und die Restrukturierung begann. Ab diesem Zeitpunkt konnten wir uns auf unsere Kernkompetenz konzentrieren: die Herstellung von UV- und wetterbeständigem Polyestergewebe unter der Marke Swela. Der Fokus liegt dabei auf der Produktion von Markisenstoffen, Maritimstoffen und Verdeckstoffen für Autos. Besonders Letztere sehen wir als Zukunftsgeschäft.

Warum das?

Weil wir wirklich Interessantes im Angebot haben. Wir entwickeln seit Jahren Polyestergewebe für den maritimen und den Automobilbereich, speziell für Verdecke. Das Gewebe hat einen immer höheren recycelbaren Anteil. Damit steigen wir jetzt in einen Markt ein, der bisher von einem einzigen Unternehmen beherrscht wird. Und wir hoffen, wegen der Entwicklung zur Recycelbarkeit unserer Gewebe Marktanteile im Bereich Sonnenschutz zu gewinnen. Auch die Automobilbranche braucht solche Lösungen, weil sie nachhaltiger werden will.

Hat Corona den Neustart behindert?

Da hatten wir Glück. Es hat auch bei uns den sogenannten Cocooning-Effekt gegeben: Weil im Lockdown kaum Urlaub möglich war, haben die Konsumenten ins eigene Heim investiert. Aber natürlich hat auch uns 2022 die Preiswelle getroffen, wir mussten ständig neu in Verhandlungen mit unseren Kunden gehen. Das ist bis heute noch so. Dennoch sehe ich Schmitz Textiles auf einem guten Weg. Wir haben die Umbruchphase mit Erfolg gemeistert.

Wie haben Sie die Beschäftigten dabei mitgenommen?

Für viele war die drohende Liquidation natürlich ein Schock. In solchen Situationen hilft es nicht, nur auf die nackten Zahlen zu schauen. Es ist auch wichtig, mit allen im Gespräch zu bleiben, um Lösungen auszuloten. Wir haben es dann geschafft, einen Weg zu finden mit allen Seiten – den Eigentümern, der Leitungsebene, der Belegschaft. Das waren sehr anstrengende Monate.

„Es ist auch wichtig, mit allen im Gespräch zu bleiben, um Lösungen auszuloten“

Axel Pelzer, Geschäftsführer Schmitz Textiles

Und nun stellen Sie wieder ein?

Wir sind inzwischen wieder auf eine Belegschaft von 130 Beschäftigten angewachsen. Einige ehemalige Mitarbeiter sind sogar wieder ins Unternehmen zurückgekehrt, das zeigt, dass wir nach wie vor einen guten Ruf genießen. Und gute Arbeit wollen wir gut honorieren: Wir zahlen die Inflationsausgleichsprämie aus, die ja allein der Betrieb finanziert. Und wir denken gerade über ein erfolgsabhängiges Prämiensystem nach.

Sie kamen als externer Berater und sind jetzt Geschäftsführer. Wie kam das, warum sind Sie geblieben?

Ich bin seit Anfang 2023 ordentlicher Geschäftsführer von Schmitz Textiles. Dass das so kommt, hätte ich nicht gedacht. Schließlich sollte ich als Jurist die Phase der Umstrukturierung begleiten und abschließen. Mit der Zeit hat mich aber die Herausforderung gepackt, dabei mitzuwirken, neue Produkte zu entwickeln und dafür neue Märkte zu erschließen. Deshalb habe ich zugesagt, als mich die Unternehmerfamilie Schmitz gefragt hat, ob ich diesen Job ab 2023 übernehmen will.

Schmitz-Werke: Familienunternehmen in vierter Generation

  • 19 Gesellschaften und Beteiligungen gehören zur Firmengruppe
  • 950 Beschäftigte hat dasgesamte Unternehmen weltweit
  • 177 Millionen Euro Jahresumsatz verbuchte die Gruppe zuletzt
Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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