Leipzig. Sie ist superdünn, sie schillert in bunten Farben – und sie ist eine der spannendsten Ideen aus der deutschen Textil-Industrie: eine textile Solarzelle, so flexibel, dass sie beispielsweise in Kleidung eingearbeitet werden kann.
„Von solchen Ideen sind in der Branche genug da“, sagt Sandra Dijk, Geschäftsführerin des Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) in Leipzig. Die Wirtschaftswissenschaftlerin hat im Projekt „futureTEX“ Unternehmen dabei begleitet, Ideen in marktfähige Dienstleistungen oder Angebote zu verwandeln.
„Ich habe dabei viele hoch innovative Unternehmen kennengelernt“, so Dijk. „Besonders im Bereich der Geo- und Medizintextilien, der Bautextilien, aber auch in der Luft- und Raumfahrt sowie beim Thema Nachhaltigkeit sind diese Firmen sehr engagiert.“ Schon länger bekannte Anwendungen sind etwa textile Herzklappen, Textilbeton oder carbonfaserverstärkte Flugzeugflügel.
Vergleichsweise hohe Quote kontinuierlich forschender Firmen
Tatsächlich gelten knapp 58 Prozent der Textilunternehmen hierzulande als Innovatoren! Das stellt der aktuelle „Branchenreport Innovationen“ des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim fest. Heißt: Die Firmen haben innerhalb eines Dreijahreszeitraums zumindest eine Produkt- oder Prozessinnovation eingeführt. Zum Vergleich: Im Schnitt taten das zuletzt gut 54 Prozent aller Unternehmen in Deutschland.
„Ständig Neues zu entwickeln, ist eine echte Herausforderung für die Unternehmen“
Sandra Dijk, CLIC-Geschäftsführerin
Und die Quote der laufend forschenden Textiler fällt mit 31 Prozent sogar merklich höher aus als im Schnitt der deutschen Wirtschaft. Dort kommen nur 13 Prozent auf eine ähnlich hohe Innovationsaktivität. „Ständig Neues zu entwickeln, ist eine echte Herausforderung“, betont Dijk. Viele der knapp 40.000 Mitarbeiter, die laut ZEW insgesamt in „kontinuierlich forschenden Unternehmen“ der Branche arbeiten, müssten Neuheiten sozusagen neben dem Tagesgeschäft stemmen. Außerdem brauche es im Betrieb auch spezielle Kompetenzen, um eine Innovation auf den Markt zu bringen und damit Geld zu verdienen.
Um dabei zu helfen, haben die CLIC-Experten im Rahmen des vom Bundesforschungsministeriums geförderten Verbundprojekts einen sogenannten Business-Inkubator entwickelt: „Das ist eine Methode, mit der eine Geschäftsidee zu einem marktfähigen Produkt ausgebrütet werden soll“, erklärt Dijk. Von 34 in der futureTEX-Initiative gelisteten Vorhaben führten die Leipziger 7 Ideen mit den beteiligten Unternehmen durch den Inkubator.
Ein spezieller Prozess hilft dabei, aus einer Idee ein marktfähiges Produkt zu machen
Die zentralen Fragen dabei: Was hat der Nutzer von der Idee? Und wie lässt sich das in ein tragfähiges Geschäftsmodell übertragen? Für die textile Solarzelle zum Beispiel kam heraus, dass sie als Energiequelle in der Schifffahrt, im Verkehr oder im Outdoor-Bereich eingesetzt werden könnte. Eine weitere Erkenntnis: Eltern sind an Kinderkleidung interessiert, die im Dunkeln leuchtet. „Am Schluss hatten die Firmen eine konkrete Handreichung, welche Märkte sie angehen sollten und wie die Preisgestaltung aussehen könnte.“
Die Forscherin ist überzeugt, dass Prozesse, wie sie im Inkubator ablaufen, den Betrieben helfen, sich weiterhin als Innovationstreiber zu profilieren. „Und wir brauchen solche Unternehmen, um uns von Wettbewerbern etwa aus Asien absetzen zu können.“ Bisher ist das gelungen: „Die deutsche Branche verteidigt seit Jahren erfolgreich ihren Ruf als Weltmarktführer bei technischen Textilien.“
Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.
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