Stuttgart. In der Schlüsselbranche Baden-Württembergs ist nach den Einbrüchen der Corona-Krise zwar allmählich ein Aufwärtstrend spürbar. Jedoch macht eine aktuelle Umfrage des Arbeitgeberverbands Südwestmetall klar: Mit einer schnellen Erholung der Metall- und Elektro-Industrie ist nicht zu rechnen.
Der Aufholprozess läuft langsamer als erhofft
Knapp zwei Drittel der Unternehmen erwarten, dass sie Ende dieses Jahres immer noch weniger produzieren werden als vor der Rezession, die schon 2019 begann. Der Aufholprozess läuft langsamer, als noch im Herbst erhofft. Die Kapazitätsauslastung, die im Frühjahr 2020 zeitweise unter 60 Prozent gesunken war, liegt im Schnitt aktuell bei rund 80 Prozent.
Und so erwarten die Unternehmen in diesem Jahr lediglich ein Umsatzplus von 3,3 Prozent – was nicht ansatzweise genügt, um den Einbruch des Vorjahrs auszugleichen: minus 7,6 Prozent! Der Anteil der Firmen, die bereits Kündigungen aussprechen mussten, liegt schon bei 13 Prozent.
aktiv hat sich bei Unternehmern und Geschäftsführern umgehört: Wie ist die Lage bei ihnen?
Keller Lufttechnik: Frank (links) und Horst Keller
„Der Transformationsprozess in der Automobil-Industrie und die Pandemie stellen auch unser Unternehmen vor Herausforderungen. Mit Einsatz von Kurzarbeit, Sparmaßnahmen und vor allem mit innovativen Ideen ist es uns bisher gelungen, Keller Lufttechnik sehr erfolgreich durch diese schwierige Zeit zu führen. Wir wollen keinen Mitarbeitenden verlieren – sie sind der Schlüssel für zukünftigen Erfolg.“
E.G.O.-Gruppe: Dirk Schallock
„Ein guter Jahresbeginn, nie gekannte Rückgänge im zweiten Quartal – und wenige Monate später weit höher als geplant: 2020 war die reinste Achterbahn, was die Umsatzentwicklung angeht. Nach vorübergehenden Schließungen und Kurzarbeit in einigen Werken im ersten Quartal hatten wir ab September Rekordumsätze, und die Produktion lief weltweit wieder unter Volllast. Derzeit sieht es danach aus, dass wir zu den Unternehmen gehören, die das erste Jahr mit Covid-19 wirtschaftlich einigermaßen unbeschadet überstanden haben.“
Progress-Werk Oberkirch AG: Carlo Lazzarini
„Wir sind ein weltweit tätiger Konzern. Der Kostendruck in der Automobil-Zulieferindustrie zwingt uns dazu, jeden Auftrag in dem Werk zu platzieren, das für den konkreten Auftrag am wettbewerbsfähigsten ist. Leider hat die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland in den letzten Jahren stark nachgelassen, was zu einem überproportionalen Anstieg des Auftragsvolumens in unserem Werk in Tschechien geführt hat. Daher müssen wir die Kapazitäten in Oberkirch an das rückläufige Umsatzvolumen für das Werk anpassen.“
AMF: Johannes Maier
„Schon vor zwei Jahren haben wir mit Blick auf die Transformation begonnen, uns krisensicher und flexibler aufzustellen. Das hat uns 2020 geholfen. Trotzdem haben wir einen Umsatzrückgang von 20 Prozent, das ist eine sehr große Zahl, die wir so nicht eingeplant hatten. Die Stammbelegschaft konnten wir halten, doch die Zahl der Zeitarbeitnehmer und der befristet eingestellten Arbeitskräfte mussten wir reduzieren.“
Schuler AG: Domenico Iacovelli
„Wir haben unsere Belegschaft weltweit auf ein herausforderndes Jahr 2021 eingeschworen. Wie überall im Maschinen- und Anlagenbau mit seinen langen Auftragszyklen werden die coronabedingten Rückschläge beim Ordereingang 2020 im neuen Jahr für einige Lücken im Umsatz sorgen. Auf der anderen Seite profitieren wir zunehmend davon, dass wir innovative, kundengerechte Produkte mit hohem Digitalisierungsanteil auf den Markt bringen. 2021 wird ohne Zweifel schwierig. Ab 2022 stehen die Weichen wieder auf Wachstum.“
Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
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