München. Technik, die üblicherweise Maschinen und Industrieanlagen digital vernetzt, hilft auch dabei, weltweit gefährdete Ökosysteme zu bewahren. Zum Beispiel den Regenwald.

Sensoren des Münchner Chipherstellers Infineon wurden dazu in digitale Wächter – sogenannte „Guardians“ – eingebaut. In Echtzeit übertragen die Geräte Tonaufnahmen aus den verbliebenen großen Regenwaldgebieten der Erde wie Malaysia, Sumatra oder Brasilien, die von illegaler Abholzung bedroht sind.

Der Halbleiterkonzern arbeitet in dem Projekt mit der US-amerikanischen Organisation Rainforest Connection zusammen, die die Spürgeräte entwickelt und bereits in mehr als 30 Ländern installiert hat.

Mikrofon steckt in der Riesenblüte

Die Technik versteckt sich in einer künstlichen Riesenblume, die bis zu 60 Meter hoch über dem Boden an den Ästen der Urwaldriesen befestigt wird. An der Unterseite der Blüte sitzt ein Mini-Mikrofon. Kreischt plötzlich eine Kettensäge im Schutzgebiet, weiß man, hier sind Holzdiebe am Werk. Die lokalen Ranger erhalten automatisch einen Alarm aufs Mobiltelefon und werden per GPS zu dem Ort geleitet. Mit der Sensortechnik lassen sich so viel größere und vor allem auch entlegene Gebiete überwachen. Bislang bekam die Umweltzerstörung dort kaum jemand mit.

Künstliche Intelligenz (KI) erleichtert die Arbeit der Umweltschützer zudem ungemein. Selbstlernende Programme werten die zig Millionen Minuten Tonaufnahmen aus, die Tag und Nacht mitgeschnitten und per Mobilfunk oder Satellit laufend aus dem Dschungel übertragen werden. Sie filtern verdächtige Geräusche wie besagte Sägen, aber auch Motorräder, anrollende Holztrucks oder Schüsse (Vorsicht: Wilderer!) heraus.

Urwaldkonzert mit Stimmen gefährdeter Arten

Die Spürgeräte können bald noch mehr. Zu den akustischen Sensoren kommen solche für Gas dazu, ebenfalls von Infineon. So können die Wächter künftig nicht nur in den Wald hineinhorchen, sondern aus der Ferne auch „schnüffeln“, indem sie etwa die CO2-Konzentration messen. Ein erhöhter Wert bedeutet: Feuer!

Die Mini-Computer in der Baumkrone sind zugleich ein neuer Weg, um besser zu verstehen, was die Natur uns sagen will. Denn die Mikrofone nehmen auch allerhand Tierstimmen auf, von Affen, Vögeln, Fröschen oder Insekten. Tausende Stimmen des „Urwaldkonzerts“ lassen sich mit KI bestimmen. So erhalten Forscher Informationen zu gefährdeten Arten.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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