Die Coronakrise und die damit verbundenen Restriktionen machen der norddeutschen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) massiv zu schaffen. Bei etwa 40 Prozent der Unternehmen kam es bereits zu Produktions- und Lieferausfällen. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, die unter den 670 Mitgliedsfirmen von Nordmetall und dem Schwesterverband AGV Nord in Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Nordwest-Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern erhoben wurde.

„Die norddeutsche M+E-Industrie steuert auf einen Strukturbruch mit weitreichenden Folgen zu“, so Nordmetall-Präsident Thomas Lambusch. „Die Lage ist dramatisch und mit einem vorübergehenden Konjunktureinbruch wie im Herbst 2019 absolut nicht zu vergleichen.“

Geschäftslage mit Negativrekord

Die durch das Virus ausgelöste Krise sei vor allem deshalb so bedrohlich, weil sie das wirtschaftliche Handeln gleich auf mehreren Ebenen erheblich behindere. Lambusch: „Der Shutdown in weiten Teilen der Welt, das plötzliche Wegbrechen zentraler Absatzmärkte in China, Europa und Nordamerika, die unterbrochenen Lieferketten und die eingeschränkte Produktion addieren sich zu einer höchst gefährlichen Mischung.“

Die Effekte sind in der norddeutsche M+E-Industrie deutlich zu spüren. 51 Prozent der Mitgliedsfirmen der Arbeitgeberverbände Nordmetall und AGV Nord ordnen die Geschäftslage als unbefriedigend oder schlecht ein, ein Negativrekord in den vergangenen zehn Jahren.

Erhebliche Umsatzeinbußen

Die Kapazitätsauslastung sinkt mit 71,5 Prozent deutlich unter den bisherigen Tiefstwert aus der Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2010. 73 Prozent der Betriebe erwarten in den nächsten sechs Monaten Umsatzeinbußen, fast die Hälfte in zweistelliger Größenordnung. Ein Viertel aller Firmen sieht sich in weniger als einem halben Jahr von Insolvenz bedroht.

Der negative Trend manifestiert sich besonders in der Auto-Industrie und bei ihren Zulieferern, den Gießereien sowie den Schiff- und Flugzeugbauern, die zusätzlich unter den Einbrüchen im weltweiten Touristikgeschäft leiden.

Staatliche Unterstützung durch Kurzarbeit

Bei der Vorstellung der Umfrage-Ergebnisse dankte Lambusch den rund 140.000 Beschäftigten der norddeutschen M+E-Industrie für ihre umsichtige Reaktion auf veränderte Produktionsabläufe und ihre Bereitschaft zu kurzfristig angesetzter Kurzarbeit.

Die Politik habe dies mit rasch verbesserten Kurzarbeiterregeln ermöglicht, die die Unternehmen nun in sozialer Verantwortung für ihre Mitarbeiter umsetzen würden. „Das unterscheidet unsere funktionierende Soziale Marktwirtschaft von vielen anderen Teilen der Welt“, so der Rostocker Unternehmer.

Umdenken erforderlich

Lambusch bedankte sich auch bei der IG Metall Küste, die in dieser Situation einen schnellen Tarifabschluss ohne Entgeltsteigerungen und mit neuen Möglichkeiten zum Einsatz von Arbeitszeitkonten mitgetragen habe. All das komme nun den Betrieben und Beschäftigten zugute und helfe, Standorte und Arbeitsplätze zu sichern.

Der durch die Krise beschleunigte Strukturwandel mache an vielen Stellen ein Umdenken erforderlich. Geschäftsmodelle müssten überprüft und Branchen gegebenenfalls neu ausgerichtet werden. Nach dem Wiederhochfahren der Produktion sei nicht nur ein gezieltes Aufbauprogramm vonnöten, sondern auch weitere Konsolidierungsanstrengungen, um die in der Krise aufgebauten Schuldenberge wieder abzutragen.

Lambusch: „Die Politik darf der Wirtschaft nun keine neuen Lasten mehr für soziale Wohltaten oder Klimaschutz auferlegen, sondern muss sie gezielt unterstützen und entlasten. Anders ist die Herkulesaufgabe der Corona-Krisenbewältigung nicht zu schaffen.“

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

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