„Das ist hier jetzt richtig schönes Arbeiten!“ So sagt es zum Beispiel Manuela Dechert. Sie gehört schon seit fast 40 Jahren zur Belegschaft von Hera Papierverarbeitung – und ist begeistert von der neuen großen Halle im hessischen Schotten, in die das Unternehmen 2022 umgezogen ist.

„Endlich haben wir Platz, müssen keine Umwege mehr machen, die Abläufe sind viel einfacher. Und vor allem sehen wir uns jetzt auch alle hier in der Produktion“, freut sich die Vogelsbergerin beim aktiv-Besuch im Betrieb.

Ihr Arbeitgeber Hera steht für ein riesiges Sortiment an Tüten, Taschen und Beuteln aus Papier. Ob Bäckerbeutel, Wundertüte, Geschenkverpackung oder Bag für Kleidung: Das Familienunternehmen fertigt in diesem Spektrum so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann.

Ein weiterer Schwerpunkt sind Zuschnitte und Rollen für Lebensmittelverpackungen, zum Beispiel aus Pergamin. Dieses fettdichte, transparente Papier wird unter anderem als Backtrennpapier genutzt oder in bunten Farben für den Bastelbedarf zugeschnitten, damit daraus Sterne und Fensterbilder fabriziert werden können oder auch Laternen für Sankt Martin.

Eine besondere Stärke der Firma ist die Herstellung von Sonderanfertigungen in individuellen Größen und Papiersorten, unbedruckt oder bedruckt, in der Regel ab einer Mindestmenge von 5.000 Stück zu haben. Die kleinste maschinell hergestellte Tüte ist nur 3 Zentimeter breit, die größte misst über 60 Zentimeter.

Beim Rundgang durch die Produktion sieht man etwa Tütchen vom Band laufen, in die vom Kunden später Blutkapseln für Faschings-Vampire gefüllt werden. Oder auffallende Beutel in knalligem Orange für den Versand von medizinischen Proben.

Die Bauarbeiten liefen gut – trotz der Corona-Pandemie

„Um eine solche Vielfalt in kleinen Mengen herzustellen, braucht man viel Platz für die Maschinen und fürs Lager. Der Platz in den alten Räumen reichte da einfach nicht mehr aus“, erläutert Geschäftsführer Jens Vonderheid.

„Die Erfüllung von Auflagen für den Brandschutz wäre im alten Gebäude zu teuer geworden“

Jens Vonderheid, Geschäftsführer

Zudem waren neue Auflagen der Behörden zum Beispiel für den Brandschutz im früheren Gebäude kaum noch zu erfüllen: „Wir hätten da in Sprinkler- und Absauganlagen, in neue Gefahrenpläne und so weiter investieren müssen. Das hätte sehr viel Geld gekostet, sodass ein Neubau auch deshalb sinnvoll wurde“, sagt der Unternehmer, der den Betrieb 2018 von seinem ehemaligen Chef übernommen hatte. Schon im Jahr darauf fiel der Startschuss für das Neubauprojekt.

Einen passenden Bauplatz fand Vonderheid in Schotten, einer Kleinstadt im Vogelsbergkreis, nur wenige Kilometer vom alten Standort entfernt. Da alle Verträge noch 2019 geschlossen wurden, Festpreis-Vereinbarung inklusive, verliefen Planung und Bauarbeiten dann weitgehend reibungslos – trotz Corona! Wobei die Hera-Belegschaft in der Pandemiezeit wegen des entsprechenden Booms im Versandhandel extrem viel zu tun hatte.

Während die Nachfrage durch den Versandhandel inzwischen wieder zurückgegangen ist, profitiert der Betrieb nun von dem Wunsch vieler Kunden, Kunststoff durch Papier zu ersetzen.

Online-Shops entdecken die Tüten aus Pergamin

„Viele denken nachhaltiger als früher“, betont der Firmenchef. Da will etwa der Juwelier eine reparaturbedürftige Uhr lieber in eine Papiertüte stecken statt in Plastik. „Auch so mancher Online-Shop hat die durchsichtige Pergamintüte schon für sich entdeckt, um bei den eigenen Kunden zu punkten“, sagt Vonderheid.

Seine Entscheidung, in einen Neubau zu investieren, war offensichtlich genau richtig. Und alle der knapp 50 Beschäftigten folgten an den neuen Standort. Und sind oft ähnlich begeistert wie Produktionsmitarbeiter Sascha Knaf: „Früher war alles sehr verwinkelt, und wir arbeiteten auf zwei Etagen. Jetzt genießen wir den Platz und das tolle Licht.“

Knaf ist seit fast 30 Jahren in der Papier verarbeitenden Industrie zu Hause und weiß genau, wie alte Schätzchen ticken – etwa die Maschine, auf der er gerade Tausende Versandmusterbeutel herstellt. Sie gehört zu einigen Spezialmaschinen hier, die nur dann zum Einsatz kommen, wenn passende Aufträge da sind. „Das spart Rüstzeiten“, sagt Knaf, „und wir können auch kleine Auflagen wirtschaftlich produzieren.“

An die Produktion schließt sich ein modernes Hochregallager an mit fast 1.500 Palettenplätzen. Hier arbeitet Versandmitarbeiter Marcel Möbus. Obwohl er erst wenige Monate dabei ist, ist er schon ein Hera-Fan: „Früher war für mich Papier einfach nur Papier“, sagt er. „Dass es so viele Sorten gibt und dass man so viel aus Papier machen kann – das hat mich total überrascht.“

Vielfalt als Stärke

  • 1946 wurde Hera im hessischen Nidda gegründet. Lange wurden Briefpapier und Kuverts gefertigt, Papierblumen und Zigarettenpapierchen.
  • 2018 übernahm der damalige Angestellte Jens Vonderheid das Unternehmen vom Eigentümer, da es in dessen Familie keinen Nachfolger gab.
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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