Gütersloh. Mit den schmutzigen Klamotten mal eben in den Waschsalon um die Ecke – und dann: keine Münzen dabei! Schnell nach Hause, wieder zurück: alle Maschinen belegt! Ein kurzes Pläuschchen, endlich eine frei, die Wäsche rein – und gelangweilt dreinschauen, wie sich die Trommel dreht. Viel Zeit wird da verplempert. Das fand auch Martin Hünten. Deshalb machen er und sein Team den Waschsalon jetzt smart.

Hünten ist einer der Geschäftsführer von Miele Operations & Payment Solutions (OPS), einer Tochter des Hausgeräteherstellers aus Gütersloh. Mit seinen Kollegen hat der Maschinenbauingenieur und Wirtschaftswissenschaftler mehrere Länder bereist. In Studentenwohnheimen, Rehakliniken, Waschsalons und auf Campingplätzen den Leuten beim Waschen zugeguckt. Und sie gefragt, wie das künftig besser laufen sollte.

Wenn gewünscht, übernimmt die Miele-Tochter den kompletten Waschkeller-Betrieb

Das Ergebnis der Europa-Tour: appWash, eine App, mit der Nutzer von Gemeinschaftswaschküchen Wasch- und Trockengänge einzeln buchen und bezahlen können. Mit dieser Idee haben Hünten und sein Kollege Frederik Wiedei 2019 Miele OPS ausgegründet. Die Firma bietet Betreibern von Wohnsiedlungen, Studentenwohnheimen, Seniorenresidenzen, Rehakliniken und Waschsalons an, die Wäsche-Abrechnung oder gleich den ganzen Waschkeller-Betrieb zu übernehmen. Letzteres ist sehr gefragt, sagt der 38-jährige Ingenieur, der auch zu Hause gern für saubere Sachen sorgt.

23 stehen auf der Liste – in so vielen Ländern wird die Wasch-App von Miele OPS schon angeboten

„Bisher war der typische gewerbliche Miele-Kunde jemand, der die Maschinen kauft“, sagt Hünten. „Doch diese Bereitschaft nimmt ab. Wohnungsbaugesellschaften wollen sich mit dem Thema Waschmaschinen nicht mehr beschäftigen. Deshalb bieten wir an, den Waschkeller auszustatten und uns um alles zu kümmern.“

Die Miele-Tochter bestückt die Gemeinschaftsräume mit sogenannten „Kleinen Riesen“: Profi-Geräten, die zwar kompakt, aber sehr leistungsfähig sind – und Spezialprogramme etwa für Bettdecken und Outdoor-Kleidung haben. Weil die Gütersloher Wert auf langlebige Produkte legen, können auch ältere Geräte durch eine Box mit Sim-Karte nachgerüstet und mit der Cloud vernetzt werden.

Ist die Wäsche fertig, kommt eine Nachricht aufs Handy

„Der Service wird bereits in 23 europäischen Ländern angeboten“, so Hünten, Zehntausende nutzen ihn. Sie haben sich appWash aufs Handy oder Tablet geholt, sich registriert und ein Prepaid-Guthaben aufgeladen. Dann schaut man in der App nach verfügbaren Geräten, wählt das Programm aus, befüllt die Maschine – und wartet auf eine Nachricht, dass man die sauberen Klamotten entnehmen kann.

„Die gewerblichen Waschmaschinen und Trockner haben üblicherweise Münzkassiergeräte, aber damit verlieren wir in einigen Märkten bereits Marktanteile“, sagt Hünten. Denn bargeldlos zahlen ist in einigen Ländern schon Standard: Die Kunden wollen nicht das passende Kleingeld bereithalten. Und sie möchten nicht aus dem 15. Stock in den Keller fahren, um dann verärgert festzustellen, dass alle Maschinen schon voll sind. Außerdem werden die Münzkassierer oft aufgebrochen.

Wohnungsbaugesellschaft Vivawest hat Pilotprojekt mit appWash gestartet

Vivawest, eine der größten Wohnungsbaugesellschaften in Nordrhein-Westfalen, hat Ende 2020 ein Pilotprojekt in ihrem Düsseldorfer Quartier Schöffenhöfe mit appWash gestartet. Das Konzept kommt an. Im nächsten Jahr soll das Neubau-Projekt Viktoria der Gesellschaft mit vielen Studentenappartements in Aachen folgen.

Das Start-up hat bereits weitere Zielgruppen im Visier. Zum Beispiel Camper: Sie bleiben nicht lange an einem Platz und wollen deshalb keine App laden. Aber per Kreditkarte oder Handy bargeldlos bezahlen, das möchten sie schon: Das soll ihnen ein Terminal ermöglichen.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich hatte das Glück, bei Miele unternehmerische Aktivitäten mitzugestalten und etwas Eigenes aufzubauen. Ich habe Partner gefunden, die mich super ergänzen.

Was reizt Sie am meisten?

Ich habe irrsinnig viel Spaß – und in diesem Beruf Flexibilität und den per- fekten Mix aus Arbeit und Privatleben.

Worauf kommt es an?

Als Unternehmer bekommt man extrem direktes Feedback auf eine Entscheidung. Spätestens morgen weiß man, ob sie richtig oder falsch war.

Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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