Nicht jeder Mieter hat das Glück, dass zu seiner Mietwohnung ein Balkon gehört. Ist dies jedoch der Fall, gibt es für viele nichts Schöneres, als bei Sonnenschein auf dem Balkon zu sitzen. Doch während die einen es genießen, draußen zu sein, ärgern sich die anderen – die Nachbarn, die sich über Lärm, Gerüche, die aufgehängte Wäsche und Weiteres aufregen. Rechtsanwalt Thomas Hannemann aus Karlsruhe, zu dessen Schwerpunkten unter anderem Mietrecht gehört, gibt Tipps.

Was auf Balkonien erlaubt ist, hängt oft vom Einzelfall ab

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, heißt es nicht ohne Grund. Darüber, was die einen dürfen oder nicht und die anderen zu ertragen haben (oder nicht), kann man trefflich streiten. „Die Rechtslage hängt immer vom Einzelfall ab“, sagt Hannemann. Deshalb gehören viel zitierte Regeln wie „Man darf viermal pro Jahr feiern“ ins Reich der Mythen und Märchen. Das Recht spricht eine andere Sprache.

Dabei ist der Grundsatz einfach: Auf dem Balkon ist im Prinzip alles erlaubt – mit einer Einschränkung: Es darf niemanden unzumutbar beeinträchtigen. Am häufigsten streiten sich Mieter wie Eigentümer über Lärm und Gerüche, etwa durch Grillen. Aber auch herabfallende Blütenblätter können die nachbarschaftlichen Beziehungen trüben.

Grillen: Ein Blick in die Hausordnung hilft

Oft finden sich in der jeweiligen Hausordnung Regeln zum Grillen auf dem Balkon. In vielen Fällen ist es ganz verboten oder die Hausordnung gestattet nur die Nutzung eines Elektrogrills, auch aus brandschutztechnischen Gründen. Auch ein Blick in den Mietvertrag kann sich lohnen.

Fehlen solche Vorschriften in der Hausordnung, ist gegen gelegentliches Grillen nichts einzuwenden. So legte das Amtsgericht Bonn beispielsweise fest, dass der Mieter eines Mehrfamilienhauses einmal pro Monat nach 48-stündiger Vorankündigung grillen darf. So sei kein anderer Mieter im Haus unzumutbar beeinträchtigt (6 C 545/96). Doch solche Entscheidungen gelten immer nur für den verhandelten Fall und sind nicht übertragbar, weil es immer auf die örtlichen Gegebenheiten ankommt.

Das geht gar nicht: Geruch von Grillanzündern oder Spiritus

Wenn durch den Grillqualm keiner im Haus gestört wird, etwa weil man die oberste Wohnung bewohnt und der Rauch nach oben wegzieht, kann man auch täglich grillen. Anders, wenn der Würstchen-Geruch direkt ins nächste Wohnzimmer gelangt – dann kann der Nachbar Zurückhaltung verlangen. „Was allerdings gar nicht hingenommen werden muss, ist der Geruch von Grillanzündern, Spiritus und Ähnlichem – denn der kommt beim üblichen Kochen in der Küche auch nicht vor“, lautet einer von Hannemanns Tipps.

Hauptärgernis Lärm: Da gibt es Unterschiede zwischen Tag und Nacht

Der eine Bewohner im Haus möchte seine Ruhe, der andere auch auf dem Balkon aufs Radiohören nicht verzichten: Die Geräusche der Nachbarn verursachen häufig Ärger. Ein leise eingestelltes Radio müssen Nachbarn tagsüber tolerieren. Wer Zank vermeiden will, sollte aber besser Kopfhörer nutzen.

Spätabends sieht die Sache anders aus: Selbst wenn die Sommernacht lau ist – will der Nachbar schlafen, sind sogar Gespräche in normaler Lautstärke nicht mehr außerhalb der Wohnung erlaubt, vom Feiern und Musikhören ganz zu schweigen. Von 22 Uhr bis morgens um 7 herrscht Nachtruhe, so sieht es das Bundes-Imissionsschutzgesetz vor. Das bedeutet: Die Feier oder die Unterhaltung müssen innerhalb der Wohnung in Zimmerlautstärke fortgesetzt werden.

Streit ums Rauchen

Immer wieder gibt es Ärger ums Rauchen. Der auf dem Balkon rauchende Mieter stellt meist weniger für den Vermieter, dafür aber umso mehr für die Nachbarn ein Problem dar.

Auch hier gilt: Grundsätzlich gehört Rauchen laut Mietrecht zum normalen Gebrauch einer Mietsache und darf nicht ganz verboten werden. Dementgegen stehen die Interessen der Nichtraucher. Der Bundesgerichtshof hat dazu jüngst entschieden, dass grundsätzlich auch eingeschränkte Rauchzeiten auf dem Balkon vorstellbar sind (V ZR 110/14).

Was ist mit Blumenkästen auf dem Balkon?

Wer es gern grün hat, darf Blumenkästen an den Wänden des Balkons anbringen, das ist grundsätzlich erlaubt. Voraussetzung ist allerdings, dass diese gut befestigt sind. Ein allzu üppiger Bewuchs ist jedoch bisweilen Anlass zum Streit – wenn Pflanzenbestandteile oder Gießwasser von oben auf einen anderen Balkon und womöglich in die Kaffeetasse rieseln.

Hier gelten die folgenden Tipps: „Einzelne Blätter müssen Nachbarn tolerieren, aber größere Mengen müssen sie nicht hinnehmen“, erklärt Rechtsanwalt Hannemann. Werden die Blumen zu groß, müssen Mieter oder Eigentümer zum Beispiel durch regelmäßiges Zupfen oder Beschneiden sicherstellen, dass nicht zu viel Abfall nach unten fällt.

Nackt sonnen: Das ist Zurückhaltung geboten

Sonnenliebhaber dürfen sich auch auf dem Balkon ihrem Hobby hingeben – wenn sie sich an die herrschenden Sitten halten. Sprich: Bekleidung, die im Schwimmbad üblich ist, ist auch für das Sonnenbad auf dem Balkon erlaubt. Ganz textilfreies Sonnenbaden kann gegen die guten Sitten verstoßen, wenn der Balkon für andere einsehbar ist. Hier ist Zurückhaltung angeraten.

Wäsche aufhängen

Auch über die zum Trocknen aufgehängte Kleidung erhitzen sich bisweilen die Gemüter. Die kleine Wäsche darf im Rahmen des Balkons trocknen, auf mobilen Wäscheständern, sofern diese optisch nicht stören. Fest installierte Wäscheleinen dürfen jedoch nicht einfach nach Gusto angebracht werden.

Im Konfliktfall erst mal das Gespräch suchen

Für alle Konfliktfälle gilt: Vor dem Gang zum Rechtsberater sollte man zunächst das Gespräch mit dem Nachbarn suchen, rät Hannemann. Vielleicht ist sogar eine Mediation möglich. Egal, ob Mieter oder Eigentümer. Vielleicht weiß der gar nicht, dass er Anlass zum Ärger ist. Kann man sich nicht auf einen Kompromiss einigen, sind allerdings weitere Schritte nötig. Hier ist eine gründliche Beratung über die Erfolgsaussichten einer Klage hilfreich.

Denn: „Bei gerichtlichen Verfahren muss der, der sich beeinträchtigt fühlt, die Störung durch den Nachbarn nachweisen“, sagt Anwalt Hannemann. Dies kann unter Umständen schwierig sein – oder teuer, wenn zum Beispiel Sachverständigen-Gutachten eingeholt werden müssen. Die Gefahr: Im Fall des Misserfolgs bleibt der Kläger auf diesen und weiteren Kosten des Verfahrens sitzen.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

Alle Beiträge der Autorin