Werdohl. Die langen Fingernägel, lackiert in leuchtendem Blau, hätte man hier nicht erwartet. Perfekt manikürte Hände gleiten über das Programmierfeld, greifen zum Schraubendreher, spannen das Metallstück ein. Sie gehören zu Lana Kordelidis, die im Blaumann an der CNC-Maschine steht und die Bearbeitung startet. „Alles kein Problem“, sagt sie und lacht: „Auch wenn meine Kollegen immer wieder fasziniert sind, dass ich damit arbeiten kann.“

Das ist aber wohl auch das Einzige, was die Mitarbeiter bei Rötelmann in Werdohl an der jungen Frau irritiert. Seit August 2016 macht sie in dem Unternehmen im Sauerland ihre Ausbildung zur Zerspanungsmechanikerin, und zu meckern hat keiner was. Ganz im Gegenteil. „Sie macht einen guten Job, hat das alles im Griff“, lobt Betriebs- und Ausbildungsleiter Volker Trinkaus.

Lana Kordelidis als erste weibliche technische Auszubildende bei Metallfirma Rötelmann

Lana Kordelidis ist die erste weibliche technische Auszubildende in dem Familienunternehmen. Rötelmann ist ein weltweit gefragter Anbieter von Spezialteilen der Absperr- und Steuertechnik. Die Firma produziert Kugelhähne und Ventile, die in Windkraftanlagen und Raffinerien, im Schiffs- und Maschinenbau zum Einsatz kommen. Noch immer eine Männerwelt, die Kordelidis anfangs ein bisschen Angst gemacht hat.

Ein Praktikum im Büro brachte die Erkenntnis: „Nichts für mich“

Mit den Händen zu arbeiten, anzupacken, das war zwar schon immer ihr Ding. „Möbel aufbauen oder alles Handwerkliche rund ums Haus habe ich gemacht“, erzählt die 23-Jährige. Auch ihre Mutter, die selbst an Drehzentren arbeitet, wollte ihr eine praktische Ausbildung schmackhaft machen. Aber: „Ich habe den Mut einfach nicht gehabt“, sagt die Plettenbergerin. An der Realschule wählte sie – trotz bester Informatik-Noten – Sozialwissenschaften als Neigungsfach: „Ich wäre sonst das einzige Mädchen gewesen.“ Dann steuerte sie das Fachabitur an und machte ein Praktikum im Büro – das war völlig ernüchternd. „Es hat mich gelangweilt, nichts mit den Händen zu machen. Nichts für mich.“

Dass sie als einziges von drei Mädchen in der Berufsschulklasse übrig geblieben ist, stört Kordelidis heute nicht mehr. „Es war die richtige Entscheidung“, sagt sie.

Bei Rötelmann fühlte sie sich schon im Vorstellungsgespräch wohl. „Man hat gemerkt, dass sie großes Interesse daran haben, eine Frau einzustellen. Das war toll.“ Auch von den Kollegen ist sie sofort gut aufgenommen worden. „Ich hatte typische Sprüche erwartet, aber die kamen kaum“, erinnert sie sich. „Ich werde unterstützt wie die anderen Azubis auch. Sie merken, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Das ist wichtig.“

„Viele schreckt leider ab, dass sie vielleicht die einzigen Mädchen sind“

Es spornt sie an, immer mehr selbstständig arbeiten zu dürfen. Ein Programm für ein Produkt zu schreiben, das dann auch funktioniert – das mache am meisten Spaß.

Die Auszubildende sagt, dass man sich bei dem Job „nicht dreckig macht“. Das möchte sie auf den Ausbildungsmessen auch interessierten Schülerinnen vermitteln. „Sie sind schon neugierig, aber viele schreckt leider doch ab, dass sie vielleicht die einzigen Mädchen sind“, berichtet die junge Frau. Sie möchte ihnen Mut machen, es trotzdem zu probieren. Auf lange Fingernägel muss man deshalb schließlich nicht verzichten.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Bei einem Ferienjob habe ich gemerkt, dass das was sein könnte. Das Handwerkliche liegt mir.

Was reizt Sie am meisten?

Die Herausforderung. Ich möchte noch mehr lernen und später den Ausbildungsschein und den Techniker machen.

Worauf kommt es an?

Ohne technisches Verständnis für die Zeichnung kann man die Maschine nicht rüsten. Und Mathe ist wichtig, wenn man nicht immer den Taschenrechner in der Hand haben möchte.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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