Holzminden. Wer die Georg-von-Langen-Schule betritt, sieht sofort: Diese berufsbildende Schule kooperiert eng mit Partnern in Wirtschaft und Wissenschaft. Insgesamt 15 Tafeln zieren das Eingangsfoyer, in einer Glasvitrine stehen Ehrenpreise. Ganz neu in der Reihe der Auszeichnungen ist eine namens „Weichensteller“. Die Stiftung NiedersachsenMetall hat sie kürzlich den Lehrern Martin Häusler, Thorsten Pahl und Stephan Oppermann überreicht. Hintergrund: Jährlich zeichnen die Metall-Arbeitgeber Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen für überdurchschnittliches Engagement aus – neu ist nun der Preis speziell für Berufsschullehrer.

Kurz nachdem aktiv die Schule im südniedersächsischen Holzminden besucht hat, holte sich das Lehrer-Team das Ticket für das europäische „Science-on-Stage-Festival“ in Prag.

Ihre Schüler haben es in die „Tagesschau“ geschafft

Das ist die größte Ideenbörse für MINT-Lehrkräfte, also für Lehrer in den für die Industrie zentralen Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Zusammen mit rund 450 anderen Lehrkräften machen die drei im März 2022 in Prag Lust auf MINT im Unterricht – speziell für Lehrer. Häusler, Pahl und Oppermann stellen dort den „Energy Floor“ aus, mit dem ihre Schüler es schon in verschiedene Fernsehformate und in die „Tagesschau“ geschafft haben. Denn dieser spezielle Fußboden enthält Piezo-Elemente und erzeugt beim Betreten Strom.

Die Holzmindener Pädagogen sind da Überzeugungstäter! Seit 2008 bilden sie ein Team. „Wir wollten damals mehr Praxis in den Unterricht bringen“, berichtet Oppermann. So wurde eine Schülerfirma gegründet, die nun schon über zehn Jahre erfolgreich arbeitet und Grills fertigt. „In manchen Jahren haben wir über 30 Grills hergestellt“, sagt Oppermann, der Fachpraxis Metall unterrichtet. Das Projekt war die Keimzelle für mehr. 2013 habe man überlegt, wie man Energie vom Grill zurückgewinnen könnte. In der Folge entstand schließlich auch der stromerzeugende Fußboden.

 

Berufsschulen brauchen mehr Stellen, moderne Ausstattung, Breitbandanschluss

Der nun verliehene Preis von den Metall-Arbeitgebern ist eine Anerkennung für Lehrkräfte, die sich besonders um den MINT-Nachwuchs bemühen und die Talente der jungen Menschen wecken. So erklärt es Arbeitgeberchef Dr. Volker Schmidt. Er empfindet es als dramatisch, dass die duale Ausbildung „in eine Sandwich-Position aus demografisch bedingtem Nachwuchsmangel auf der einen Seite und einem Studien-Hype auf der anderen Seite gerät“.

Dabei wird, wie Bildungsexperten bemängeln, die Leistung der Berufsschulen vielfach übersehen. „Die Berufsschulen müssen wie kaum eine andere Schulform permanent die Innovationen der ausbildenden Betriebe nachvollziehen und unterstützen“, sagt Schmidt. Er fordert deshalb von der Politik „mehr Stellen, moderne Ausstattung und Breitbandanschluss“.

Ohne solide Metallbearbeitung geht es im Arbeitsalltag nicht

Das Lehrer-Trio legt übrigens Wert auf das Vermitteln wichtiger Grundkompetenzen: Ohne solide Metallbearbeitung etwa gehe es im Arbeitsalltag nicht. Und die drei setzen auf Motivation. Selbstständiges Erarbeiten steht im Mittelpunkt, wie Techniklehrer Pahl betont: „Die Schüler haben die Ideen – und wir Lehrer haben die Aufgabe, das zu steuern.“

Mit der neuen Auszeichnung erhält das Lehrer-Team 3.000 Euro. „Das Geld ist schon verplant“, sagt Pahl. „Wir investieren in weitere Projekte. Die nächste IdeenExpo haben wir schon im Blick.“

Ein neuer Preis: Der „Weichensteller“

Neue Auszeichnung. Der „Weichensteller“-Preis für Berufsschullehrer wurde in diesem Jahr erstmals verliehen: an die Pädagogin Andrea Kück (Berufsbildende Schule Schiffdorf), den Lehrer Jan Meiers (Berufsbildende Schulen Ammerland) und das auf dieser Seite vorgestellte Team der Georg-von-Langen-Schule in Holzminden.

Prominente Stifter. Ausgelobt wird der Preis von der Stiftung Niedersachsen- Metall, dem Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall, der VME-Stiftung Osnabrück-Emsland und deren Kooperationspartner Nordmetall.

Stattliches Preisgeld. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 9.000 Euro dotiert. Die Lehrer erhielten ihre Urkunden vom Landeskultusminister Grant Hendrik Tonne.

Fachkräftemangel

Die Lücke in technischen Berufen ist wieder größer

  • 145.100 MINT-Fachkräfte fehlten bundesweit im Frühjahr.
  • 60.200 dieser Jobs erfordern eine Facharbeiterqualifikation.
  • 13.000 Meister und Techniker wurden gesucht.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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