München. Neue Technik stellt neue Anforderungen. Bayerns Leitindustrie, der Automobilbau, steht vor großen Veränderungen. Das betrifft nicht nur die Antriebstechnik, sondern die gesamten Produktionsprozesse und damit die Mitarbeiter. Wo sich viel verändert, ist der Bedarf an Qualifizierung hoch. Die Initiative Fachkräftesicherung plus (FKS+), ein gemeinsames Programm der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und des bayerischen Wirtschaftsministeriums, hat dazu eine neue Weiterbildungsreihe angestoßen. Das Projekt „Unternehmen im Transformationsprozess“ trifft den Nerv der Branche. Es ist speziell ausgerichtet auf Beschäftigte in der Automobil- und Zuliefererindustrie. Firmen und Bildungsexperten haben die Inhalte gemeinsam entwickelt, abgestimmt auf Anforderungen im Betrieb.

100 Prozent der Lehrgangskosten werden übernommen

„Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage dürfen wir das langfristige Ziel der Fachkräftesicherung nicht aus den Augen verlieren“, betont der Hauptgeschäftsführer der vbw, Bertram Brossardt. Er sieht in dem Projekt eine gute Unterstützung zur zukunftsorientierten Weiterbildung der Belegschaft. Die Maßnahme zur Qualifizierung wird vom Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft umgesetzt und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Ein „Zuckerl“ für Firmen und Teilnehmende: Die Lehrgangskosten werden zu 100 Prozent übernommen.

Die Reihe besteht aus insgesamt neun Bausteinen mit je 40 Unterrichtseinheiten. Noch bis Jahresende werden die Trainings an mehreren bayerischen Unternehmensstandorten angeboten. Sie finden größtenteils online statt.

Wissen zu Robotik, Sensorik und Assistenzsystemen

Die einzelnen Einheiten vermitteln zum Beispiel Kenntnisse zur digitalen Kommunikation und zu Datensicherheit. Ein großer Baustein behandelt die Themen neue Mobilität, Assistenzsysteme sowie autonomes Fahren. Dazu kommen Grundlagen zu Industrie 4.0 und vernetzten Industrieanlagen sowie zu Robotik, Sensorik und additiver Fertigung. Für jeden ist was dabei, für die Technikfreaks wie für Führungskräfte. Letztere eignen sich etwa Fähigkeiten zum Führen auf Distanz an, was durch Corona besonders wichtig geworden ist, oder neues Wissen zum Projektmanagement.

Das kommt gut an: Für den ersten Durchlauf haben sich über 400 Beschäftigte für die zur Verfügung stehenden 108 Plätze angemeldet. Für den weiteren Verlauf liegen 525 Voranmeldungen aus 19 bayerischen Unternehmen vor.

Der Wandel in der Branche betrifft auch die Auszubildenden

„Die Digitalisierung betrifft alle Bereiche, von der Fahrwerktechnik bis zum Airbag“, sagt Tobias Eschrich, Leiter der Personal- und Organisationsentwicklung im Industrietechnik-Unternehmen ZF Passau (rund 4.000 Beschäftigte am Standort). „Wir wollen, dass nicht nur unsere Produkte, sondern auch unsere Mitarbeiter auf dem aktuellen Stand der Dinge sind.“

Das Unternehmen hat daher Teilnehmer in alle Bausteine des Projekts entsandt, vor allem für die Angebote zur Qualifizierung für Industrie 4.0. Auch die Azubis nimmt man mit. Eschrich: „Sie betrifft der Wandel genauso wie unsere Fach- und Führungskräfte.“

Auch aus Sicht von Georg Weichenrieder, Manager für technisches Know-how und Global HR Training von Kromberg & Schubert Automotive, ist das Projekt „eine wirklich zeitgemäße Form der Weiterbildung“. Das Unternehmen war von Anfang an dabei, half mit, die Ideen zu entwickeln, die die Beschäftigten im Arbeitsalltag weiterbringen. Aus seiner Sicht werden die Inhalte den Herausforderungen des Wandels gerecht und vertragen sich gut mit dem Tagesgeschäft. Das mittelständische Familienunternehmen beschäftigt im niederbayerischen Abensberg rund 600 Mitarbeiter, zumeist Ingenieure.

„Unser Produkt bleibt, es wird nur anders aussehen“, sagt der Hersteller von Bordnetzen. Doch die Art und Weise wie man arbeite, werde sich verändern: „Kommunikation und Führung werden digitaler, die smarte Fabrik zur Realität.“ Gut, wenn man darauf vorbereitet ist.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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