Merenberg. Sie bringen den Kleber ins Fläschchen, die Creme in die Tube, Infusionslösungen in die Beutel – und sogar Autos per Lift in den 58. Stock: Die 35 Beschäftigten von focus Industrieautomation in Merenberg entwickeln Software für Maschinen- und Anlagenbauer in der ganzen Welt. aktiv sprach mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Markus Michels unter anderem über bahnbrechende Ideen für die Industrieprozesse von morgen.

Herr Michels, was haben Sie denn mit dem Porsche Design Tower in Miami Beach zu tun, dem aktuell wohl teuersten Parkhaus der Welt?

Jedes Appartement in diesem Luxushochhaus hat einen eigenen Parkplatz direkt neben der Wohnungstür! Unsere Software sorgt dafür, dass jedes Fahrzeug im Aufzug gescannt, anhand der Daten dem richtigen Stellplatz zugeordnet und dann auch dorthin transportiert wird. Wir arbeiten mit Maschinen- und Anlagenbauern weltweit zusammen, wenn es um Automatisierung und Steuerung geht. Wir erwecken ihre Maschinen und Anlagen sozusagen zum Leben – in diesem Fall eben: drei Aufzüge.

Was zeichnet Ihr Unternehmen generell besonders aus?

Wir planen und realisieren automatisierte und digitalisierte Fertigungsprozesse bis hin zu bedienerfreundlichen Leitwarten für die Steuerung und Überwachung. Mit einem modernen Produktionsleitsystem behält man den Überblick – zum Beispiel auch in einem Müllheizkraftwerk mit mehr als 10.000 Prozessobjekten. Wir verknüpfen mit unserer Software die Aktorik und die Sensorik. Das heißt: Alles, was sich in Anlagen bewegt, wird automatisch erfasst, aufbereitet und ausgewertet. Dass ein IT-Unternehmen wie wir neben der Automatisierung auch die Digitalisierung von Maschinen und Anlagen beherrscht, ist selten unter unseren Marktbegleitern.

Ist Nachhaltigkeit da ein Thema?

Ja klar! Automatisierung und Digitalisierung verhelfen zu mehr Effizienz. Mit einem modernen Produktionsleitsystem behält man den Überblick – egal, ob es um die Abfüllung von Reinigungsmitteln geht oder um spiegelblanke Edelstahlbleche durch eine Säurebehandlung nach dem Walzen. Man kann so Kosten sparen und auch Ressourcen wie Wasser, Rohmaterialien oder Energie. Für eine neue Halbleiterfabrik in Dresden haben wir beispielsweise die komplette Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik für die Wasseraufbereitung und die Abwasseranlage entwickelt und installiert.

Was mir dabei ganz wichtig ist: Die Digitalisierung lässt sich nicht verordnen, sondern sie muss Chefsache sein! Man kann klein anfangen und dann nach oben skalieren. In jeder Produktion lassen sich Dinge verbessern. Es ist aber nicht damit getan, Sensoren einzubauen und Daten auszuwerten. Man braucht Ziele: Will ich die Qualität verbessern – Ressourcen schonen – Kosten einsparen – oder was auch immer? Klar kostet die Digitalisierung Geld, aber nichts tun geht gar nicht. Denn diese neue industrielle Revolution hat bereits begonnen, das ist Fakt.

Wie stark spüren Sie eigentlich schon den Fachkräftemangel?

Wir bilden seit Jahren aus, bieten auch duales Studium an. Deshalb sind wir ein gutes Team mit vielen jungen Leuten, die sich für Informatik begeistern. Informatik ist hip – und da wir in der Region als guter Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb bekannt sind, bekommen wir gute Bewerbungen. Allerdings wird es immer schwieriger, Mitarbeiter auch für die Einsätze vor Ort zu begeistern. Denn es geht ja nicht nur nach Miami Beach, sondern auch mal nach China, Indien oder Afrika. Man ist dann Tage, manchmal sogar Wochen vor Ort, bis alles installiert ist und perfekt läuft.

Zur Person

Markus Michels

  • Geboren 1969 in Dernbach im Westerwald
  • 1984 bis 1988 Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker
  • Ab 1991, nach dem Fachabitur, Studium der Elektrotechnik an der FH Koblenz, Abschluss als Diplom-Ingenieur (FH)
  • Projektleiter in der Industrie
  • 2000 Einstieg bei focus Industrieautomation als Geschäftsführer, seit 2018 Mehrheitsgesellschafter
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

Alle Beiträge der Autorin