Köln. „Pepper, spiele Musik!“, fordert die 76-jährige Margarete und schaut den kleinen Roboter erwartungsvoll an. Der blinzelt mit seinen Kulleraugen, mimt den Luftgeiger – und macht Kaffeehausmusik. „Toll, was alles geht“, freut sich die Auftraggeberin, eine Patientin des Kölner St.-Marien-Hospitals. Hier, auf der Innovationsstation für Kognitive Geriatrie, werden an Demenz erkrankte Patienten behandelt.

Hemmschwellen vor den Assistenz-Robotern schwinden

„Auch, weil er kindliche Züge hat, kommt Pepper gut an“, berichtet Professor Ralf-Joachim Schulz. „Zur Unterhaltung und Ablenkung der Patienten probieren wir ihn hier deshalb gern aus.“ Der Leiter des Altersmedizinischen Zentrums hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich das älteste Krankenhaus der Domstadt zu einem Hotspot der Digitalisierung im Medizinbereich gewandelt hat.

Der Stolz auf Pepper ist Schulz deutlich anzumerken. Schließlich ist der 1,50 Meter große humanoide – also menschenähnliche – Helfer ein Unterhaltungstalent: Mit zarter Stimme erzählt er Witze, imitiert Tierstimmen, fordert zu Spielen auf. Und streichelt man ihm über den Kugelkopf, kichert der kleine Freudenspender. Eingebaute Berührungssensoren machen es möglich. „Künftig könnte Pepper mit einer neuen Software beispielsweise auch bei der Diagnostik helfen – zum Beispiel Fieber messen und Gefühle erkennen“, erklärt Schulz. „Oder er erinnert an Demenz erkrankte Patienten daran, ausreichend zu trinken.“

Auch andere digitale Artgenossen hat das Kölner Krankenhaus schon auf Herz und Nieren geprüft: Rose etwa, die auf den Klinikfluren Tag und Nacht als Hilfspatrouille unterwegs war. Und Plato, als Lieferbote für Speisen und Getränke.

Zahl pflegebedürftiger Menschen steigt schnell

In Zukunft werden Assistenz-Roboter eine noch viel größere Rolle spielen als heute. Denn laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen hierzulande binnen 30 Jahren um mehr als ein Drittel, auf dann 6,8 Millionen. Die alternde Generation der Babyboomer lässt grüßen. Dabei fehlen heute schon Zehntausende Pflegekräfte, in Kliniken ebenso wie in der Altenpflege. Wie soll die weiter wachsende Lücke ausgewetzt werden, wenn nicht mit Robo-Hilfe?

Kein Wunder, dass auch andernorts in Deutschland Assistenz-Roboter das Laufen lernen. Im Knappschaftsklinikum Saar in Püttlingen beispielsweise war es bis zu Jahresbeginn der digitale Assistent Hollie: Der stämmige, schulterhohe Prototyp bot Patienten Halt beim Spazierengehen auf den Krankenhausfluren, nahm Essensbestellungen auf und assistierte sogar dem Pflegepersonal beim Protokollieren von Genesungsfortschritten der Patienten.

Einen anderen Ansatz verfolgt das Projekt Teleskoop am Forschungszentrum Karlsruhe: Dort entsteht gerade das erste sogenannte Telepräsenzsystem für die Pflege zu Hause. Menschenähnliche Assistenz-Roboter werden hier von Pflegekräften aus der Ferne bedient, per Virtual-Reality-Technologie. Das könnte Pflege auf Abruf in der eigenen Wohnung ermöglichen, ohne Reise- und Wartezeiten.

Noch geht es darum, „Kinderkrankheiten“ der vielseitigen Robbies zu kurieren, sie etwa auf Schnelligkeit und Ausdauer zu trimmen. „Die Technik entwickelt sich aber rasant“, sagt Professor Schulz. „Man darf gespannt sein, wohin die Reise geht.“

Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

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