Die Gründe für eine Überschuldung sind vielfältig: Scheidung, Krankheit oder beispielsweise Arbeitslosigkeit können in eine Schuldenspirale führen. Laut Creditreform Schuldenatlas Deutschland 2020 waren im vergangenen Jahr 3,4 Millionen Haushalte überschuldet.

Tatsächlich haben Experten wegen der Corona-Pandemie einen deutlichen Anstieg erwartet, tatsächlich aber waren etwas weniger Haushalte verschuldet als im Vorjahr. „Wir rechnen jedoch damit, dass sich das noch ändern wird“, sagt Josephine Holzhäuser, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Denn wir haben viele Anfragen von Verbrauchern, die ihre Altersvorsorge teilweise oder sogar ganz auflösen wollen, um sich etwa länger über Wasser zu halten.“

Nicht zu lange warten

Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollte man schon bei den ersten Anzeichen einer Überschuldung handeln. „Wenn die monatlichen Ausgaben regelmäßig höher sind als die Einnahmen, muss etwas geschehen“, so Holzhäuser. Denn wichtig sei auf jeden Fall, dass man die Miete, den Strom, die Krankenkasse und natürlich Lebensmittel bezahlen könne. „Es ist natürlich ein Unterschied, ob man weiß, dass man in zwei, drei Monaten wieder regelmäßige Einnahmen haben wird – oder ob ein Ende der Durststrecke nicht abzusehen ist“, sagt die Finanzexpertin. Geht es nur darum, eine kurze Zeit zu überbrücken, lassen sich die Schulden danach schnell zurückzahlen. Anders ist die Situation, wenn man nicht weiß, wie es weitergehen wird. 

Runter mit den Lebenshaltungskosten

Da hilft sparen: Wer ein Haushaltsbuch führt, erkennt schnell, wo zu viel ausgegeben wird. Dazu stellt man Einnahmen und Ausgaben gegenüber. Dabei ist es wichtig, alle Belege zu erfassen – zum Beispiel auch Rechnungen, die per E-Mail kommen. Am besten trägt man taggenau ein, was man wofür ausgibt. Entweder klassisch auf Papier oder per App. Von der Verbraucherzentrale gibt es einen einfachen Budgetrechner im Netz für den ersten Überblick. 

So sieht man schnell, wo man unnötig Geld ausgibt – beispielsweise häufig bei Kosmetik oder für neue Kleidung. „Auch das Fitnessstudio kann hohe Kosten verursachen oder ein Zeitschriften- oder TV-Abo“, so Holzhäuser. Grundsätzlich hilft oft schon, beim Discounter einzukaufen oder mehr selbst zu kochen.  

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Die Finanzen im Blick behalten

Ist das Geld sehr knapp, kann auch ein strenges Budget helfen: „Zunächst zieht man alle monatlichen Verbindlichkeiten wie Miete oder Strom von den Einnahmen ab“, erklärt Holzhäuser. „Was übrig bleibt, wird durch die Zahl der Wochen im betreffenden Monat geteilt. So weiß man, welche Summe man pro Woche ausgeben kann.“

Für einen besseren Überblick ist es sinnvoll, in dieser Zeit nur mit einer Karte zu bezahlen. Denn: „Je mehr Karten und Onlinezahlungsdienstleister man nutzt, desto eher verliert man den Überblick“, warnt die Verbraucherschützerin. „Das kommt auch dadurch, dass die ausgegebenen Summen je nach Bezahlart manchmal erst Wochen später vom Girokonto abgebucht werden“. Wer dagegen immer mit der Girocard bezahlt, sieht direkt, wie viel Geld noch zum Leben übrig bleibt. 

Nur im absoluten Notfall: Altersvorsorge auflösen

Die Altersvorsorge aufzulösen, ist übrigens grundsätzlich keine gute Idee. Die Alternative: „Man sollte prüfen, ob man sie von weiteren Beitragszahlungen freistellen kann“, sagt Holzhäuser. Denn die Folgen einer Auflösung sind fatal: „ Wer beispielsweise seine Kapitallebensversicherung auflöst, bekommt erstens nur einen Bruchteil des angesparten Geldes ausgezahlt, zweitens fehlt die Summe später“, so die Expertin.  

Bloß keine Kredite aufnehmen

Ein Darlehen in dieser Situation aufzunehmen, sollte man auf jeden Fall vermeiden. Weder für Möbel, Urlaub oder Weihnachtsgeschenke, noch um das Finanzloch zu stopfen. Denn ein Kredit muss zurückgezahlt werden – und dafür reicht das Geld oft nicht. Hinzu kommt: „Wer nicht ausreichend Geld hat, wird einen Ratenkredit höchstens zu schlechten Konditionen bekommen“, sagt Holzhäuser. Dann zahlt man also deutlich mehr zurück, als das, was man aufgenommen hat, weil die Zinsen fürs Leihen hoch sind. 

„Und wer von der Bank keinen Kredit bekommt, sollte auf keinen Fall auf einen Anbieter im Internet oder in den sozialen Medien hereinfallen“, sagt die Finanzexpertin. Verbraucher, die sich auf diese Angebote, die häufig mit dem Zusatz „ohne Schufa“ werben, einlassen, stehen oft am Ende ohne den erhofften Kredit da. Dafür werden von ihnen wider Erwarten vermeintliche Bearbeitungs- oder Vermittlungsgebühren verlangt. Kreditvermittler, die mit Darlehen „ohne Schufa“ werben, verschlimmern unter Umständen die Situation. 

Zur Schuldnerberatung gehen

Wer merkt, dass er permanent in den Miesen ist, sollte sich Hilfe holen. Etwa bei einer Schuldnerberatungsstelle, auch einige Verbraucherzentralen bieten Beratung an. Gut zu wissen: „Eine seriöse Schuldnerberatung ist immer kostenlos“, betont Holzhäuser. Will ein Berater für seine Dienste Geld sehen, sollte man weiter nach der richtigen Anlaufstelle suchen. „Allerdings gibt es bei vielen Beratungsstellen auch lange Wartezeiten“, weiß Holzhäuser. Man sollte darum so früh wie möglich einen Termin vereinbaren und schon gut vorbereitet zum ersten Termin gehen.

Gut vorbereitet heißt: Alle Gläubiger auflisten, ebenso die ausstehenden Forderungen. Außerdem sollte man die monatlichen Einnahmen wie Löhne, Renten oder Unterhaltszahlungen benennen können sowie eventuelle Rücklagen.

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Wie der Staat unterstützt 

Während Verbraucher 2020 für eine befristete Zeit beispielsweise Mieten sowie Zahlungen für Telekommunikations- oder Stromrechnungen stunden konnten, gibt es 2021 keine ähnliche finanzielle Unterstützung.

Wer trotzdem in finanzielle Not geraten ist, kann Grundsicherung beantragen. „Sie stellt das Existenzminimum sicher“, sagt Margret Böwe, die beim Sozialverband VdK Deutschland für Sozialpolitik zuständig ist. Aktuell sind dabei zwei Punkte wichtig: Bis zum 31. Dezember 2021 gibt es noch einen vereinfachten Antrag im Rahmen des Sozialschutz-Paketes, der vielerorts online ausgefüllt und eingereicht werden kann. Vereinfacht bedeutet hier, dass nur eine eingeschränkte Vermögensprüfung vorgenommen wird.

„Zweitens werden die Mietkosten in voller Höhe für mindestens ein halbes Jahr übernommen“, erklärt Böwe. Wer also durch die Corona-Krise kein oder nur noch ein geringes Einkommen hat, sollte prüfen lassen, ob er einen Anspruch auf Grundsicherung hat.

Alternativ dazu gibt es Wohngeld: „Das ist ein Zuschuss zur Miete“, sagt Böwe. „Wer keine Grundsicherung bekommt, kann durchaus Anspruch auf Wohngeld haben.“ Damit lässt sich zwar nicht die gesamte Miete begleichen, aber immerhin ein Teil.