Gibt es tatsächlich immer mehr Armut in Deutschland? 80 Prozent der Befragten einer repräsentativen Studie sind der Ansicht, dass sie in den zurückliegenden Jahren gestiegen sei. Doch das Gegenteil ist richtig. Das beweist der umfassende „Armuts- und Reichtumsbericht“ der Bundesregierung, der dieser Tage vorgestellt wird.
Dort heißt es: „Das letzte Jahrzehnt war von einem deutlichen Einkommenswachstum geprägt.“ Von der positiven Wirtschaftsentwicklung bis 2019 hätten alle Schichten profitiert. Mit niedrigem Einkommen müssten viele zudem nur vorübergehend leben: „Nach einem Jahr hat etwa ein Drittel den Bereich der geringen Einkommen bereits wieder verlassen“, nach drei Jahren fast die Hälfte.
Woher dann der Eindruck steigender Armut? Ein Sechstel der Bevölkerung hat weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Diese Menschen gelten als armutsgefährdet. Und in der Tat ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung migrationsbedingt nun etwas höher als früher.
Aber: Auch das untere Drittel der Einkommensskala hat laut dem Entwurf des Berichts vom Wirtschaftswachstum vor Corona profitiert. Und: Der Anteil der Menschen mit extremen finanziellen Problemen, etwa bei der Zahlung von Miete, Heizung oder Kreditraten, hat sich von 2005 bis 2019 auf unter 3 Prozent annähernd halbiert. Das sollte man wirklich nicht gering schätzen!
Thomas Goldau schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Politikthemen. Nach dem Politikstudium an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und einem Zeitungsvolontariat beim „Offenburger Tageblatt“ hat er bei Tageszeitungen und einem Wirtschaftsmagazin über den Politikbetrieb in Bonn, Berlin und Brüssel berichtet. Privat zieht es den Familienvater regelmäßig mit dem Wohnmobil in die Ferne.
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