Köln. Wer eine Familie gründet, hat kein Geld zu verschenken. Gut, dass Vater Staat da jungen Familien unter die Arme greift – mit dem Elterngeld. Viele wissen zwar, dass sie nach der Geburt eines Kindes Anspruch darauf haben. Doch wenn es um die Details geht, herrscht oft Verwirrung.

Flexibel, aber kompliziert

Grundsätzlich ist das Elterngeld sehr flexibel. Eltern können etwa in den ersten Lebensmonaten des Kindes (Basis-)Elterngeld und Elterngeld Plus kombinieren.

Bei Geburten bis zum 31. März 2024 können beide Elternteile beliebig lange zeitgleich Elterngeld beziehen. Bei Geburten ab dem 1. April 2024 gilt das nicht mehr: Dann dürfen Eltern das Basiselterngeld in den ersten zwölf Lebensmonaten des Kindes maximal einen Monat lang parallel beziehen. Ausnahme: Eltern von Frühchen und Mehrlingen können das Basiselterngeld weiterhin zeitgleich bekommen, ebenso Eltern von Neugeborenen beziehungsweise Geschwisterkindern mit einer Behinderung.

Wichtig dabei: Die Änderung gilt nur für das Basiselterngeld, aber nicht, wenn ein Elternteil oder sogar beide Elterngeld Plus oder den Partnerschaftsbonus in Anspruch nehmen. Diese Eltern können, wie vorher auch, dass Elterngeld länger parallel beziehen. Allerdings sind die Regelungen im Detail sehr kompliziert. Deshalb sollten sich werdende Eltern schon während der Schwangerschaft Gedanken machen, wie sie den Elterngeld-Bezug organisieren möchten, und alle Unterlagen vorbereiten. Der eigentliche Antrag kann aber erst nach der Geburt gestellt werden. Damit sollte man sich nicht allzu viel Zeit lassen, denn es wird maximal für drei Monate rückwirkend gezahlt.

Lesen Sie auf aktiv.online.de, wie ihnen Experten bei der Beantragung von Elterngeld helfen können.

In einigen Bundesländern ist der Antrag inzwischen auch online möglich, in anderen muss weiterhin ein klassisches Papierformular ausgefüllt werden. Anträge und mehr Informationen sowie einen Elterngeld-Rechner gibt’s auf dem Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter familienportal.de

Zentral für die Berechnung: der Einkommensverlust

Viele denken, dass es nach der Geburt statt des bisherigen Gehalts das Elterngeld gibt. Das stimmt aber nicht. Vielmehr geht es nach dem Einkommensverlust, der dadurch entsteht, dass man nach der Geburt weniger arbeiten kann als vorher. Beispiel: Wer vor der Geburt 2.000 Euro netto hatte und nach der Geburt nur noch 1.200 Euro netto verdient, hat einen Einkommensverlust von 800 Euro. Dies ist die Basis für die Berechnung des Elterngeldes.

Je größer der Einkommensverlust ist, desto höher fällt auch das Elterngeld aus. Der größte Einkommensverlust entsteht natürlich, wenn man nach der Geburt überhaupt kein Einkommen mehr hat, weil man nicht mehr erwerbstätig ist. Man könnte deshalb vielleicht denken, dass es das meiste Elterngeld gibt, wenn man nach der Geburt nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehrt. Auch das stimmt nicht. Im Gegenteil, berufstätige Eltern können sogar insgesamt mehr Elterngeld erhalten als Hausfrauen und -männer, weil es zusätzliche Elterngeldmonate gibt!

Berechnung des Einkommensverlusts

Der Einkommensverlust berechnet sich nicht nach dem Netto auf dem Gehaltszettel. Das Amt arbeitet vielmehr mit Pauschalen, sodass der berechnete Einkommensverlust leicht von den tatsächlichen Werten abweichen kann. Gut zu wissen: Mutterschaftsleistungen werden bei der Mutter als Einkommen angerechnet, nicht jedoch beim Vater. Folglich kann der Vater in dieser Zeit des Mutterschutzes das volle Elterngeld bekommen, die Mutter jedoch nicht. Hat der Vater eigenes Einkommen, wird dieses aber selbstverständlich ebenfalls angerechnet.

Höhe des Elterngeldes

Bei Normalverdienern ersetzt das Elterngeld den Einkommensverlust zu 65 Prozent. Bei einem niedrigen Einkommen steigt dieser Prozentsatz langsam an, und bei einem sehr geringen Gehalt werden sogar 100 Prozent des Einkommensverlusts ersetzt.

Wer vor der Geburt gar nicht berufstätig war (zum Beispiel Studierende), erhält als Minimum 300 Euro Basiselterngeld beziehungsweise 150 Euro Elterngeld Plus. Bei Gutverdienern ist das Elterngeld auf maximal 1.800 Euro Basiselterngeld beziehungsweise 900 Euro Elterngeld Plus gedeckelt. Eltern, deren Einkommen zu hoch ist, erhalten überhaupt kein Elterngeld. Maßgeblich ist hier das zu versteuernde Einkommen. Welche Grenze gilt, hängt vom Geburtstermin des Kindes ab. Bei Geburten bis zum 31. März 2024 beträgt die Grenze 300.000 Euro (Alleinerziehende 250.000 Euro). Bei Geburten ab dem 1. April 2024 liegt die Grenze bei 200.000 Euro (Alleinerziehende voraussichtlich ebenfalls 200.000 Euro). Kommt das Kind ab dem 1. April 2025 auf die Welt, wird die Einkommensgrenze voraussichtlich sowohl für Paare als auch für Alleinstehende einheitlich 175.000 Euro betragen.

Basiselterngeld und Elterngeld Plus

Eltern können sich entscheiden, ob sie das ihnen zustehende Elterngeld als Basiselterngeld oder als Elterngeld Plus erhalten möchten. Oft liest man, dass beim Elterngeld Plus die Hälfte des Basiselterngeldes gezahlt wird, dafür aber doppelt so lange. Das stimmt zwar in vielen Fällen, aber nicht immer. Sowohl beim Elterngeld als auch beim Elterngeld Plus werden nämlich im ersten Schritt 65 Prozent des Einkommensverlusts angesetzt (bei niedrigeren Einkommen bis zu 100 Prozent). Der kleine, aber feine Unterschied: Beim Elterngeld Plus gibt es einen Höchstbetrag, den sogenannten Deckelungsbetrag. Dieser Deckelungsbetrag sind 50 Prozent des maximal möglichen Basiselterngeldes, also des Höchstsatzes, der gezahlt wird, wenn man nach der Geburt überhaupt kein Einkommen mehr hat.

Ein Beispiel

Das Netto-Einkommen vor der Geburt betrug 2.000 Euro. Das maximal mögliche Elterngeld (gar kein Einkommen nach der Geburt) beträgt 65 Prozent von 2.000 Euro, macht 1.300 Euro. Der Deckelungsbetrag sind 50 Prozent dieses Maximalwerts, in diesem Fall also 650 Euro. Ist man nach der Geburt tatsächlich nicht mehr erwerbstätig, gibt es in unserem Beispiel entweder die maximal mögliche Summe von 1.300 Euro Basiselterngeld oder aber 650 Euro Elterngeld Plus, das dann doppelt so lange gezahlt wird.

Sobald man aber nach der Geburt wieder erwerbstätig ist, sieht die Rechnung anders aus. Mit einem Einkommen von beispielsweise 500 Euro nach der Geburt beträgt der Einkommensverlust nur noch 1.500 Euro. Der Elterngeldanspruch sowohl beim Basiselterngeld als auch beim Elterngeld Plus beträgt 65 Prozent von 1.500 Euro, also 975 Euro. Beim Basiselterngeld werden die 975 Euro voll ausgezahlt. Beim Elterngeld Plus ist die Auszahlung dagegen auf den Deckelungsbetrag (siehe oben) von 650 Euro begrenzt. Folglich werden als Elterngeld Plus nur 650 Euro ausgezahlt, dafür aber doppelt so lange.

Das Beispiel zeigt: Egal ob man nach der Geburt wieder berufstätig ist oder nicht, das Elterngeld Plus kann in beiden Fällen gleich hoch sein und beträgt in diesem Beispiel jeweils 650 Euro. Dadurch soll der Wiedereinstieg in den Beruf gefördert werden. Das Basiselterngeld dagegen wird in jedem Fall gekürzt, sobald man eigenes Einkommen hat.

Doch Vorsicht, die Rechnung geht nur auf, wenn man nach der Geburt nicht zu viel verdient. Ist das Einkommen nach der Geburt zu hoch, fällt das Elterngeld auch in der Plus-Variante geringer aus als bei Eltern, die überhaupt nicht berufstätig sind.

Lesen Sie auf aktiv-online.de, auf was man bei der Wahl zwischen Basiselterngeld und Elterngeld Plus achten sollte.

Lebensmonate des Kindes zählen

Grundsätzlich wird das Elterngeld nicht nach Kalendermonaten gezahlt, sondern nach Lebensmonaten des Kindes. Wurde das Kind beispielsweise am 14. Mai geboren, läuft der erste Lebensmonat vom 14. Mai bis zum 13. Juni, der zweite Lebensmonat vom 14. Juni bis zum 13. Juli und so weiter.

Basiselterngeld kann man nur in den ersten 14 Lebensmonaten des Kindes bekommen. Dabei werden Monate mitgezählt, in denen die junge Mutter Anspruch auf Mutterschaftsleistungen hat, auch dann, wenn sie in dieser Zeit keine Leistungen erhält. Deshalb nehmen viele Väter in dieser Zeit die beiden zusätzlichen Partnermonate (siehe unten).

Elterngeld Plus kann man auch nach dem 14. Lebensmonat des Kindes erhalten. Grundsätzlich muss die Familie diese Leistung dann ununterbrochen beziehen, egal welcher der beiden Partner das Geld bekommt. Es ist nach dem 14. Lebensmonat des Kindes also normalerweise nicht möglich, dass beide Partner zeitgleich zwischendurch beim Elterngeldbezug pausieren, denn dadurch erlischt in den meisten Fällen der gesamte restliche Anspruch. Allerdings werden beim Partnerschaftsbonus (siehe unten) bei Geburten ab dem 1. September 2021 Unterbrechungen möglich sein.

So lange gibt es Elterngeld

Beantragt nur ein Elternteil allein Elterngeld, wird das Basiselterngeld maximal 12 Monate lang gezahlt, das Elterngeld Plus 24 Monate. Beantragt auch der andere Partner Elterngeld, gibt es zwei zusätzliche Monate Basiselterngeld beziehungsweise vier zusätzliche Elterngeld-Plus-Monate. Dies sind die sogenannten Partnermonate. Ein Paar erhält also zusammen insgesamt 14 Monate Basiselterngeld oder 28 Monate Elterngeld Plus. Alleinerziehende erhalten ebenfalls 14 Monate Basiselterngeld oder 28 Monate Elterngeld Plus.

Arbeiten beide Partner zeitgleich nach der Geburt in Teilzeit, erhält jeder Partner zusätzlich bis zu vier weitere Monate Elterngeld Plus. Beide erhalten dann also maximal vier Monate lang parallel Leistungen. Basiselterngeld ist in diesem Fall nicht möglich. Diese zusätzlichen Zahlungen nennt man den Partnerschaftsbonus. Auch Alleinerziehende, die in Teilzeit arbeiten, erhalten vier Monate lang zusätzlich Elterngeld Plus.

Nutzt die Familie alle Möglichkeiten (Elterngeld, Partnermonate, Partnerschaftsbonus) voll aus, kann sie also insgesamt bis zu 32 Monate lang Leistungen vom Staat erhalten. Eltern von Frühgeburten, die ja besonders belastet sind, erhalten bei einer Geburt ab dem 1. September 2021 zusätzlich bis zu vier Monate Basiselterngeld beziehungsweise bis zu acht Monate Elterngeld Plus.

Teilzeitarbeit neben dem Elterngeldbezug

Wer Elterngeld bekommt (egal ob Basiselterngeld oder Elterngeld Plus), darf nebenher erwerbstätig sein, allerdings nicht mehr als 32 Stunden pro Woche. Will ein Paar den Partnerschaftsbonus bekommen, müssen beide Elternteile in dieser Zeit mindestens 24 und dürfen maximal 32 Stunden arbeiten.

Geschwisterkinder bekommen einen Bonus

Familien mit mehreren Kindern erhalten den sogenannten Geschwisterbonus. Damit erhöht sich das Elterngeld um 10 Prozent, mindestens aber 75 Euro pro Monat beim Basiselterngeld beziehungsweise um 37,50 Euro beim Elterngeld Plus. Bedingung ist, dass in dem Haushalt entweder mindestens ein weiteres Kind unter 3 Jahren oder mindestens zwei Kinder unter 6 Jahren oder ein Kind mit Behinderung unter 14 Jahren lebt.

Bei Zwillingen und Drillingen gibt es einen Zuschlag

Werden Zwillinge, Drillinge oder gar Vierlinge geboren, gibt es nicht etwa das mehrfache Elterngeld, sondern für jedes Mehrlingskind einen Zuschlag von 300 Euro auf das Basiselterngeld oder 150 Euro auf das Elterngeld Plus.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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