Dieser Ratgeber ist für alle diejenigen Beschäftigten gedacht, die es – aus welchen Gründen auch immer – bisher noch nie gemacht haben: die Krankenkasse wechseln. Darum sollte man sich aber mal kümmern, denn so ein Wechsel kann sich lohnen. Er ist technisch ganz einfach abzuwickeln. Und der persönliche finanzielle Vorteil lässt sich schnell berechnen.

Mal angenommen, der Unterschied beim Beitragssatz zwischen der alten und der neuen gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 1 Prozent vom Brutto. Dann sparen der Arbeitnehmer und auch sein Betrieb (die sich die Sozialbeiträge ja hälftig teilen) durch einen Wechsel jeweils 0,5 Prozent. Bei einem Bruttoeinkommen von 4.000 Euro sind das für den Mitarbeiter also jeweils 20 Euro im Monat, macht immerhin 240 Euro im Jahr.

Bei der Auswahl sollte man auch auf die Zusatzleistungen achten

Dazu muss man wissen: Der „allgemeine Beitragssatz“ ist gesetzlich festgeschrieben und damit bei allen Krankenkassen derselbe, er liegt für Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld bei 14,6 Prozent. Sehr unterschiedlich ist aber der Zusatzbeitrag, den jede der fast 100 Kassen hierzulande für sich festlegen kann. Und die Höhe dieses Zusatzbeitrags macht sich eben sehr verschieden im Geldbeutel bemerkbar. Welche Kasse welchen Zusatzbeitrag nimmt, zeigt eine offizielle Online-Liste des GKV-Spitzenverbands

Das Angebot der Kassen unterscheidet sich kaum, da praktisch alle Leistungen gesetzlich vorgeschrieben sind. Immerhin gibt es bei den sogenannten Zusatzleistungen durchaus Unterschiede: zum Beispiel bei den Reiseimpfungen, die für manche Urlaubsländer nötig sind, etwa gegen Hepatitis, Typhus oder Gelbfieber. Übernimmt die Kasse diese Kosten ganz oder teilweise, kann man allein dadurch laut Stiftung Warentest mehrere Hundert Euro pro Jahr sparen.

Auch andere Zusatzleistungen wie beispielsweise Zuschüsse zur Osteopathie, zur Zahnreinigung oder zu Vorsorgeuntersuchungen sind bares Geld wert. Daher sollte man wie immer nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die (Zusatz-)Leistungen achten. Dabei hilft die Stiftung Warentest mit ihrem „Krankenkassenvergleich“, der regelmäßig aktualisiert wird, der Online-Zugang zu dieser Übersicht kostet 4,90 Euro.

Die neue Kasse kümmert sich um fast alles

Hat man sich entschieden, ist der Rest ganz einfach. Einzige Voraussetzung für den Wechsel ist nämlich, dass man schon mindestens zwölf Monate lang Mitglied der bisherigen Kasse war. Der Wechsel greift normalerweise zum Ende des übernächsten Monats. Wer allerdings einen Wahltarif abgeschlossen hat, ist verpflichtet, bis zum Ende der Bindungsfrist zu bleiben. Wichtige Ausnahme: Bei einem Jobwechsel kann man innerhalb von 14 Tagen die Kasse wechseln. Und man hat immer ein Sonderkündigungsrecht, wenn eine Kasse ihren Zusatzbeitrag erhöht.

Um zu wechseln, stellt man bei der gewünschten Krankenkasse einen Mitgliedsantrag (das geht meistens online). Die neue Krankenkasse kümmert sich dann um den Rest. Außerdem muss man den Arbeitgeber formlos über den Wechsel informieren. Alles weitere stimmen der Betrieb und die neue Kasse untereinander ab.

Genehmigungspflichtige Leistungen müssen neu beantragt werden

Für Versicherte, die gerade keine Leistungen beanspruchen, ist der Wechsel in der Regel völlig unproblematisch. Aber: „Vor allem bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen kann ein Kassenwechsel zu Problemen führen“, warnt Ilias Essaida vom Sozialverband VdK. Grundsätzlich müssen nämlich genehmigungspflichtige Leistungen bei der neuen Krankenkasse erneut beantragt werden. „Und es ist eben nicht bei allen Leistungen garantiert, dass die neue Kasse genauso entscheidet wie die bisherige.“

Denn die Kassen haben bei einigen Punkten, die speziell genehmigt werden müssen, durchaus Ermessensspielraum. Etwa, wenn es um Vorsorgekuren oder bestimmte Reha-Maßnahmen geht. Es ist also durchaus möglich, dass die neue Kasse Leistungen ablehnt, die früher mal bewilligt worden waren. Zudem sind Hilfsmittel wie beispielsweise Rollstühle oder Spezialbetten in der Regel nur geliehen: Mit dem Austritt darf die alte Kasse solche Hilfsmittel laut Essaida zurückverlangen. „Im Zweifel müssen genehmigte Hilfsmittel zurückgegeben werden, bis die neue Kasse ihrerseits den Hilfsmittelanspruch genehmigt hat. So können Zeiträume entstehen, in denen die Patienten ohne entsprechende Versorgung dastehen.“

Und schließlich muss auch aufpassen, wer Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nimmt, beispielsweise für einen pflegebedürftigen Familienangehörigen. Denn: „Ab dem Kassenwechsel ist auch eine andere Pflegekasse zuständig“, erklärt der Experte. Alle Leistungen der Pflegekasse müssen also ebenfalls neu beantragt werden. „Dabei kann die neue Pflegekasse anders entscheiden, sogar eine Herabstufung beim Pflegegrad ist möglich.“

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

Alle Beiträge der Autorin