Es kann jedem passieren: zum Beispiel ein Unfall, der einen hilflos zurücklässt. Wer trifft dann die Entscheidungen, welche medizinischen Behandlungen erfolgen sollen und welche vielleicht nicht? Seit dem 1.1.2023 hat dazu grundsätzlich der Ehepartner die Befugnis – im Rahmen des neu geschaffenen Notvertretungsrechts. Andere Regelungen wie eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bleiben dennoch sinnvoll. 

Eine schwere Erkrankung wie ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt können sich jederzeit ereignen, ebenso wie ein Auto- oder anderer Unfall. Ist das Opfer dann so schwer verletzt oder beeinträchtigt, dass es seine medizinischen Angelegenheiten zum Beispiel wegen Bewusstlosigkeit nicht mehr selbst regeln kann, musste bisher in vielen Fällen gerichtlich ein Betreuer festgelegt werden. Denn auch der Ehepartner durfte solche Entscheidungen nicht für den Erkrankten treffen – es sei denn, er hatte bereits eine Vorsorgevollmacht, die auch Befugnisse zur Gesundheit miteinschloss.  

Ehegatten und Lebenspartner können sich jetzt sofort gegenseitig vertreten 

Das sogenannte Notvertretungsrecht, das ab diesem Jahr gilt, schafft hier Vereinfachungen, zumindest für die erste Zeit. Dietmar Kurze, Vorstand im Verband VorsorgeAnwalt (vorsorgevollmacht-anwalt.de), erklärt es so: „Es sieht vor, dass sich Eheleute und eingetragene Lebenspartner beziehungsweise Lebenspartnerinnen gegenseitig vertreten können, wenn sie bei einem Notfall ihre Gesundheitssorge nicht mehr selbst regeln können.“  

Die Befugnisse des Partners sind dabei aber im Wesentlichen auf die medizinischen Angelegenheiten begrenzt, so der Experte: „Der Partner darf beispielsweise Untersuchungen und Behandlungen zustimmen oder sie ablehnen. Außerdem kann er Behandlungsverträge abschließen. Dafür sind die Ärzte ihm gegenüber von der Schweigepflicht entbunden.“ Auch über freiheitsentziehende Maßnahmen, etwa über die Nutzung eines Gitters am Bett, kann er entscheiden; allerdings nur für maximal sechs Wochen.  

Des Weiteren darf der Ehegatte eventuelle Ansprüche gegen die Krankenversicherung geltend machen, was insbesondere bei privat Versicherten hilfreich sein kann. 

Notvertretungsrecht ist zeitlich begrenzt 

Das Notvertretungsrecht ist auf einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten begrenzt. „Wann diese Frist zu laufen beginnt, bestimmt der behandelnde Arzt oder die Ärztin“, sagt Kurze. Der Mediziner muss schriftlich bestätigen, dass das Notvertretungsrecht greift. Außerdem muss er sich wiederum vom Ehegatten versichern lassen, dass nicht bereits eine andere Vertretungsregelung existiert. Denn: „Hat der Kranke zum Beispiel bereits eine Vorsorgevollmacht erteilt, die auch Fragen der Gesundheitssorge regelt, kann das Notvertretungsrecht nicht angewendet werden.“ Dies gilt auch, wenn darin jemand anderes als der Ehegatte bevollmächtigt wurde, etwa eines der Kinder. Auch wenn die (Ehe-)Partner in Trennung leben oder der Ehegatte die Vertretung durch den Partner nicht wünscht und dies deutlich gemacht hat, ist das das Notvertretungsrecht ausgeschlossen. 

Immer gilt: Dauert der hilflose Zustand des Erkrankten länger als sechs Monate an, endet die Notvertretung durch den Ehegatten nach diesem Zeitraum. „Dann muss durch das Betreuungsgericht ein Betreuer ernannt werden“, erklärt Anwalt Kurze.  

Wegen des nur eingeschränkten Wirkungsbereichs und der zeitlichen Begrenzung des Notvertretungsrechts kann eine zusätzliche Vorsorgevollmacht trotzdem sinnvoll sein, denn hier lassen sich sowohl gesundheitliche wie auch Fragen des Vermögens regeln. Diese Vorsorgevollmacht erlaubt es dann einer Vertrauensperson, sich um bestimmte Angelegenheiten zu kümmern, sobald man es selbst nicht mehr kann. 

Eindeutige Entscheidung: Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung 

Die Vorsorgevollmacht gibt man in der Regel den Kindern oder dem Partner. „Wer niemanden kennt, dem er so umfassende Rechte einräumen möchte, setzt eine Betreuungsverfügung auf“, sagt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge. Sie dient dem Betreuungsgericht als wichtige Information, um im Notfall schnell den richtigen Betreuer, ehemals „Vormund“, auszuwählen. In der Betreuungsverfügung kann man zum Beispiel auch festlegen, dass sich die Tochter um alles Finanzielle kümmern soll, der Sohn aber um die Gesundheitsfragen. Dadurch gibt man nicht die gesamte Vorsorge in eine Hand. Bittler rät: „Man sollte an erster Stelle eine Vorsorgevollmacht aufsetzen, in der für den Fall, dass die Vorsorgevollmacht durch das Betreuungsgericht nicht anerkannt wird, ersatzweise der Bevollmächtigte auch zum Betreuer bestimmt wird.“  

Patientenverfügung: Der Hausarzt kann bei der Aufstellung beraten 

Für diejenigen, die im Notfall nicht durch Maschinen am Leben erhalten werden möchten, ist die Patientenverfügung wichtig. „Mit ihr kann man den Abbruch oder das Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen verlangen“, erklärt Bittler. Dann wird der Betreffende nicht künstlich beatmet, bekommt keine künstliche Flüssigkeits- oder Nahrungszufuhr oder wird im Falle eines Falles nicht wiederbelebt. Die Patientenverfügung ist für Ärzte bindend – allerdings nur, wenn sie sich auf eine konkrete Notfallsituation bezieht. Außerdem dürfen keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Patient seinen Willen geändert hat, seit er die Verfügung verfasst hat. Eine Patientenverfügung sollte darum mit Expertenhilfe, beispielsweise durch einen Arzt, aufgesetzt werden. 

Bankvollmacht: Sie sollte über den Tod hinaus Geltung haben 

Ganz wichtig ist außerdem eine Vollmacht für die Bank. Denn ohne diese können die Angehörigen beispielsweise keine Rechnungen begleichen. „Sinnvoll ist eine Vollmacht über den Tod hinaus“, sagt Jan Bittler. Denn sonst wird nach dem Tod des Angehörigen erst einmal das Konto eingefroren. „Das ist dann ein Problem, wenn von diesem Geld etwa noch die Beerdigung bezahlt werden müsste“. Für jede Bank ist eine eigene Vollmacht nötig. In der Regel müssen der Vollmachtgeber und der Bevollmächtigte dort gemeinsam und persönlich eine Unterschriftenprobe hinterlassen. 

Das Testament: Wichtig, wenn man von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will 

Zudem kann es auch wichtig sein, ein Testament aufzusetzen oder zu überarbeiten. Bittler: „Zumindest dann, wenn der Nachlass nach dem Tod nicht dem Partner oder den Kindern vererbt werden soll. Denn sie erben nach dem Gesetz sowieso.“ Schwierig wird es also erst, wenn von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen wird, weil möglicherweise die Kinder erst dann erben sollen, wenn beide Elternteile verstorben sind. Dann braucht man ein Testament. Ein neutraler Ort für die Aufbewahrung des Testaments ist das Nachlassgericht am Wohnsitz. 

Weitere Anlaufstellen und Infomaterial für Angehörige

  • Deutsche Alzheimer-Gesellschaft: Die Seite gibt Tipps, wie man mit dementen Angehörigen über ihre Krankheit spricht und wie man sich selbst verhalten kann.
  • Wegweiser Demenz: Hier erfährt man, welche Schritte aus juristischer Sicht wichtig sind und erhält Informationen, wie man mit Dementen am besten umgeht.
  • Auf der Seite des Bundesjustizministeriums lassen sich Formulare und Vordrucke für verschiedene Vollmachten und Verfügungen herunterladen.
Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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