Versicherer können die meisten Policen unter bestimmten Bedingungen kündigen. „Wer eine solche Kündigung erhalten hat, hat häufig Schwierigkeiten, einen neuen Vertrag bei einem anderen Unternehmen zu bekommen“, sagt Thorsten Rudnik, Berater bei den Verbraucherzentralen. Damit das nicht passiert, haben Kunden aber durchaus noch Handlungsmöglichkeiten. Welche das sind, hängt davon ab, warum die Versicherung gekündigt hat.
Beiträge nicht bezahlt
„Wenn der Versicherungsnehmer seine Beiträge nicht ordnungsgemäß bezahlt, darf das Versicherungsunternehmen den Vertrag außerordentlich kündigen“, sagt der Experte. Das gilt für jede beliebige Sach- und Haftpflichtversicherung. Ausnahme: Bei der lebenswichtigen Krankenvollversicherung gelten Sonderregelungen, sodass man zumindest gewisse Basisleistungen erhält, auch wenn man die Prämien nicht zahlen kann.
Doch keine Angst: Man kann den Versicherungsschutz nicht unbemerkt verlieren, beispielsweise weil es irgendwelche Probleme mit dem Konto gibt. „Der Versicherer muss zuerst eine Mahnung mit den Rechtsfolgen schicken“, sagt Rudnik. Erfahrungsgemäß passiert dies meist, wenn man den Zahlungstermin um etwa zwei Wochen überschritten hat. Überweist man die offenen Prämien nicht umgehend nach der Mahnung, kommt in der Regel die Kündigung.
„Wer Geldprobleme hat, sollte es nicht auf eine Kündigung ankommen lassen, sondern vorher das Gespräch mit dem Versicherer suchen, um gemeinsam eine Lösung zu finden“, rät der Experte. Vielleicht kann die Police vorübergehend beitragsfrei gestellt werden, sodass man den Vertrag nicht verliert und den Schutz später wieder aufleben lassen kann. Manche Tarife sehen bei nachgewiesener Arbeitslosigkeit sogar eine Beitragsfreiheit vor.
Falsche Angaben
„Wer bei Vertragsabschluss falsche Angaben macht, muss damit rechnen, dass die Versicherung den Vertrag beendet oder im Schadensfall nicht zahlt“, sagt Rudnik. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man frühere Schäden nicht angibt, eine vorherige Kündigung durch den Versicherer verschweigt oder Gesundheitsfragen nicht korrekt beantwortet.
Lügen bringt nichts, denn die Versicherungswirtschaft verfügt mit dem HIS-System über ein internes Informationssystem, bei dem die Unternehmen sich über die einzelnen Kunden informieren können. Handelt es sich sogar um Versicherungsbetrug, kommt das Unternehmen selbstverständlich sofort aus allen Verpflichtungen heraus, und es droht ein Strafverfahren.
Keine Vertragsverlängerung
Die allermeisten Sachversicherungen werden als Jahresverträge abgeschlossen, die sich automatisch jedes Jahr verlängern. „Der Versicherer ist aber nicht zu einer solchen Verlängerung verpflichtet“, sagt Rudnik. Will das Unternehmen die Verträge nicht fortführen, darf es zum Ende des Versicherungsjahres kündigen. Rein juristisch handelt es sich dabei um eine ordentliche Kündigung, und dabei muss die Versicherung die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist (oft drei Monate) einhalten.
Solche ordentlichen Kündigungen sind aber nicht bei allen Versicherungen erlaubt: Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Risiko-Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und kapitalbildende Lebensversicherungen mit Todesfallschutz dürfen nämlich nur vom Kunden ordentlich gekündigt werden, nicht aber vom Versicherer.
„Ordentliche Kündigungen kommen nur sehr selten vor, denn kein Unternehmen möchte Kunden verlieren, die stets ordnungsgemäß bezahlen“, so der Versicherungsexperte. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, beispielsweise wenn der Anbieter seine Angebotspalette überarbeitet und deshalb bestimmte Typen von Versicherungen in Zukunft überhaupt nicht mehr anbieten will.
Kündigung nach Schadensfall
Viele wissen nicht, dass Versicherungen sich auch nach einem Schadensfall von ihren Kunden trennen dürfen. „Der Versicherer darf bereits nach dem allerersten Schaden kündigen“, erklärt Rudnik. Ausnahme: Bei der Rechtsschutzversicherung darf meist erst nach dem zweiten Schadensfall innerhalb von zwölf Monaten gekündigt werden.
„Der Versicherer darf dann innerhalb von einem Monat nach der Regulierung des Schadens kündigen, und zwar mit einer Frist von mindestens einem Monat“, sagt Rudnik. Auch der Verbraucher hat ein ähnliches Sonderkündigungsrecht, beispielsweise wenn er mit der Bearbeitung des Schadens unzufrieden ist.
Wichtig für alle, die mehrere Verträge bei ein- und demselben Versicherungsunternehmen haben: Nach einem Schaden darf das Unternehmen nur den entsprechenden Vertrag kündigen und nicht sämtliche bestehenden Policen. Wurde beispielsweise das in der Hausratversicherung versicherte Fahrrad gestohlen, darf das Unternehmen nur die Hausratversicherung kündigen, alle anderen Verträge laufen unverändert weiter.
Eine Kündigung nach einem Schaden sollten Verbraucher unbedingt ernst nehmen, denn dadurch wird es oft schwer, woanders einen neuen Vertrag zu bekommen. Ausnahme: Ist eine Versicherung gesetzlich vorgeschrieben, wie beispielsweise die Kfz-Haftpflichtversicherung oder die Hundehalterhaftpflicht, hat man woanders Anspruch auf einen neuen Vertrag.
Was tun bei einer Kündigung?
„Die allermeisten Kündigungen sind formal völlig korrekt, sodass man sich nur in Ausnahmefällen juristisch dagegen wehren kann“, so die Erfahrung von Rudnik.
Der Versicherungsexperte empfiehlt dennoch, Kontakt zu der bisherigen Versicherung aufzunehmen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. „Das funktioniert erfahrungsgemäß oft nur, wenn man die Verträge über einen Versicherungsvermittler abgeschlossen hat, weil der einen engeren Kontakt zum Versicherungsunternehmen hat als der einzelne Kunde“, sagt der Experte.
Je nach Einzelfall ist es häufig noch möglich, den Vertrag unter neuen Bedingungen weiterzuführen. Im Normalfall wird der Schutz aber deutlich teurer, denn der Kunde muss dann meist höhere Prämien bezahlen und/oder eine höhere Selbstbeteiligung akzeptieren. „Das ist trotzdem insgesamt besser, als wenn man woanders überhaupt keinen Vertrag mehr bekommt“, so Rudnik.
Manchmal kann man einer geplanten Kündigung auch schon im Vorfeld entgegenwirken: „Nicht selten bekommen die Versicherungsvermittler schon vorab Hinweise, dass das Unternehmen eine Kündigung plant“, weiß der Experte. Gute Vermittler informieren ihre Kunden, wenn dies der Fall ist. In diesem Fall ist es empfehlenswert, dass der Verbraucher seinen Vertrag selbst kündigt, bevor es die Versicherung tut. Dadurch gilt man beim Neuantrag nicht als „gekündigt“ und hat deshalb bessere Chancen auf eine neue Police.
Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.
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