Berlin. Ist der private Internet-Anschluss offensichtlich lahmer als bestellt, kann man sich bisher mächtig darüber ärgern – sonst aber kaum etwas tun. Das ändert sich grundlegend im Dezember 2021: Laut Telekommunikationsmodernisierungsgesetz darf man die vereinbarten Zahlungen mindern oder den Vertrag fristlos kündigen, wenn es zu „erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen“ beim Online-Tempo kommt.

Was das nun in der Praxis genau bedeutet, regelt die Bundesnetzagentur: Sie hat eine sogenannte Allgemeinverfügung erlassen, in der Begriffe wie „erheblich“ und „kontinuierlich“ konkretisiert werden. Die Behörde stellt zudem ein kostenloses Tool bereit, mit dem man die Breitband-Geschwindigkeit selbst messen und diese Messungen dokumentieren kann. So ist es laut Netzagentur ganz einfach, „die tatsächliche Datenübertragungsrate Ihres Internetzugangs zu ermitteln und mit der vertraglich vereinbarten Datenübertragungsrate zu vergleichen“.

Was genau ist eine mangelhafte Internet-Leistung?

Wann ist das Festnetz-Breitband zu lahm? Die Bundesnetzagentur hat das jetzt so festgelegt: „Für die Annahme einer minderungsrelevanten Abweichung bei der minimalen Geschwindigkeit reicht es, wenn an zwei von drei Messtagen die minimale Geschwindigkeit unterschritten wird. Für die maximale Geschwindigkeit ist eine Minderleistung gegeben, wenn an zwei von drei Messtagen 90 Prozent des Maximums nicht einmal erreicht werden. Bei der normalerweise zur Verfügung stehenden Geschwindigkeit liegt eine Abweichung vor, wenn diese nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird.“

Amtliche Desktop-App übernimmt die Breitbandmessung

Auf der amtlichen Seite breitbandmessung.de/desktop-app findet man ab 13.12.2021 das kleine Programm zum Download. Damit kann man erst mal Stichproben machen. Und im Verdachtsfall dann die mindestens 30 Messungen per LAN (nicht per W-LAN!), die für das sogenannte Nachweisverfahren nötig sind.

Dazu teilt die Behörde mit: Für eine erfolgreiche „Messkampagne“ sind an drei verschiedenen Tagen jeweils mindestens zehn Messungen durchzuführen – und zwischen zwei einzelnen Messungen muss man jeweils Pause machen. Heißt in der Praxis: Man lässt die Desktop-App „Breitbandmessung“ einfach im Hintergrund weiterlaufen, wenn man sowieso mal für ein paar Stunden am PC sitzt, und bringt dann ab und zu eine neue Messung in Gang.

Ergibt sich so tatsächlich der Nachweis einer zu lahmen Internet-Verbindung, kann man sich damit direkt an den Anbieter wenden. Oder den Fall an einen Online-Helfer abgeben: Diverse juristische Dienstleister wie etwa Conny oder Legal Smart stehen schon in den Startlöchern. Ähnlich wie schon bei den Fluggastrechten übernehmen solche Legal-Tech-Firmen standardisierte Streitfälle für kleines Geld. Ob sich das für den Verbraucher tatsächlich lohnt, hängt freilich sehr vom Einzelfall ab.

Kürzere Kündigungsfrist – auch bei alten Internet-Verträgen

Ebenfalls neu: Festnetz-, Internet- und Mobilfunkverträge dürfen zwar weiterhin für bis zu 24 Monate abgeschlossen werden – nach deren Ablauf gilt aber keine automatische Verlängerung mehr, die dann erst nach weiteren 12 Monaten gekündigt werden kann. Aus einem automatisch verlängerten Vertrag kommt man nun „jederzeit mit einer einmonatigen Kündigungsfrist heraus“, betonen die Verbraucherzentralen. Und dies gelte auch für alle alten Verträge.

Wenn man umzieht und der bisherige Telekommunikationsanbieter am neuen Wohnort die gebuchte Leistung nicht anbietet, kann man mit nur einmonatiger Frist kündigen. Damit ist man also oft schon zum Zeitpunkt des Umzugs aus dem alten Vertrag raus.

In solchen und anderen Fällen besonders interessant: „Gehört auch ein E-Mail-Account zum Telekommunikationsvertrag, darf man Sie nach Vertragsende künftig nicht mehr einfach aus dem Postfach ausschließen“, erklären die Verbraucherzentralen. Zumindest eine Weile hat man also auch nach Vertragsende noch Zugriff auf die Mails beim alten Anbieter. Die genaue Frist wird noch von der Bundesnetzagentur geregelt.

Übrigens: Das deutsche Telekommunikationsmodernisierungsgesetz, auch kurz TKG-Novelle genannt, setzt eine EU-Vorgabe um: die Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation.

Thomas Hofinger
Chef vom Dienst aktiv

Thomas Hofinger schreibt über Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik – und betreut die Ratgeber rund ums Geld. Nach einer Banklehre sowie dem Studium der VWL und der Geschichte machte er sein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Es folgten einige Berufsjahre als Redakteur und eine lange Elternzeit. 2006 heuerte Hofinger bei Deutschlands größter Wirtschaftszeitung aktiv an. In seiner Freizeit spielt er Schach und liest, gerne auch Comics.

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