Es gibt viele Gründe, warum man den Wert des eigenen Hauses oder der Wohnung kennen sollte. Eine Scheidung zum Beispiel oder eine Beleihung durch die Bank (Hypothek). Der häufigste Anlass für eine Wertermittlung ist jedoch ein geplanter Verkauf der Immobilie. Was man dann wissen sollte, erklärt Alexander Krolzik, Experte für die Finanzierung von Immobilien bei der Verbraucherzentrale Hamburg.

Ein teures Gutachten nicht immer sinnvoll

Um einen realistischen Wert zu ermitteln, sei ein ausführliches Gutachten durch einen zertifizierten Experten nicht zwangsläufig die beste Wahl, sagt der Experte. Zum einen koste es schnell ein paar Tausend Euro. Zum anderen helfe ein konkreter Preis nicht unbedingt weiter. „Sie brauchen schließlich auch einen Käufer, der für den ermittelten Preis zuschlägt.“ Der Jurist rät deshalb dazu, selbst aktiv zu werden und sich aus verschiedenen kostengünstigen Quellen eine realistische Preisspanne zu bilden.

Preisfindung per App

Die Suche auf Immobilienportalen nach vergleichbaren Objekten in der Nachbarschaft taugt ebenso zur Preisfindung wie die kostenlose App „Immowert2go“. Für iOS und Android kann man die App einfach herunterladen. Am besten über immowert2go.de. Der Nutzer lädt ein Foto vom Haus oder der Wohnung hoch, woraufhin die App mittels GPS-Daten und der Auswertung von Preisen vergleichbarer Objekte einen Wert errechnet. Zwar handele es sich immer um überschlägige Angaben, so Krolzik: „Aber sie helfen zur Einordnung.“

Wertermittlungsangebote oder Makler sind prinzipiell nützlich

Brauchbare Indikatoren können laut Alexander Krolzik darüber hinaus die diversen Wertermittlungsangebote im Netz liefern. Die Preisangaben basierten jedoch auf einigen wenigen Informationen zur Immobilie und böten ebenfalls nur Anhaltspunkte. Außerdem müsse der eigentliche Zweck der Portale im Auge behalten werden. „Das Ziel ist immer, Vertriebskontakte herzustellen.” Das bedeutet: Die E-Mail-Adressen der Nutzer werden nicht selten an Makler weitergereicht, die später ihre Dienste anbieten. Das sollte man bei den Wertermittlungsangeboten immer im Hinterkopf behalten.

Ähnlich sieht es mit Maklern aus, die kostenlose Kurzgutachten anbieten. Manche seien äußerst hartnäckig und suchten anschließend immer wieder den Kontakt, um die Immobilie auch vermarkten zu dürfen, so der Experte der Verbraucherzentrale: „Man kann das schon machen, aber man muss sich im Klaren sein, dass man ab und an mal angesprochen wird.” Wer davon schnell genervt sei, sollte es besser lassen.

Schriftliche Gutachten können teuer sein

Wer die Wertermittlung einem Experten überlassen will, kann ein schriftliches Gutachten in Auftrag geben. Ein Kurzgutachten nach Baugesetzbuch kostet laut Alexander Krolzik zwischen 800 und 1.200 Euro. Erstellt werden sollte es von Gutachtern, die von der Dekra oder dem Tüv zertifiziert wurden. In der Regel ist das Kurzgutachten bis zu 30 Seiten lang und basiert auf einem Ortstermin, bei dem der Experte auch den Zustand der Immobilie in seine Berechnung einbezieht und mit Fotos dokumentiert.

Die vom Eigentümer beigesteuerten Unterlagen werden jedoch meistens nicht auf ihre Richtigkeit überprüft. „Für die meisten Fälle ist ein Kurzgutachten ausreichend“, sagt Krolzik: „Es kommt immer dann infrage, wenn ich Dritten besonders glaubhaft machen will, dass die Immobilie wirklich einen bestimmten Wert hat.“ Bei offiziellen Vorgängen wie Scheidungen, Zwangsversteigerungen oder Erbangelegenheiten kommt hingegen oft ein Vollgutachten zur Anwendung. Hier wird auf 80 bis 100 Seiten jedes Detail der Immobilie beschrieben und bebildert. Sämtliche Unterlagen werden überprüft und kontrolliert. Dafür kostet dieses Gutachten auch zwischen 3.000 und 6.000 Euro.

Für die Wertermittlung von Immobilien sind drei Verfahren möglich

Für die Wertermittlung einer Wohnung oder eines Hauses sind drei Verfahren gängig: das Sachwertverfahren, das Vergleichswertverfahren und das Ertragswertverfahren. Das Sachwertverfahren eignet sich vor allem für Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen. Ermittelt wird, was die Immobilie im neuwertigen Zustand kosten würde. „Davon zieht man dann die Alterungserscheinungen ab”, so Krolzik. Ebenso wird angegeben, was es kosten würde, die Immobilie auf den neuesten Stand zu bringen. Auch der Wert des Grundstücks fließt in die Berechnung mit ein.

Vor allem bei Wohnungen komme das Vergleichswertverfahren zum Einsatz. Hier wird der Wert vor allem mithilfe der realisierten Kaufpreise vergleichbarer Immobilien ermittelt. „Wohnungen kann man gut mit gleichartigen Wohnungen vergleichen”, sagt der Experte: „Bei Häusern ist das schwieriger, weil die immer unterschiedlich sind.“ Beim Ertragswertverfahren wiederum wird der Kaufpreis vor allem nach der Höhe der Mieteinnahmen errechnet. Dieses Verfahren kommt also vor allem bei Eigentumswohnungen und Mehrparteienhäusern infrage. Nicht selten werden diese drei Verfahren auch miteinander kombiniert, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln.

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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