Die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung ist für Millionen Immobilieneigentümer am 31. Januar 2023 abgelaufen. Wenn also bald Post vom Finanzamt im Briefkasten liegt, kann das der Bescheid über die Festsetzung von Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag sein. Der Bescheid sollte zeitnah geprüft werden, damit die spätere Steuerschuld nicht zu hoch ausfällt. Wie man da vorgeht, hat sich aktiv vom Steuerberater Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerberaterverband erklären lassen.

Die Daten schnell zu prüfen, ist sehr wichtig. Denn die Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwerts (in manchen Bundesländern heißt er „Grundsteueräquivalenzbetrag“) und des Grundsteuermessbetrags sind schließlich die Basis für die erst viel später folgenden Grundsteuerbescheide. Mit ihnen wird die Höhe der Steuer festgesetzt.

Grundsteuerbescheid: Für einen Einspruch hat man einen Monat Zeit

„Werden jetzt zu hohe Werte ermittelt, fällt später auch die Steuerforderung zu hoch aus“, warnt Experte Wawro. Das lässt sich dann nur noch schwer korrigieren. Denn hat die berechnende Gemeinde die jetzt von den Finanzämtern im ersten Bescheid festgesetzten Werte korrekt zugrunde gelegt, können die voraussichtlich erst 2024 versandten Grundsteuerbescheide beispielsweise nicht mehr mit der Begründung angefochten werden, der Grundsteuerwert sei zu hoch.

Dass die Feststellungen korrekt sind, muss deshalb laut Wawro jetzt geprüft werden. Hierfür hat man einen Monat Zeit, nachdem die Feststellung über Grundsteuerwert (beziehungsweise Grundsteueräquivalenzbetrag) und Grundsteuermessbetrag eingetroffen ist. So lange dauert die Einspruchsfrist, nach Ablauf dieses Zeitraums werden die Bescheide bestandskräftig.

Die Grundsteuer ist eine Ländersteuer: Deshalb gibt es unterschiedliche Verfahren bei der Erhebung

Da die Grundsteuer den Bundesländern zusteht, konnten diese sich für unterschiedliche Verfahren entscheiden, wie sie die Daten erheben. Daher gibt es nun einige regionale Abweichungen, was die Bescheide betrifft. Elf Bundesländer haben sich für das sogenannte Bundesmodell entschieden: Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. In den übrigen fünf Bundesländern werden abweichende Verfahren genutzt. „Maßgeblich dafür, welches Verfahren angewandt wird, ist die Lage des Grundbesitzes“, sagt Wawro. Wenn zum Beispiel ein Rheinland-Pfälzer eine Wohnung in Stuttgart besitzt, muss er sich also nach den baden-württembergischen Regeln richten.

Das Bundesmodell: So läuft die Prüfung in den meisten Bundesländern

Wer in einem der Bundesländer, die dem Bundesmodell folgen, eine Immobilie besitzt, sollte den Bescheid zunächst einmal darauf überprüfen, ob die dort übernommenen Daten zum Objekt korrekt sind. In Abschnitt A des Bescheids finden sich die Adresse und der ermittelte Grundstückswert. Hier ist darauf zu achten, ob die Adresse und die angegebene Grundstücksart sowie der oder die Eigentümer stimmen.

Ans Eingemachte geht es im Abschnitt B, denn hier folgt die eigentliche Berechnung des Grundstückswerts. „Da ist es zunächst einmal wichtig, zu prüfen, ob die Daten aus der Grundsteuererklärung richtig übernommen wurden“, erklärt Wawro: also Bodenrichtwert, Baujahr, Wohn- und Nutzfläche, die Größe des Grundstücks und eventuell die Anzahl der Garagen. Am besten legt man sich die Grundsteuererklärung neben den Bescheid und vergleicht die jeweiligen Angaben.

Grundsteuerbescheid: Wer detaillierter prüfen will, muss ins Bewertungsgesetz schauen

Wer auch noch den Rest kontrollieren will, muss ins Bewertungsgesetz (BewG) schauen. Eine Online-Version der relevanten Paragrafen gibt es beim amtlichen Portal des Bundesministeriums der Justiz: Bewertungsgesetz. Dabei gilt es, eine Reihe von Berechnungsschritten nachzuvollziehen, für die diverse Angaben benötigt werden. Wem das zu kompliziert ist, der sollte sich hierfür an einen Steuerberater wenden.

Los geht es mit dem Liegenschaftszins. Ob der im Bescheid angesetzte der richtige ist, steht in Paragraf 256 BewG – für Ein- und Zweifamilienhäuser beträgt er 2,5 Prozent, 3 Prozent werden beispielsweise für Eigentumswohnungen angesetzt.

Die Restnutzungsdauer berechnet sich aus wirtschaftlicher Gesamtnutzungsdauer – das sind regelmäßig 80 Jahre – und dem Alter des Gebäudes: Also 2022 abzüglich des Baujahrs. Für ein Gebäude aus dem Jahr 1973 ergibt sich damit eine Restnutzungsdauer von 31 Jahren. Doch Achtung: Die Restnutzungsdauer beträgt immer mindestens 24 Jahre! Auch wenn ein Gebäude schon 100 oder 150 Jahre alt ist, stehen im Bescheid also 24 Jahre Restnutzungsdauer.

Wichtige Größen: Rohertrag, Reinertrag, Bodenwert

Wer den Rohertrag kontrollieren möchte, muss dafür zunächst die statistisch ermittelte Nettokaltmiete herausfinden, die durchschnittlich für ein solches Objekt aufzuwenden wäre. Dafür ist wieder ein Blick ins Bewertungsgesetz nötig, nämlich in Anlage 39. Dort stehen die Werte, aufgeschlüsselt nach Bundesland, Objektart, Baujahr und Wohnfläche.

Das Ergebnis wird noch um eine sogenannte Mietniveaustufe erhöht oder reduziert: Die Skala in Punkt II der Anlage 39 reicht von minus 20 bis plus 40 Prozent. Die konkrete Angabe, welche Mietniveaustufe in welcher Gemeinde gilt, findet sich ebenfalls im erwähnten Portal unter dem Stichwort Einstufungsverordnung. Wer die so ermittelte Nettokaltmiete mal zwölf nimmt, erhält den jährlichen Rohertrag.

Gehört zum Objekt eine Garage? Hierfür wird die Nettokaltmiete immer mit 35 Euro angesetzt, gegebenenfalls erhöht oder reduziert um die Mietniveaustufe. Die beiden Roherträge für Gebäude und Garage ergeben addiert schließlich den Rohertrag des Grundstücks. Von diesem werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen. Wie hoch die sind, verrät wieder ein Blick ins Bewertungsgesetz, diesmal in Anlage 40. Die Bewirtschaftungskosten können je nach Bauart und Alter zwischen 18 und 31 Prozent betragen. Als Resultat erhält man schließlich den Reinertrag. Dieser wird anschließend mit einem Vervielfältiger für die verbleibende Restnutzungsdauer kapitalisiert (dieser Vervielfältiger steht in Anlage 37 BewG).

Außerdem wird noch ein Umrechnungskoeffizient angewandt, mit dem die Grundstücksgröße berücksichtigt wird (welcher das ist, steht in Anlage 36 BewG). Grundstücksgröße mal Bodenrichtwert mal Umrechnungskoeffizient ergeben so den Bodenwert vor der Abzinsung. Mit welchem Faktor der Bodenwert abgezinst wird, richtet sich nach der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszins (der findet sich in Anlage 41 zum Bewertungsgesetz).

Damit ist man fast schon fertig: Dieser abgezinste Bodenwert zuzüglich des zuvor berechneten kapitalisierten Reinertrags ergibt den Grundsteuerwert nach dem Ertragswertverfahren. Dieser wird dann noch mit dem sogenannten Mindestwert verglichen, und der beträgt 75 Prozent des Bodenwerts vor Abzinsung. Der höhere der beiden Werte ist dann schließlich maßgeblich für die Berechnung der Grundsteuer.

In Baden-Württemberg wird ähnlich wie im Bundesmodell verfahren, nur findet dort keine Wohnflächenberechnung statt. Betrachtet wird stattdessen die Grundstücksgröße und ob es sich um private oder gewerbliche Immobilien handelt.

Abweichende Regeln für die Grundsteuerberechnung gibt es in Bayern, Hamburg, Niedersachsen und Hessen

Etwas anders ist das Prozedere beispielsweise in Bayern, Hamburg und Niedersachsen. Dort wird statt des Grundsteuerwerts ein sogenannter Grundsteueräquivalenzbetrag ermittelt. Auch hier wird beim Kontrollieren des Bescheids zunächst geprüft, ob die Angaben zur Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche stimmen. Diese werden dann mit Äquivalenzzahlen multipliziert – die Wohnfläche in Bayern zum Beispiel mit 0,50 Euro pro Quadratmeter und der Grund in der Regel mit 0,04 Euro pro Quadratmeter. Solche Angaben finden sich in den jeweiligen Landesgesetzen.

In Hessen hingegen wird jetzt nur ein Bescheid über den Grundsteuermessbetrag verschickt. Auch hier sollten zumindest sämtliche Flächenangaben zum Grundstück sowie zu den Wohn- und Nutzflächen überprüft werden – und, ob der richtige Bodenrichtwert angewendet wurde. Die Bodenrichtwerte kann man sich aus der Datenbank des Hessischen Landesamts für Bodenmanagement und Geoinformation holen: Bodenrichtwerte.

So wird der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag kontrolliert

Gleichzeitig mit den Bescheiden über die Grundsteuerwerte (oder Grundsteueräquivalenzbeträge) gehen den meisten Grundstückseigentümern die Bescheide über den Grundsteuermessbetrag zu. Auch dieser ist später für die Berechnung der Grundsteuerschuld relevant.

Dieser zweite Bescheid ist ganz leicht zu prüfen: Der ermittelte Grundsteuerwert wird mit der Steuermesszahl multipliziert. Beim Bundesmodell beträgt diese für bebaute Grundstücke 0,031 Prozent, bei unbebauten 0,034 Prozent. Allerdings scheren auch hier wieder einige Bundesländer aus, so etwa das Saarland, Sachsen oder Baden-Württemberg, wo andere Steuermesszahlen angewendet werden. Aufpassen sollten diejenigen, die öffentlich geförderten Wohnraum besitzen: Dann kann die Steuermesszahl um 25 Prozent herabgesetzt werden.

Einspruch einlegen: Formloses Schreiben genügt

Wann immer bei der Kontrolle Unstimmigkeiten auftauchen, sollten die Immobilieneigentümer Einspruch einlegen, rät Steuerberater Wawro. Das geht innerhalb eines Monats. Die Frist beginnt in der Regel drei Tage nach dem im Bescheid angegebenen Datum. Wenn die Postzustellung aber erst nach sechs, acht oder gar zehn Tagen erfolgt, könne diese Drei-Tages-Frist nicht gelten, sagt Waro: Erst mit dem tatsächlichen Zustellungstag beginne dann die Einspruchsfrist. Sinnvoll ist es dann, das Zustellungsdatum zu dokumentieren.

„Für den Einspruch reicht ein formloses Schreiben, das außer dem Namen auch die Steuernummer enthalten sollte“, sagt der Experte. Der Einspruch muss außerdem begründet werden. „Wenn die Zeit aber schon knapp ist und die Einspruchsfrist fast abgelaufen, kann die Begründung auch nachgeliefert werden.“

Ein finanzielles Risiko gehen Immobilienbesitzer mit dem Einspruch nicht ein: Der ist an sich kostenlos. Wobei sich Steuerberater oder Rechtsanwälte ihre Hilfe natürlich bezahlen lassen. Sollte der Einspruch abgelehnt werden, bleibt nur noch der Weg zum Finanzgericht.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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