Wenn ein Kind geboren wird, haben Mutter und Vater bekanntlich Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld. Doch gibt es das auch, wenn die Eltern ihr Kind nicht selbst erziehen können, sondern das Kleine bei Oma und Opa aufwächst? Aber ja! Auch in diesem Fall hilft der Sozialstaat, denn diese Leistungen gibt es per Gesetz in bestimmten Fällen auch für die Großeltern.

Das geht aber grundsätzlich nur, wenn die leiblichen Eltern ihr Recht nicht selbst geltend machen, die Großeltern also offiziell an die Stelle der eigentlichen Eltern treten. Außerdem muss der Enkel im Haushalt der Großeltern leben und auch tatsächlich von ihnen betreut werden.

Und nicht vergessen: „Die allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch müssen erfüllt sein“, erklärt ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums. Sämtliche Spielregeln gelten also natürlich auch für die Großeltern. So dürfen Oma und Opa beispielsweise – wie leibliche Eltern auch – unter anderem nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten, bei Geburten ab dem 1. September 2021 sind es 32 Wochenstunden.

Welche Ansprüche genau bestehen, hängt aber von der Situation ab. Da es im Einzelfall kompliziert werden kann, sollte man sich gegebenenfalls vorher bei der Elterngeldstelle beraten lassen.

Mindestens ein Elternteil minderjährig

Ist mindestens ein Elternteil – egal ob der Vater oder die Mutter des Neugeborenen – noch keine 18 Jahre alt, können alle vier Großeltern des Kindes die Elternzeit nehmen, die in diesem Fall Großelternzeit heißt. „Der Anspruch auf die Großelternzeit besteht für beide Großeltern“, erklärt der Sprecher des Familienministeriums. Wenn der Vater bereits 20 Jahre alt ist, die Mutter erst 17, könnten also auch Eltern des Vaters die Großelternzeit nehmen – aber natürlich nur, wenn der Enkel auch bei ihnen aufwächst.

In der Praxis entsteht eine solche Situation häufig, wenn eine junge Mutter zusammen mit dem Kind bei ihren Eltern wohnen bleibt, beispielsweise um die Schule abzuschließen. Dann kann „jeder Großelternteil bis zu drei Jahre Elternzeit für das Enkelkind in Anspruch nehmen“, so der Sprecher. Sowohl Oma und als auch Opa haben also dieselben Ansprüche, die sonst Mutter und Vater hätten.

Recht auf das Elterngeld haben in diesem Fall aber trotzdem nicht die Großeltern, sondern in der Regel die leiblichen Eltern des Kindes – wobei aber immer die „Vorgaben zum Bezug von Elterngeld erfüllt sein müssen“, betont der Ministeriumssprecher. Wenn die leiblichen Eltern also beispielsweise weit weg in einer anderen Stadt wohnen und sich überhaupt nicht um ihr Kind kümmern, bekommen sie natürlich auch kein Elterngeld.

Azubi-Eltern

Wenn die jungen Eltern bereits volljährig sind, gibt es ebenfalls manchmal Elternzeit für Oma und Opa. Bedingung ist hier, dass sich mindestens ein Elternteil „in einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde“, erklärt das Ministerium.

Bekommt also beispielsweise eine 22-Jährige mit abgeschlossener Berufsausbildung ein Kind von einem 19-jährigen Azubi, kommt es auf den Ausbildungsbeginn an: Hat er seine Ausbildung mit 17 begonnen, können – genau wie bei minderjährigen Eltern – sämtliche Großeltern die Großelternzeit bekommen. Hat der Azubi-Vater seine Ausbildung dagegen erst nach seinem 18. Geburtstag gestartet, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Großelternzeit mehr.

Auch bei Azubi-Eltern können Oma und Opa zwar die Großelternzeit bekommen, aber nicht das Elterngeld. Dieses Geld steht nämlich auch in diesem Fall normalerweise weiterhin den leiblichen Eltern zu, die – wie minderjährige Eltern – natürlich auch die Elterngeld-Voraussetzungen erfüllen müssen.

Krankheit oder Tod

Zum Glück ist es selten, aber manchmal geschieht es doch: Die leiblichen Eltern können sich aufgrund von Krankheiten, schweren Behinderungen oder sogar Tod nicht (mehr) um ihr Kind kümmern, beispielsweise nach einem Unfall.

Ist nur ein Elternteil von dem Schicksalsschlag betroffen, hat der andere natürlich trotzdem Anspruch auf Elternzeit und das Elterngeld. Findet der gesunde beziehungsweise überlebende Elternteil einen neuen Partner, kann auch dieser neue Partner Elternzeit und Elterngeld bekommen, vorausgesetzt natürlich, dass er sich auch um das Kleine kümmert.

Kommt das Kind in eine Pflegefamilie, haben die Pflegeeltern zwar Anspruch auf Elternzeit, aber: „Für Pflegekinder können Sie kein Elterngeld bekommen“, heißt es beim Ministerium, stattdessen gibt es „spezielle andere Leistungen vom Jugendamt“.

Wird das Kind adoptiert, haben die Adoptiveltern sowohl Anspruch auf Elternzeit als auch auf Elterngeld, auch dann, wenn das Adoptionsverfahren noch läuft. Wächst das Kind in seinen ersten 14 Lebensmonaten bei den Großeltern oder anderen Verwandten (bis zum dritten Grad) auf, ohne dass es sich formal um eine Adoption oder um ein Pflegekind handelt, gilt das nach Angaben des Bundesfamilienministeriums als „besonderer Härtefall“ und als „Ausnahmetatbestand“. In einer solchen Situation können die betreuenden Verwandten Anspruch auf Elterngeld haben.

Gut zu wissen: In diesem Fall gibt es nur dann Elternzeit, wenn auch Geld fließt. „Voraussetzung für den Anspruch auf Elternzeit ist ein Anspruch auf Elterngeld, den Großeltern in besonderen Härtefällen haben“, so das Ministerium. Hier kommt aber vieles auf den Einzelfall an. Betroffene sollten sich deshalb bei der zuständigen Elterngeldstelle beraten lassen.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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